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       # taz.de -- Shopping in Berlin-Neukölln: 10 Dinge von der Sonnenallee
       
       > In den Läden der Straße gibt es mehr als nur Obst, Gemüse und Fleisch,
       > das halal ist. Eine überraschende Einkaufstour in zehn Etappen.
       
   IMG Bild: Sahnetorten: Gesichtet in einer Konditorei auf der Sonnenallee
       
       ## 1. Eine Armbanduhr mit kleiner Zugabe
       
       Sie sehen wirklich sehr billig aus, die Uhren, die der fliegende Händler da
       verkauft. Ob es überhaupt jemanden gibt, der so etwas kauft? Und noch dazu
       an diesem doch arg provisorisch wirkenden Verkaufstischchen. Doch. Da
       kommen mehrere Männer, nehmen sich eine Uhr, begutachten sie, stellen ein
       paar Fragen. Nein, doch nicht. Sie legen die Uhren wieder hin.
       
       Vielleicht können sie ja mit dem Markennamen etwas anfangen? Rosra. [1][Bei
       Amazon kann man sich auch eine Rosra-Armbanduhr bestellen]. Über 300 Euro
       müsste man dafür zahlen. Der fliegenden Händler möchte nur 10 Euro haben.
       Die Uhr ist riesig. Etwas dezentere Zeitmesser sind auch im Angebot. Die
       gibt es schon für 5 Euro.
       
       Wer sich nicht entscheiden kann, hat die Möglichkeit, an einem anderen Tag
       noch einmal zu kommen. Ob der Händler morgen wieder da ist? Vielleicht.
       Vielleicht aber auch da vorne. Er zeigt auf die andere Straßenseite. Klar,
       er ist ein fliegender Händler. Was er sonst noch im Angebot hat.
       Gebetskettchen und Männerschmuck. Ringe, Ketten und Plastikarmbänder, auf
       denen „Free Palestine!“ steht. Das passt zu den Plakaten auf der Hauswand,
       vor der er an diesem Tag seinen keinen Quadratmeter großen Stand aufgebaut
       hat.
       
       Dort kleben Botschaften der Organisation Samidoun, dem „Palästinensischen
       Gefangenennetzwerk“. Eine lautet: „Free, free palestine – from the River to
       the Sea“. Auf einem anderen „Ruhm und Ehre für Nasser Abu Hmeid“. Wer im
       Netz den Namen eingibt, weiß bald, dass der Mann vor kurzem in israelischer
       Haft an Lungenkrebs gestorben ist.
       
       Er war einer der Gründer der Terrororganisation „Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden“
       und war unter anderem wegen siebenfachen Mordes an israelischen
       Staatsbürgern zu lebenslanger Haft verurteilt worden. 3 Euro will der
       Händler für das Plastikband. Eigentlich zu viel. Am Ende macht er ein
       Angebot: Die große Rosra-Uhr zusammen mit einem Kettchen nebst
       Palästina-Anhänger für 10 Euro. Na bitte! Gekauft. (arue)
       
       ## 2. Eine Schallplatte mit Wiener Liedern
       
       „Heut komm’n d’Engerln auf Urlaub nach Wien“. Das Lied darf natürlich nicht
       fehlen auf einer Platte mit dem Titel „Wien bleibt Wien“. Der Herr im
       blauen Kittel hinter der Ladentheke freut sich, wenn sich jemand über die
       Scheibe freut. 1 Euro will er dafür haben. Es ist ja auch kein
       Plattenladen, den er da betreibt.
       
       Es sieht eher so aus, als wolle er loswerden, was er nicht mehr braucht.
       Seine alten Schlagerplatten zum Beispiel. Wer sich daran erinnern möchte,
       wie der [2][ZDF-Moderator Dieter-Thomas Heck] in seinen besten Jahren
       ausgesehen hat, kann sich die Scheibe „Superhitparade“ mit den Hits des
       Jahres 1983 holen. Kostet auch 1 Euro. „Major Tom“ ist da drauf und „Karl
       der Käfer“. Alte Bücher gibt es auch. „Das Buch Otto“ als Taschenbuch zum
       Beispiel. Oder „Das zweite Buch Otto“.
       
