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       # taz.de -- Social-Media-App BeReal: Solange es noch schön ist
       
       > Die App „BeReal“ hält nicht, was sie verspricht. Aber sie ist trotzdem
       > das Schönste, was Social Media aktuell zu bieten hat.
       
   IMG Bild: Die Autorin vor ihrer Arbeitsstätte
       
       Seit Multimilliardär Elon Musk dabei ist, [1][Twitter in Schutt und Asche
       zu legen], ist die Social-Media-Welt durcheinandergeraten. Immer mehr
       Menschen verlassen das Netzwerk und versuchen ihr Glück beim
       [2][Nerd-Anbieter Mastodon], bei Instagram gibt es jetzt mehr Politik und
       Debatte statt Food und Fashion, nur bei Facebook sind die ewig fünf
       gleichen Boomer unterwegs. So richtig Spaß macht nichts davon. Eine
       freudige Ausnahme ist BeReal.
       
       Die App [3][gibt es seit 2020], erfolgreich wurde sie jedoch erst diesen
       Sommer. Das Prinzip ist simpel: Einmal am Tag zu einer random Uhrzeit
       erscheint bei allen Nutzer*innen eine Pushnachricht, dazu startet ein
       Zweiminutencountdown. Jetzt heißt es ein Foto schießen, dabei werden Front-
       und der Rückkamera fast gleichzeitig ausgelöst, sodass ein Selfie und ein
       Foto der Umgebung entstehen.
       
       BeReal will das Anti-Instagram sein – eine Foto-App ohne Filter oder
       Special-Effects. So richtig authentisch ist die App natürlich nicht: Statt
       mit Chips-Krümeln auf der Couch oder auf dem Klo warten die meisten lieber
       ein paar Stunden, um sich fröhlich beim Konzert oder beim Feierabend-Drink
       zu zeigen. Denn auch nach dem Zweiminutencountdown ist eine
       Veröffentlichung möglich: ein BeLate.
       
       Wie auch Instagram ist BeReal eine App für Angeber*innen. Aber das ist
       kein Problem, denn alle wissen das und spielen nach den gleichen Regeln –
       dafür aber ohne Werbung und die immer gleich inszenierten Bilder.
       Stattdessen gibt es kleine tägliche Einblicke in das Leben der
       Freund*innen: Mal sitzen sie entnervt am Schreibtisch, cornern mit den
       Kindern am Spielplatz oder trinken Schampus vorm Späti. Da man im Regelfall
       nur denjenigen folgt, mit denen man wirklich befreundet ist, gibt es nur
       eine begrenzte Zahl an Fotos pro Tag zu sehen. Keine Gefahr von
       Doom-Scrolling: Zwei Minuten am Tag und der Spaß ist vorbei.
       
       Schön ist auch, dass es keine Lurker gibt – also Leute, die einem nur
       passiv folgen, aber nichts aktiv teilen. Bei BeReal gilt: Wer nichts teilt,
       darf auch nichts sehen. Und weil die Neugierde bei manchen so groß ist,
       zeigen sie sich dann doch eben in lustigen Situationen, die sie ansonsten
       nicht preisgegeben hätten.
       
       Klar ist: Dieser Moment wird nur kurz bleiben. BeReal wird entweder nach
       einem kurzen Hype wieder in der Versenkung verschwinden oder von
       Unternehmen, Influencer*innen und Investor*innen überrannt. Also
       kommt schnell vorbei – solange es hier noch schön ist.
       
       28 Nov 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Carolina Schwarz
       
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