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       # taz.de -- „Shakespeare & Hathaway“ bei ZDFneo: Und ewig grüßen die 80er
       
       > Der 80er-Retro-Trend erreicht das Fernsehen: Eine Krimiserie erinnert an
       > schöne alte, unkorrekte Zeiten – vielleicht so gar zu sehr.
       
   IMG Bild: Ihnen hätte die Serie gefallen: Skakespeare-Entchen in Stratford
       
       Allein schon der Name: „Shakespeare & Hathaway“. Da fühlt man sich doch
       gleich wieder wie seinerzeit bei „Starsky & Hutch“, „Cagney & Lacey“,
       „Simon & Simon“, „Siegfried & Roy“ … Nein, stopp, das waren die mit den
       Königstigern in Las Vegas, aber eben auch sehr 1980er. Wer damals
       aufgewachsen ist, also mit „Ein Colt für alle Fälle“ und „Trio mit vier
       Fäusten“, mit „Hart aber herzlich“ und „Agentin mit Herz“, der kann
       wirklich nur müde lächeln, wenn da heute immer die Rede davon ist, dass wir
       uns jetzt angeblich im „goldenen Zeitalter“ der Fernsehserie befinden – als
       hätten Netflix und der „Ein Buch ist auch nichts anderes als eine
       Klobürste“-Allesversender Amazon noch irgendetwas mit Fernsehen zu tun!
       
       Da sind Dilettanten am Werk, die die elementarsten Grundregeln des
       Seriengeschäfts nicht mehr beherrschen. Dass eine Serienfolge eine in sich
       geschlossene Handlung aufweist. Dass in jeder Folge der Ursprungszustand
       gestört, aber im Laufe der Folge wiederhergestellt wird, bis zum Happy End:
       Der Spitzbube ist überführt, es gibt eine lustige Schlussszene, in der alle
       lachen und die Zuschauer mit ihnen – die nächste Folge kann kommen. Schön
       war’s. Aber aus, vorbei.
       
       Dachte man. Und jetzt das. ZDFneo hat ja beim ZDF auch so eine
       Laborfunktion. ZDFneo guckt eh kein Mensch (Marktanteil um 3 Prozent), da
       trauen sie sich die Dinge, mit denen sie sich im Hauptprogramm die Quote
       nicht kaputt machen wollen. ZDFneo will Avantgarde sein. Das ist der
       Hintergrund, vor dem man das sehen muss. Dass der 1980er-Jahre-Retro-Trend,
       wie man ihn aus Mode und Design schon länger kennt, nun offenbar die
       Fernsehserie erreicht hat.
       
       Allein schon der Name: „Shakespeare & Hathaway“. Und wie das losgeht: Ein
       dicker Mann (Mark Benton) mit zu langen Haaren, nachlässig gebundener
       Krawatte und schlecht sitzendem Anzug hat mit so einer altmodischen
       Teleobjektivkamera so ein konspiratives Treffen fotografiert, ist
       aufgeflogen, muss schnell weg, springt in ein Taxi: „Worauf wartest du,
       fahr los!“ Der indisch aussehende Taxifahrer lässt sich auch nicht aus der
       Ruhe bringen, als ein wütender Kampfhund schon an der Scheibe klebt. Er
       (der Taxifahrer) trägt einen Turban und hat einen lustigen Akzent: „Erst
       bezahlen, mein Freund. Hin- und Rückfahrt plus Wartezeit.“
       
       ## Sexismus!?
       
       In den 1980ern war das gang und gäbe, hätte sich keiner was dabei gedacht.
       Aber heute, da die Moralwächter hinter jeder Ecke lauern und immer gleich
       „Sexismus“ schreien – oder eben: „Rassismus“ – ist die Radikalität, der
       Wagemut dieses Einstiegs nicht zu unterschätzen.
       
       Dann kommt der Vorspann – und zeigt: den feuchten Traum aller
       Fachwerk-Aficionados. Der dicke Mann vom Anfang ist Hathaway, „Hathaway
       Investigations“, so steht es auf seinem Schild. Auf dem (Holz-)Schild im
       Vorspann stand aber: „Shakespeare & Hathaway“. Wir sind zwar in Stratford
       upon Avon, aber William kann ja kaum gemeint sein. Nein, Shakespeare ist
       Luella (Lu) Shakespeare (Jo Joyner). Friseuse – Friseurin hat in den
       1980ern wirklich niemand gesagt. Klientin. Opfer eines – herrlich
       altmodisch – Heiratsschwindlers. Dem bald darauf Shakespeares
       Friseuerschere im Leib steckt. Zwar ziert er sich, aber keine Frage,
       Hathaway wird Shakespeare da raushauen. Und sie sich ihm, der sich wieder
       ziert, sogleich als neue Partnerin … aufdrängen: „Was diesem Laden fehlt,
       springt doch gleich ins Auge: eine weibliche Hand! Vielleicht ein paar
       Kissen?! Eine Wolldecke …“
       
       Sexismus? Siehe oben. In den 1980ern nannte man das: Humor. Und ebenso
       obligatorisch wie dieser war in den Serien der guten alten Zeit: die wilde
       Verfolgungsjagd. Die kommt in Folge zwei – und wird mit dem Rollstuhl
       ausgetragen. Denn Folge zwei spielt im Altersheim.
       
       Und wo wir schon mal da sind: Lee Majors („Ein Colt für alle Fälle“) wird
       übrigens in diesem Monat 80. Robert Wagner („Hart aber herzlich“) nächstes
       Jahr 90. Die 1980er sind halt nun schon wirklich verdammt lange her.
       
       5 Apr 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Müller
       
       ## TAGS
       
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