       Was es kaum noch gibt, sind Dinge, die es normalerweise in einem
       Elektro-Fachgeschäft gibt. Das war der Laden nämlich mal. Steht auch noch
       drüber. Geht nicht mehr. Vorbei. Das Internet. Das meint der Inhaber. Er
       gehe auch nicht mehr in Wohnungen, um irgendetwas zu installieren. Zu alt
       sei er. 65. Bald hört er eh auf.
       
       Dann verkauft er sein Geschäft. Das soll sich so richtig lohnen. Die
       Araber, sagt er, würden schon Schlange stehen. Das sei seine
       Lebensversicherung. Vielleicht macht er dann noch ein bisschen
       Schlüsseldienst von zu Hause aus. Das ist die Dienstleistung, die noch am
       besten läuft in dem Laden. Er kopiert Schlüssel.
       
       6,50 Euro kostet das, wenn es ein einfacher Rohling ist. Aber auch das
       macht er nicht mehr lange. Schade eigentlich. Auch für die Mitglieder der
       „Kunstgruppe Gottlieb“. Die haben drei Röhrenfernseher ins ansonsten leere
       Schaufenster des Ladens gestellt. Darin läuft ihr Filmprojekt „Der Bericht
       einer Reise“ aus dem Jahr 2010 in Dauerschleife.
       
       Den kenn ich doch, mag denken, wer sich das ansieht. Protagonist des Films
       ist Kostas Papanastasiou, der als Wirt Sarikakis in der TV-Serie
       „Lindenstraße“ eine wahre Berühmtheit gewesen ist. Er ist 2021 gestorben.
       2020 wurde die letzte Folge der „Lindenstraße“ ausgestrahlt. Auch das ist
       also vorbei. (arue)
       
       ## 3. Ein Koran in deutscher Übersetzung
       
       „Entschuldigen Sie, haben Sie vielleicht eine deutsche Ausgabe des
       Korans?“, frage ich die einzige Person im Laden. Die junge Frau steht
       mitten zwischen Regalen und Schränkchen, in und auf denen sich allerlei
       Spiegel mit eingravierten Sprüchen auf Arabisch, Teddybären mit „I love
       you“-Aufnähern und Chai-Kännchen türmen. Beim Reingehen bin ich fast über
       ein Mannequin mit burgunderfarbenem Kopftuch gestolpert. Bücher sehe ich
       tatsächlich keine.
       
       Keine Ahnung, warum ich gerade hier reingelaufen bin, [3][um nach einem
       Koran zu fragen – auf Deutsch]. In der ganzen Mischung aus Farben, Samt und
       Schnörkeln strahlt die Frau im Laden eine außergewöhnliche Ruhe aus. Vor
       ihr ein Kinderwagen, das Kind darin erstaunlich still. Sie schaut mich
       stumm an und wiegt den Wagen vor und zurück. „Koran?“ Ich male ein
       rechteckiges Zeichen in die Luft und komme mir direkt unglaublich dumm vor.
       Sie nickt zum Glück und ruft irgendwas auf Arabisch in das Hinterzimmer.
       Ein grauhaariger Typ mit unglaublich weiß gebleichten, fast durchsichtig
       wirkenden Zähnen lächelt mich an.
       
       Ich frage noch mal. Das weiße Lächeln weiter im Gesicht, schüttelt er den
       Kopf. „Ausverkauft.“ Okay. „Aber zu Ramadan kommen bestimmt wieder welche
       rein“, sagt er. Und dann noch: „22. März, dieses Jahr“, als er merkt, dass
       mir diese Information nicht wirklich weiterhilft. Ich nicke. „Aber mein
       Bruder, der weiß, wo Sie jetzt einen bekommen. Kommen Sie.“
       
