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       # taz.de -- Schul-Corona-Ausbruch in der Analyse: Eine Quelle, 25 Infektionen
       
       > Ein Gen-Abgleich belegt, dass sich an der Hamburger Heinrich-Hertz-Schule
       > Personen ansteckten. Das bringt Schulsenator Ties Rabe in die Bredouille.
       
   IMG Bild: Nach dem Ausbruch wurde an der Heinrich-Hertz-Schule regelmäßies Lüften zur Pflicht
       
       Hamburg taz | Schulsenator Ties Rabe (SPD) steht wegen Corona in der
       Kritik. Über Weihnachten wurde bekannt, dass eine schulinterne Ansteckung
       mit dem Virus an der Heinrich-Hertz-Schule (HHS) im September durch
       Gen-Sequenzierungen belegt ist. Virus-Proben von 25 Personen hatten den
       gleichen Stamm. „Übertragungen/Infektionen haben an der Schule
       stattgefunden“, heißt es in der Antwort der Gesundheitsbehörde auf eine
       taz-Anfrage vom 22. Dezember, die [1][wortgleich über „Frag-den-Staat“]
       publik wurde.
       
       Ties Rabe hatte stets betont, es sei die Ausnahme, dass sich Schüler an
       Schulen infizierten. So hatte er am 19. November eine [2][Auswertung der
       372 zwischen Sommer- und Herbstferien Infizierten] vorgelegt, wonach sich
       78 Prozent höchst wahrscheinlich außerhalb der Schule angesteckt hätten.
       Grundlage waren Analysen seiner Behörde. Rabe kündigte an, seine Daten für
       eine neue Studie den Kultusministern zu überlassen. Doch die Gen-Analysen,
       die das Heinrich-Pette-Institut und die Uniklinik Eppendorf (UKE) im
       Auftrag des Gesundheitsamts Nord durchgeführt hatten, erwähnte er damals
       nicht.
       
       Dabei war der [3][Schreck groß, als Anfang September 34 Schüler und mehrere
       Lehrkräfte an der HHS] positiv getestet wurden, handelte es sich doch um
       den ersten Ausbruch an einer Schule. Es war Gesundheitssenatorin Melanie
       Leonhard (SPD), die am 8. September vor der Landespressekonferenz die
       Gen-Sequentierung ankündigte. „Wir untersuchen gerade den Vorfall“, sagte
       sie. „Gegenwärtig sieht es nicht so aus, als hätten sich Schüler
       untereinander angesteckt, sondern mehr so, als seien Schüler durch ein
       pädagogisches Personal angesteckt worden, womöglich. Wir gehen dem gezielt
       nach.“
       
       Auch Rabe gab eine Pressemitteilung heraus, in der er einräumte, an dieser
       Schule sei die Krankheit vermutlich übertragen worden, der Umfang werde
       „gegenwärtig ermittelt“. Die HHS war die erste Schule, in der Maskenpflicht
       im Unterricht galt und 20-minütiges Lüften.
       
       ## Bezirksamt Nord irritiert mit anderer Antwort
       
       Über die Sache schien Gras zu wachsen. Laut Gesundheitsamt war der Ausbruch
       nach 14 Tagen vorbei. Bis „Zeit Online“ kürzlich berichtete, Hamburg halte
       hier wichtige Erkenntnisse zurück. Forscher an der Uniklinik hätten
       Gen-Analysen durchgeführt. Doch die seien „unter Verschluss“.
       
       Die taz nahm dies zum Anlass, bei der Gesundheitsbehörde nachzufragen. Und
       siehe da: Ergebnisse gibt es schon. Ihr Sprecher Martin Helfrich schreibt,
       das Heinrich-Pette-Institut und das UKE hätten im September mit dem
       Gesundheitsamt Nord den Ausbruch an der HHS untersucht und folgende
       Erkenntnis: „Infektionen/Übertragungen haben in der Schule stattgefunden.“
       Denn von den verwertbaren Proben sei „eine hohe Anzahl von identischen
       Genomsequenzen identifiziert worden“. Die Mehrzahl der Übertragungen gehe
       „höchstwahrscheinlich auf eine einzige Infektionsquelle“ zurück.
       
       Etwas irritierend antwortet aber das auch von der taz angeschriebene
       Bezirksamt Nord. Auf die Frage, ob es an der HHS Infektionen von Person zu
       Person gab, sagt Sprecher Jan-Peter Uentz-Kahn: „Dies kann wissenschaftlich
       gesehen bisher nicht ausgeschlossen, aber auch nicht eindeutig bestätigt
       werden.“ Bei den in 15 Laboren genommenen Proben lägen nicht in allen
       Fällen verwertbare Sequenzen vor. Auch fehlten noch
       Hintergrundinformationen zur Nachbereitung. Hierbei seien jedoch
       „datenschutzrechtliche Aspekte zu berücksichtigen“.
       
       Gefragt, ob sich hier nicht Bezirk und Fachbehörde widersprechen, antwortet
       Uentz-Kahn: „Auch aus Sicht des Bezirksamtes ist eine hinreichende
       Wahrscheinlichkeit zu sehen, dass es zu Übertragungen an der Schule
       gekommen ist.“ Allerdings könne kein „zweifelsfreier Nachweis“ geführt
       werden, da Proben von „Schlüsselpersonen“ fehlten und auch die Frage nicht
       zu beantworten sei, welche Personen sich außerhalb der Schule getroffen und
       infiziert haben könnten.
       
       Das Statement der Behörde löste in sozialen Netzen Entrüstung aus. Die
       Linke will in einer Anfrage wissen, ob Ties Rabe das Ergebnis schon am 19.
       November kannte, als er seine Zahlen vorstellte. Dann hätte er ein
       gewaltiges Problem.
       
       Gefragt, seit wann die Schulbehörde von dem Ergebnis weiß, erklärt
       Sprecherin Claudia Pittelkow, die Gesundheitsbehörde habe dies am 22.
       Dezember zugemailt. Gut vier Wochen zuvor, am 24. November, habe das
       Gesundheitsamt Nord in einem „Zwischenbericht“ mitgeteilt, dass bei 25
       Personen identische Virusstämme gefunden wurden, die Sache aber noch weiter
       untersucht werde.
       
       Dass sich an der HHS vermutlich Schüler und Beschäftigte auch innerhalb der
       Schule infiziert haben, sei der Schulbehörde seit September durch das
       Gesundheitsamt bekannt. Pittelkow: „Das machten wir ja auch in einer
       Pressemitteilung publik“. Zudem habe die Behörde wiederholt darauf
       hingewiesen, dass es schulinterne Infektionen gibt.
       
       29 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://fragdenstaat.de/anfrage/prazise-ergebnisse-der-genetischen-sequenzierung-des-coronavirus-heinrich-hertz-schule-hamburg/
   DIR [2] /Corona-Infektionen-an-Hamburger-Schulen/!5730025
   DIR [3] /Corona-Faelle-in-Hamburg/!5707969
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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