# taz.de -- Sendeverbote für russische Staatsmedien: Autoritäre Signale schwächen die EU
> Die EU darf russischen Staatsfunk wie RT Deutsch verbieten. Mit der
> Entscheidung schwächt der EuGH die Position der EU gegenüber autoritären
> Mächten.
IMG Bild: Nachrichtenredaktion des Fernsehsenders Russia Today im Dezember 2020 in Moskau
Die EU [1][darf die Ausstrahlung russischer Staatsmedien wie RT France, RT
Deutsch und Sputnik weiter verbieten]. Das entschied nun das Europäische
Gericht (EuG) in Luxemburg. Das ist in mehrfacher Hinsicht bedenklich.
Die Sendeverbote sind Teil des EU-Sanktionspakets. Aber handelt es sich
tatsächlich um Sanktionen? Eigentlich sollen Sanktionen die Gegenseite
zwingen, rechtswidriges Verhalten aufzugeben. Deshalb wird der Handel stark
reduziert und das Vermögen von vermeintlich einflussreichen Oligarchen
eingefroren.
Sendeverbote üben aber keinen Druck aus, sondern sollen russische
Desinformation und Propaganda verhindern. Es geht hier also um
Medienaufsicht, für die die EU keine Kompetenzen hat. Die Luxemburger
Richter:innen waren – wie in Kompetenzfragen üblich – großzügig und
entschieden: Die EU habe bei der Auswahl geeigneter Sanktionen einen weiten
Spielraum.
Ärgerlich ist aber weniger die Kompetenzanmaßung, sondern vor allem das
falsche innenpolitische Signal. Hier werden präventiv Sender stillgelegt,
statt wie üblich auf die Kraft des Diskurses zu vertrauen und Verbote auf
konkrete Straftaten und Verletzungen von Persönlichkeitsrechten zu
beschränken.
## Kein Unterschied zum russischen Vorgehen erkennbar
Dies spricht weder für Selbstvertrauen in die demokratische Debatte freier
Gesellschaften, noch ist ein klarer Unterschied zum russischen Vorgehen
gegen westliche Sender erkennbar. Die EU wird durch solche autoritären
Maßnahmen nicht gestärkt, sondern geschwächt.
Es könnte der falsche Eindruck entstehen, dass prorussische Argumentationen
in der EU generell ausgegrenzt werden. Dies ist nicht der Fall: Jeder darf
vor Waffenlieferungen an die Ukraine warnen, die Nato-Erweiterung für
gefährlich halten und russische Einflusssphären fordern. Nur russische
Staatssender dürfen dies derzeit nicht.
Dieses Sendeverbot ist also tendenziell überflüssig. Russische Propaganda
und Perspektiven haben viele Verbreitungswege. Darauf sollte – wie in
freien Gesellschaften üblich – mit Argumenten reagiert werden, nicht mit
Verboten.
27 Jul 2022
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## AUTOREN
DIR Christian Rath
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