       Schon steht er vor der Ladentür. Ich folge ihm, nicke noch der Frau mit dem
       Kinderwagen zu, die weiter konsequent Ruhe ausstrahlt. Stolpere wieder über
       die Frau mit dem Burgund-Kopftuch zurück auf die Sonnenallee. Ich denke
       schon, wir gehen jetzt seinen Bruder und den Koran suchen. Doch dann ruft
       er ihn an, nickt, redet weiter, schaut zu mir rüber: „Er hat auch keinen.
       Aber bei der Moschee hinter der Aral-Tanke. Da gibt es welche.“ Mmh, mal
       schauen. (ruf)
       
       ## 4. Ein holziger Duft aus den Emiraten
       
       45 Euro. Gar nicht mal so teuer für einen echten Thawb. Vielleicht ist die
       Qualität nicht so gut. Wer weiß? Bei [4][„Oriental Style“] gibt es
       jedenfalls die bodenlangen, weißen Männergewänder, die in den Wochen der
       Winter-WM von Katar so präsent waren. Thawb genau, nicht Bademantel. Auch
       der Verkäufer im „Orient Style“ trägt ein bodenlanges Gewand. Es ist der
       Länge nach grün und schwarz gestreift. Hinter ihm im Regal stehen unzählige
       Flaschen mit golden glänzenden Etiketten und Verschlüssen. Darin sind
       Duftessenzen. Die scheinen sehr beliebt zu sein.
       
       Ein junger Mann schnüffelt mit seiner Mutter an einem Duft nach dem
       anderen. Ein anderer junger Mann weiß genau, was er möchte. Er lässt sich
       ein Eau de Parfum in einen Zerstäuber abfüllen, zahlt und ist gleich wieder
       draußen. Der Verkäufer mit seinem langen, doch noch recht flaumigen
       Vollbart nimmt sich ein wenig Zeit für die Beratung. „Süß oder holzig“,
       fragt er. Süß kommt nicht in Frage. „Dann Oud“, meint der Verkäufer.
       „Oud?“. „Ja, weißes Oud.“ Man könne das auch auf der Website nachsehen, da
       seien alle Düfte aufgeführt.
       
       Die Wahl fällt auf Nr. 70. „Dehn al oud abiyad“ steht drauf. Auf einem
       offiziellen Tourismusportal, das für Reisen nach Saudi-Arabien wirbt, ist
       zu lesen, dass „der besonders angenehme Geruch und die Tatsache, dass seine
       Herstellung etwa 300 Jahre dauert, Oud sehr teuer macht.“ Oud wird aus dem
       Holz des Adlerholzbaumes hergestellt, ist da auch zu lernen. Auf die Frage,
       woher die Essenzen stammen, meint der Verkäufer „Aus den Emiraten.“ Und er
       selbst? „Ich nicht“, sagt er, lächelt und kassiert. 15 Euro kosten 30
       Milliliter. (arue)
       
       ## 5. Ein supergeiles Schoko-Sahne-Schnittchen
       
       Es gibt Läden, [5][an denen kann man nicht einfach völlig gleichgültig
       vorbeilaufen]. Ganz sicher nicht, wenn schon im Schaufenster Schokolade und
       Karamell ineinanderfließen. Der Honig vom Baklava tropft. Die süße Sahne
       weich auf frischgebackenem Rührteig ruht. Ich gebe zu: ich kann der
       Versuchung nicht widerstehen. Ein Schnittchen kann man sich ja mal gönnen,
       denke ich, und betrete die Konditorei. Ein Klingeln ertönt, die Verkäuferin
       ist sofort zur Stelle.
       
       „Was darf es sein?“
       
       „Äh, die Auswahl überfordert mich etwas. Ich brauche eine Sekunde.“
       
       Ein weiterer Kunde betritt den Laden und lässt derweil eine ganze Kuchenbox
       mit süßen Schnittchen füllen. Nur eins, Ruth. Nur eins, rede ich mir selbst
       zu. Eine beige Softeismaschine im Oldschool-50er-Jahre-Stil im Eingang des
       Raumes fällt mir ins Auge. Geil, denke ich. So was müsste man haben. „Kann
       man auch die Maschine kaufen?“, frage ich. Die Verkäuferin schaut mich
       irritiert an: „Die funktioniert nicht. Ist nur Deko.“ Und was für sexy
       Deko! Ich sehe sie schon in meiner WG-Küche stehen … „Aber kaufen kann man
       sie nicht?“, nerve ich weiter.
       
