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       # taz.de -- Spanien steht im Halbfinale: Ein Spiel gegen die Risse
       
       > Nach der EM kritisierten einige Auswahlspielerinnen Spaniens öffentlich
       > Trainer und Verband. Jetzt gilt Konzentration aufs Sportliche. Vorerst.
       
   IMG Bild: Salma Paralluelo jubelt nach ihrem Tor in der Verlängerung gegen die Niederlande
       
       Es ist schon paradox: Der Offensiv-Fußball der Spanierinnen ist schön,
       begeisternd und erfolgreich, zum ersten Mal in der Geschichte steht Spanien
       im Halbfinale einer WM. Das alles kommt aber nach einem Jahr, in dem die
       Risse zwischen Spielerinnen und Trainer sowie Verband so deutlich wurden
       wie lange nicht und ständig steht die Frage im Raum, ob Spanien durch oder
       nicht eher trotz Trainer Jorge Vilda (42) so weit gekommen ist.
       
       In den sozialen Medien trendet während spanischer Spiele unabhängig vom
       Ergebnis der Hashtag [1][#VildaOUT]. Neben fehlenden taktischen Anpassungen
       an Gegnerinnen und Spielsituationen ist die Liste der Vorwürfe ihm
       gegenüber von Seiten aktiver wie ehemaliger Spielerinnen über die Jahre
       lang geworden: Sturheit und Kritikunfähigkeit, Respektlosigkeit, Vergraulen
       des Talents Damaris Egurrola, Überbelastung einzelner Spielerinnen und
       unverhältnismäßige Kontrollen.
       
       Nach der EM im letzten Jahr erklärten 15 Spielerinnen, genannt Las 15, aus
       Protest, sie stünden nicht mehr zur Verfügung. Sie schrieben an den
       Königlichen Spanischen Fußballverband (RFEF) und forderten Änderungen. Die
       Spielerinnen bestritten allerdings, eine Entlassung Vildas gefordert zu
       haben, doch der RFEF behauptete etwas anderes und stellte sich hinter
       Vilda, der seit 2015 im Amt ist.
       
       Jenni Hermoso (33), Irene Paredes (32) und Alexia Putellas (29) gehörten
       nicht zu [2][Las 15], zeigten aber auf die eine oder andere Weise ihre
       Unterstützung. Die große Frage vor der WM war also, welche der Spielerinnen
       vielleicht doch dabei sein würde und ob das Team gespalten ist.
       
       ## Nur 3 aus 15
       
       Mapi Leon (28) und Patri Guijarro (25) entschieden sich, an ihrem Protest
       festzuhalten. Das beeinflusst Spaniens Spiel bei dieser WM, denn eine
       Weltklasse-Innenverteidigerin und eine Sicherheit ausstrahlende defensive
       Mittelfeldspielerin sind nicht einfach so zu ersetzen. Demgegenüber wurden
       in Aitana Bonmatí (25), Ona Battle (24) und Mariona Caldentey (27) nur drei
       der Las 15 für die WM einberufen. Und was die Stimmung betrifft, scheinen
       die Spielerinnen sich untereinander auf den Sport zu konzentrieren. Bisher
       scheint das gut zu klappen.
       
       Wollte man die bisherigen Spiele bei dieser WM aus spanischer Sicht nach
       dem Grad der Souveränität bewerten, gäbe es dennoch einige Ausschläge. Da
       ist das mitreißende 5:0 im zweiten Gruppenspiel gegen Sambia – und die
       0:4-Niederlage gegen Japan kurz danach. Da ist ein 2:1-Sieg über die
       Niederlande in einem Viertelfinale, das in die Verlängerung ging, obwohl
       Spanien lange Zeit alles im Griff zu haben schien. Dann aber wechselte
       Vilda bei einer knappen 1:0-Führung sein Mittelfeld-Ass Bonmatí aus, die
       Kontrolle ging verloren und die Niederlande kamen zum Ausgleich.
       
       Bonmatí stand in der öffentlichen Wahrnehmung lange im Schatten von
       Putellas, spätestens seit der EM im letzten Sommer kommt aber auch sie zu
       mehr Aufmerksamkeit. Nicht immer im positiven Sinne, ihre Entscheidung, zur
       WM mitzureisen, wurde teils stark kritisiert. Für das spanische Spiel, das
       aus einem 4-3-3 auf Ballbesitz durch Kurzpassspiel angelegt ist, ist sie
       aktuell unverzichtbar. Sie beherrscht es wie keine Zweite, eine Partie mit
       ihren Bewegungen und ihrem Passspiel gleichermaßen zu lenken. Sie kann
       sowohl den unauffälligen vorvorletzten Pass spielen, als auch den
       Entscheidenden in die Tiefe.
       
       ## Harte Prüfung
       
       Mittelfeld und vordere Reihe sind insgesamt sehr beweglich, mit reinen
       Frau-Orientierungen wie die Niederländerinnen es versuchten, ist dem nicht
       beizukommen.
       
       Durch das erwähnte Fehlen von Leon und Guijarro ist die defensive
       Stabilität aber mitunter ein Problem. Spanien steht in der Regel sehr hoch,
       mit den zusätzlich weit aufgerückten Außenverteidigerinnen Olga Carmona
       (23) und Batlle. So lange der Ball gehalten wird, ist das kein Problem.
       Durch fehlende Geschwindigkeit in der Defensive ergibt sich daraus aber
       eben eine Anfälligkeit bei Kontern.
       
       Vor dem Hintergrund, dass die Schwedinnen vorher Japan besiegt haben, das
       ebenfalls viel aus dem Zentrum spielt, steht den Roten also eine große
       Prüfung bevor. Die Skandinavierinnen haben Vorerfahrung darin, ein
       ähnliches Konzept zu knacken.
       
       13 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/i/flow/login?redirect_after_login=%2Fuswnt_fan_ES
   DIR [2] https://cadenaser.com/nacional/2022/09/23/quienes-son-las-15-futbolistas-que-renuncian-a-la-seleccion-espanola-de-futbol-femenina-cadena-ser/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Annika Becker
       
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