# taz.de -- Smartphone-Schrott schadet der Umwelt: Gesetze für nachhaltigere Handys
> Die Deutschen sortieren Millionen Smartphones aus, weil bei alten Geräten
> kein Software-Update mehr möglich ist. Umweltschützer fordern
> Regulierungen.
IMG Bild: Neue Smartphones – die pure Extase
Smartphone-Besitzer, die ihrem Gerät die Treue halten, kennen das Problem:
Irgendwann gibt es kein aktuelles Software-Update mehr. Programme und
Anwendungen lassen sich nicht mehr installieren. Die Folge: das Gerät ist
praktisch nutzlos und wird nicht mehr gebraucht.
Über 24 Millionen Smartphones werden nach Angaben der Deutschen
Umwelthilfe (DUH) jährlich verkauft. Was die Hersteller freut, belastet die
Umwelt. Mindestens 1.531 Tonnen Kunststoff wurden letztes Jahr in
Smartphones verbaut. Hinzu kommen 396 Tonnen Kupfer und 7.320 Kilo Silber.
In einer Studie nimmt die DUH 25 Hersteller von Smartphones,
Internetroutern und Anbieter von Handyverträgen ins Visier. Das Ergebnis:
Die Branche ist mitverantwortlich für immer größere Schrottberge – und
sollte von der Politik stärker in der Verantwortung genommen werden.
Dass die Hersteller, wie Apple und Samsung, immer mehr Geräte verkaufen,
liegt der Studie zufolge unter anderem an den kurzen Nutzungszyklen: Nach
durchschnittlich zwei bis drei Jahren kaufen sich Verbraucher in
Deutschland ein neues Gerät. Um das zu ändern, müssten Hersteller von der
Politik schärfer zur Verantwortung gezogen werden, fordert DUH-Vize Barbara
Metz. „Um immer kürzer werdende Produktzyklen zu stoppen, muss die
Bundesregierung die Rahmenbedingungen verändern.“
## Ersatzteile müssen verfügbar sein
Die Umweltschützer fordern unter anderem, dass Hersteller verpflichtet
werden, die Geräte für mindestens sieben Jahre mit Software-Updates
auszustatten. „Auch Ersatzteile müssen für den Zeitraum zu
verhältnismäßigen Kosten verfügbar sein“, fordert Metz. Bisher können
Unternehmen selbst entscheiden, wie lange sie die alten Geräte mit neuer
Software aktualisieren und in welchem Umfang sie Ersatzteile anbieten.
Smartphones müssten außerdem so gebaut werden, dass empfindliche Teile, wie
Akkus oder der Bildschirm, von den Benutzern selbst ausgetauscht werden
können. Bei Nischen-Herstellern, wie Fairphone, wird das bereits umgesetzt.
Aber auch bei einigen Modellen von Apple und Samsung sei der Akku
austauschbar, heißt es.
Widerstand kommt aus der Wirtschaft. Der Digitalverband Bitkom lehnt die
Forderung nach strengeren Regelungen ab. „Ein zusätzliches Gesetz löst das
Problem nicht“, sagte Bernard Rohleder, Bitkom-Geschäftsführer, der taz.
Neue Smartphones würden nicht gekauft, weil sie nicht mehr funktionieren,
sondern „weil die Nutzer immer das neueste Gerät haben wollen“. Die
Forderung der DUH würde darauf hinauslaufen, „Ersatzteile für die Halde“ zu
produzieren. Umweltverträglich sei das nicht.
## Pfand für Handys?
Die DUH geht davon aus, dass Unternehmen wirtschaftlich profitieren, wenn
ihre Geräte eine längere Lebensdauer haben. In einer Erhebung hätten rund
80 Prozent der Verbraucher angegeben, dass die Lebensdauer und
Reparaturfähigkeit von Smartphones bei der Kaufentscheidung eine große
Rolle spielen. Um die Wiederaufbereitung ausgedienter Geräte zu
gewährleisten, spricht sich die DUH für ein verpflichtendes Pfandsystem
aus. Die meisten Hersteller setzten sich nicht aktiv für die seit 2016
verpflichtende Sammlung alter Smartphones ein. Wegweisend sei der
Hersteller „Shift“, der als einziger ein Pfand in Höhe von 22 Euro erhebt.
„Nicht alles, was für eine Dose passt, funktioniert auch beim Smartphone“,
sagt Bitkom-Vize Rohleder. „Wenn Sie für ein Smartphone ein Pfand im Wert
von 10 Euro einbehalten, interessiert das niemanden.“ Verbraucher würden
ihre ausgedienten Geräte jetzt schon über Plattformen wie eBay
weiterverkaufen.
17 Jan 2018
## AUTOREN
DIR Moritz Elliesen
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