       Sie schüttelt resigniert den Kopf. „Haben Sie sich jetzt entschieden, was
       Sie kaufen wollen?“ Ja, ich weiß, irgendwann muss ich einen Entschluss
       fassen. Ich blicke in die volle Theke. Schwierig, schwierig.. „Schoko-Sahne
       mit Oreo-Keks, bitte.“ Die Verkäuferin wirkt fast erleichtert, als sie mir
       das Tortenstück einpackt und kassiert. Glücklich laufe ich raus, setze mich
       an einen der Tische direkt vor den Laden und widme mich der Masse aus
       Zucker und Kakao. Hat sich gelohnt. (ruf)
       
       ## 6. Ein Glas schwarzer Tee mit Zucker
       
       Dann läuft da auch noch eine Ratte über die Wiese vor dem Sonnen-Center.
       Ein junger Mann macht ein Foto und lächelt. Andere junge Männer streiten
       sich über das Baujahr des Autos, das sie gerade gesehen haben. Ob das diese
       Problemjugendlichen sind? Sie verschwinden in ihre Häuser, die es als
       Verbrecherkulisse der Serie „4 Blocks“ zu bundesweitem Ruhm gebracht haben.
       
       Das Einkaufszentrum, für das von der Allee aus mit großen Tafeln geworben
       wird, ist wahrlich kein Shoppingparadies. Der Friseur scheint gut zu
       laufen, ein Supermarkt, ein kleinerer Lebensmittelladen und die Apotheke
       komplettieren die Grundversorgung.
       
       [6][Das Café Zimtschnecke mit seinen hausgemachten Backwaren] ist der
       Sonnenschein des Centers. Zwei Läden stehen leer. An einem hängt ein Zettel
       des Berliner Vereins für Integration. „Dieses Büro ist ab sofort
       geschlossen“, steht drauf. Ein Laden sieht aus wie eine Sportwettenbude.
       Dort werden schon lange keine Wetten mehr abgenommen. „Das ist zehn Jahre
       her“, sagt der Mann hinter dem Tresen. Viel ist nicht los in seinem Café.
       Ein Glas Tee gibt es für 1,50 Euro. (arue)
       
       ## 7. Eine Einkaufstasche mit Rädern und Handbügel
       
       Ein Zwiebelporsche ist hier nicht von gestern. Die praktische
       Einkaufstasche zum Rollen ist auch kein Statement. Oder gar schick, wie es
       alle paar Jahre wieder von irgendwelchen Leuten behauptet wird. Sie ist
       einfach normal. Frauen transportieren darin die Familieneinkäufe. Auch
       viele Männer sind damit unterwegs. Wer sich ein solches Rollwägelchen
       zulegen möchte, muss nicht weit suchen. Viel Geld muss er auch nicht
       investieren. Zwischen 10 und 25 Euro bewegen sich die Preise in den
       diversen Ramschläden auf der Sonnenallee.
       
       Das ist nicht ganz leicht rauszukriegen. Es gibt Verständigungsprobleme.
       „Kaufen?“, raunzt der Mann hinter der Kasse eines Geschäfts auf die Frage,
       wie viel denn die Einkaufswagen draußen vor dem Laden kosten. Er
       gestikuliert. Man soll ihm wohl folgen. „Omar!“, ruft er. Dann noch einmal:
       „Omar!“ Der Gemeinte steigt aus einem Lieferwagen. Ob das der Kollege ist,
       der deutsch spricht? Auf die Frage nach dem Preis, zückt er sein Handy und
       tippt eine Zahl ein: 25. Richtig gut Deutsch kann er wohl nicht.
       
