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       # taz.de -- Skandinavische TV-Serien: Alle Macht den Autoren
       
       > Am Donnerstag startet die dritte Staffel der dänischen Serie „Borgen“.
       > Wie kriegen die Skandinavier so viele erfolgreiche Produktionen hin?
       
   IMG Bild: In „Borgen“ wird erzählt, nicht erklärt – auch die Geschichte des aktuellen Parteivorsitzenden der „Moderaten“.
       
       Birgitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen) muss raus aus ihrer teuren Wohnung.
       Die konnte sie sich nur leisten, weil sie nicht mehr in der Politik war.
       Als ehemalige Ministerpräsidentin verdient man halt besser als zu
       Amtszeiten – mit Vorträgen, als Beraterin. Fragen Sie mal [1][Peer
       Steinbrück], wie viel Kohle man damit macht. Gut, dass der jetzt wieder
       [2][in Ruhe das große Geld] verdienen kann.
       
       Nyborg kann das nicht. Sie hat sich entschieden, wieder voll in der Politik
       mitzumischen – und das bedeutet erst einmal, sich in Verzicht zu üben, sie
       muss wieder Durchschnittsdänin sein. Da kommen teure Uhren nicht gut an.
       Also nimmt ihre Beraterin sie ihr vor einem Auftritt lieber ab.
       
       „Borgen“ ist zurück. Die [3][dritte Staffel der Serie] über die politischen
       Verstrickungen in Dänemarks Politik läuft ab Donnerstag in Doppelfolgen bei
       Arte (21 Uhr). Und nur wenig ist noch so, wie es am Ende der zweiten
       Staffel war: Nyborg hat die letzten Wahlen verloren, sie hat einen neuen
       Freund, ist nicht mehr Chefin der fiktiven Partei Die Moderaten.
       
       Journalistin Katrine Fønsmark (Birgitte Hjort Sørensen) und Spin Doctor
       Kasper Juul (Pilou Asbæk) haben mittlerweile ein Kind, aber keine
       Liebesbeziehung mehr. In Dänemark basteln die Konservativen am kollektiven
       Rechtsruck. So viel darf verraten werden, schließlich sind all diese Fakten
       innerhalb der ersten Minuten der neuen Staffel abgehandelt – und zwar
       typisch skandinavisch: ganz unaufgeregt.
       
       Genau das ist auch eine der Stärken von „Borgen“: In der Serie von Erfinder
       und Autor Adam Price wird erzählt, nicht erklärt. Price nutzt die
       Möglichkeiten des in seiner jetzigen Form doch relativ jungen Genres
       TV-Serie konsequent aus: Langes und manchmal [4][auch langsames
       Storytelling]; Figuren, die sich entwickeln; und ein Zuschauer, der manches
       Puzzlestück eigenhändig ins große Bild einfügen muss.
       
       ## Bisschen Politthriller, bisschen Sozialdrama
       
       Das alles verpackt in einer Story, die ein bisschen Politthriller und ein
       bisschen Sozialdrama ist. Das funktioniert. Nicht nur im kleinen von
       Schloss Christiansborg aus regierten Dänemark, sondern mittlerweile in 70
       Ländern.
       
       Skandinavische Serien boomen: „Die Brücke“ wurde gar in den USA sowie in
       Großbritannien und Frankreich neu verfilmt. Auch „[5][Kommissarin Lund] –
       Das Verbrechen“ erfuhr mit „The Killing“ ein US-amerikanisches Remake.
       Innerhalb des dänischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks DR gilt
       mittlerweile die internationale Durchschlagskraft als wichtigerer
       Gradmesser für den Erfolg einer Serie als die heimische TV-Quote.
       
       Für DR-Produzentin Camilla Hammerich, die auch „Borgen“ verantwortet, liegt
       das vor allem an den Drehbüchern und deren Schreibern. „Der Autor ist das
       Herzstück, das innere Geheimnis des Erfolgs“, sagte sie vor der
       Ausstrahlung zu Arte. Hammerichs ehemaliger Abteilungsleiter Ingolf Gabold
       drückt es noch drastischer aus: Die Drehbuchautoren seien wie Könige zu
       behandeln.
       
       DR stellt Autoren – auch „Borgen“-Macher Adam Price – deshalb fest an,
       schafft Kreativräume, lässt möglichst wenige Menschen an den Büchern
       mitarbeiten und versucht so viel Budget wie möglich selbst aufzubringen, um
       so das Reinreden von Koproduzenten zu verhindern. Das klappt zwar nicht
       immer: Bei „Die Brücke“ produzierte beispielsweise das ZDF mit, auch bei
       „Kommissarin Lund“ zahlten die Mainzer ihren Teil. Entwickelt wurden beide
       allerdings in Schweden beziehungsweise Dänemark.
       
       Bei „Borgen“ blieben die Dänen ihrem Dogma aber treu und somit unter sich:
       DR stemmte fast 90 Prozent der Produktionskosten, Price bekam viele
       Freiheiten – und herausgekommen ist wieder ein dichtes, spannendes Werk.
       Bei „Borgen“ wird sich DR übrigens auch in einem anderen Punkt treu
       bleiben: Nach der dritten Staffel ist Schluss. Leider.
       
       3 Oct 2013
       
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       ## AUTOREN
       
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