       Auf der anderen Straßenseite wird ein ähnliches Modell verkauft. Hier gibt
       es auch Beratung. „Nehmen Sie den, der ist stabiler“, sagt der junge Kerl.
       Ein Gespräch kommt in Gang. Am Ende erklärt der Händler, wie der digitale
       [7][Gebetswecker] funktioniert, den er im Angebot hat. „The best help to
       remind you to pray“, steht drauf. Früher habe man auch mal verschlafen
       können, die Zeiten seien jetzt vorbei. Der Händler lacht. Den Rollwagen
       verkauft er für 15 Euro. (arue)
       
       ## 8. Eine vegane Wurstalternative für unterwegs
       
       Guten-Morgen-Meditation. Eine Heilpraktikerschule in Selbstverwaltung.
       Ismakogie und Neuromobility-Training auf dem Blütenhof. Cacao Ceremnony
       Training. Yoga für Schwangere. Tango Argentino for Absolute Beginners.
       Zentherapie. Eine Ferienwohnung in der Uckermark. Wer einen Blick auf das
       Schwarze Brett in der Filiale der Bio Company wirft, bekommt ein Gespür
       dafür, was eine Parallelgesellschaft sein könnte.
       
       Zwischen all den arabischen Lebensmittelgeschäften und Metzgereien, neben
       den unzähligen Imbissbuden und Schnellfressrestaurants hat sich der
       Biosupermarkt doch tatsächlich etabliert. Für Biodeutsche mag er ein echtes
       Refugium sein. Hier gibt es jedenfalls keine größeren Sprachprobleme. Die
       Kinder an der Wursttheke quengeln auf Deutsch. Die meisten jedenfalls. Auch
       Englisch ist zu hören.
       
       Wer dem Imbiss-Wahnsinn draußen entfliehen möchte, wer keine Lust hat auf
       Frittiertes hat, kein viel zu billiges halbes Hähnchen will, wer Schawarma
       nicht mehr sehen kann, keine Falafel mag und schon gar keinen Döner, kann
       sich hier vollkommen korrekt stärken.
       
       Mit einem „Chorizo Snacker“ etwa. 29 Prozent pflanzliches Protein kriegt
       man, laut Packungsaufdruck, mit dieser veganen Wurst auf der Basis von
       geräuchertem Seitan. Wem der Mut fehlt, die Packung zu öffnen, [8][weil er
       mit veganen Ersatzprodukten noch fremdelt], sei beruhigt. Der Snacker ist
       ungekühlt bis März 2024 haltbar. Nicht schlecht für sparsame 1,49 Euro.
       (arue)
       
       ## 9. Eine Tasse Cappuccino mit Kuhmilch
       
       [9][Wolt-Fahrer möchte man nicht sein] bei diesem Wetter. Auch kein Fahrer
       eines anderen Essenslieferdienstes. Bei nasskaltem Wetter stehen ein paar
       von ihnen in einer Schlange vor einem kleinen Café. Es ist eines jener
       seltenen Hipstereinsprengsel auf der Straße. Im vergangenen Jahr hat es
       aufgemacht. Schon von außen sieht man, dass darin an Laptops gearbeitet
       wird. Man bekommt aber auch einen Kaffee, wenn man ohne Computer unterwegs
       ist.
       
       Das Café Dreifünf gehört zu den Läden, bei denen gefragt wird, welche Milch
       zum Cappuccino gewünscht wird. Bei dem einfachen Bäckereicafé direkt
       nebenan ist das nicht der Fall. Nach und nach werden die radelnden
       Essensausfahrer in den Laden gewunken und nehmen mit, was jemand bestellt
       hat.
       
       Dass es Leute gibt, die sich neben einem Croissant oder einem Berry Scone
       auch ihren Hafercappuccino liefern lassen, wird nicht jeder wissen. Wer am
       Vormittag mal auf einen Dirty Chai Latte im Café Dreifünf einkehrt, kann
       beobachten, wie ein Fahrer nach dem anderen Frühstückskleinigkeiten in
       seine riesige Thermotasche packt.
       
       Die voluminösen Taschen könnten der Grund dafür sein, dass die
       Dienstleister vor der Tür warten müssen. Würden sie sich damit in dem
       kleinen Laden einmal umdrehen, sie würden so manche Kaffeetasse vom Tisch
       fegen. Das Dienstleistungsprekariat muss also draußen bleiben. Und
       diejenigen, die via App Kleinigkeiten bestellen, wollen offenbar unbedingt
       drinnen bleiben. Der Cappuccino mit Kuhmilch ist so, wie er eben in solchen
       Läden schmeckt. Er tut nicht weh. Wer mit Trinkgeld 4 Euro dafür bezahlt,
       bekommt vielleicht ein Lächeln dazu. (arue)
       
       ## 10. Ein Kapuzenpulli für den Techno Club
       
       Die Freude war sehr groß. „Hättet ihr gedacht, dass der Hoody bei einem
       älteren Herren so gut aussieht?“, fragt die junge Frau ihre Kolleginnen.
       Wer als 55 Jahre alter Mann, der schon sehr viele weiße Haare im Gesicht
       hat, das [10][„Nakt-Studio“] betritt, wird erst mal kritisch beäugt. Das
       junge Modelabel hat eine ganz spezielle Zielgruppe. „Techno Club Outfits“
       werden feilgeboten. Das sind nicht unbedingt Anziehsachen im herkömmlichen
       Sinn. Vielleicht sind es eher Ausziehsachen.
       
       Viel hat man jedenfalls nicht an, wenn man ein Ding anlegt, das als
       „Harness“ verkauft wird. Wie ein für Menschen umgeschneidertes
       Pferdegeschirr sieht aus, was ein junger Mann in der Garderobe anprobiert
       und seiner Freundin vorführt. Es ist eine Art Brustgurt, der mit zwei
       Riemen, die über die Schultern laufen, auf den Oberkörper geschnürt wird.
       Das „Harness P-21“ gibt es für 69 Euro. Es ist gewiss nicht jedermanns
       Sache. Bestimmt gibt es Clubs, in denen man damit als gut angezogen gilt.
       
       Den Laden, in dem auch genäht wird und dessen Mitte ein DJ-Pult mit zwei
       Plattentellern ziert, gibt es seit 2020. Ein veritables Start-up. Natürlich
       gibt es nicht nur Riemen bei Nakt. Da ist zum Beispiel ein Rock, unisex.
       Zwei T-Shirts werden noch hervorgeholt. Von einem strahlt ein neongrünes
       Gebilde. Ein typisches Techno-Tribal, erklärt die Beraterin. Der Hoody
       sitzt dann wirklich gut. Statt der üblichen Bänder halten metallene Ketten
       die Kapuze zusammen. Kann man tragen. 89 Euro kostet der Pulli. (arue)
       
       11 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.amazon.in/Watches-ROSRA/s?rh=n%3A1350387031%2Cp_4%3AROSRA
   DIR [2] /Nachruf-auf-Dieter-Thomas-Heck/!5530612
   DIR [3] https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Koran+Der-Koran/id/A02BixWD01ZZ6?zid=bbr0egvdv4obkf7fm71ab4vikp
   DIR [4] https://www.oriental-style.de/de/
   DIR [5] /Konditorin-ueber-Kuchen-und-Torten/!5808579
   DIR [6] https://die-zimtschnecke.de/
   DIR [7] /Jerusalem-will-Muezzinrufe-einschraenken/!5047211
   DIR [8] /Rezepte-fuer-vegane-Grillsaucen/!5700514
   DIR [9] /Boom-von-Fahrrad-Lieferdiensten/!5789413
   DIR [10] https://nakt-studio.com/?gclid=CjwKCAiA0JKfBhBIEiwAPhZXD--qYZnGkXX7zGVpU0c14Fe-AR2DnSPvvpw-KTPMfL-IO0TvJNTCORoCf20QAvD_BwE
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
   DIR Ruth Lang Fuentes
       
       ## TAGS
       
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