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       # taz.de -- Spanier wütend auf die Monarchie: Unmut über Corona und Korruption
       
       > König Felipe VI hätte jetzt die Chance nutzen können, die krummen
       > Geldgeschäfte seines Vaters vergessen zu machen. Er hat mal wieder
       > enttäuscht.
       
   IMG Bild: Unmut über die Geldmachenschaften des Königshauses: Während einer TV-Rede des Königs in Barcelona
       
       Es war nicht zu überhören. Nicht wenige Spanier sind der Monarchie
       überdrüssig. Anstatt die Fernsehansprache von König Felipe VI. zur
       Coronavirus-Krise zu verfolgen, gingen sie an die geöffneten Fenster und
       auf die Balkone und schlugen mit Kochlöffeln auf Töpfe.
       
       Zu lange hatte sich der spanische Staatschef [1][vor dem Coronavirus
       versteckt]. Er hielt erst dann seine recht hölzerne Ansprache, als überall
       in den sozialen Netzwerken und in Teilen der Presse seine Untätigkeit Thema
       war. Weder besuchte er das Gesundheitsministerium noch ein Krankenhaus oder
       Hilfspersonal. Das Einzige, was die Spanier über ihren Staatschef in der
       nun schon Wochen andauernden Krise erfuhren: Er und seine Frau wurden
       getestet – negativ.
       
       Doch der eigentliche Grund für den lärmenden Unmut der Untertanen ist ein
       anderer. König Felipe VI. versteckt sich nicht nur vor, sondern auch hinter
       dem Virus.
       
       Seit Wochen sorgen Zigmillionen Euro vor allem in der ausländischen Presse
       für Schlagzeilen, die sein Vorgänger und Vater Juan Carlos I. über ein
       Geflecht von Konten rund um eine dubiose Off-Shore-Stiftung aus
       Saudi-Arabien kassiert hat. Felipe VI. und seine beiden Töchter sind als
       Nutznießer dieses illegalen Vermögens eingetragen, so legen es Ermittlungen
       aus der Schweiz nahe.
       
       ## Keine überzeugten Monarchisten
       
       Felipe VI. verzichtete vor wenigen Tagen per Kommuniqué auf sein Erbe und
       bestätigte damit die Vorwürfe, sein Vater habe Schmiergelder für
       Großaufträge an die spanische Industrie genommen. Er hoffte, dass diese
       Geste mitten in der Corona-Krise reichen würde, um den Skandal aus der Welt
       zu schaffen.
       
       Weit gefehlt: Den Töpfe schlagenden Spaniern ist das nicht genug. Sie
       wollen, dass das Königshaus die Millionen an das durch das Virus völlig
       überforderte Gesundheitssystem abführt. Felipe VI. erwähnte die Affäre in
       seiner Ansprache mit keinem einzigen Wort.
       
       All das zeigt einmal mehr: Die Spanier sind – anders als etwa die meisten
       Menschen in England oder den skandinavischen Ländern – keine überzeugten
       Monarchisten. Sie mochten Juan Carlos I., weil er beim Übergang von der
       Franco-Diktatur zur Demokratie eine entscheidende Rolle spielte: Er
       verurteilte den Staatsstreich der Armee 1981 in einer Fernsehansprache und
       erreichte damit, dass die Panzer zurück in die Kasernen fuhren.
       
       Diese Sympathie ist nicht erst seit der Nachricht von den Saudi-Millionen
       Geschichte. Juan Carlos I. dankte 2014 zugunsten seines Sohnes ab, nachdem
       bekannt geworden war, dass er sich bei einer Elefantenjagd verletzt hatte –
       übrigens im Beisein seiner Geliebten, die jahrelang in einer staatlichen
       Unterkunft lebte und einen Teil der Schmiergeldmillionen abbekommen haben
       soll. Außerdem ist eine der beiden Schwestern von Felipe VI. in
       Korruptionsfälle verwickelt. Sein Schwager sitzt dafür ein.
       
       ## Chance verspielt
       
       Für Felipe VI. hätte die aktuelle Krise eine Chance sein können, sich sein
       eigenes Ansehen zu erarbeiten. Er hat sie verspielt – wie bereits 2017 nach
       dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien. Anstatt damals vermittelnd
       einzugreifen, stellte er sich hinter die völlig überzogenen
       Polizeieinsätze. Nicht ein Wort auf Katalanisch, und das, obwohl er die
       Sprache spricht.
       
       Die wenigen Umfragen, die es zum Thema Monarchie oder Republik gibt,
       zeigen, dass nur noch eine ganz knappe Mehrheit nach wie vor damit
       einverstanden ist, den Staatschef nicht zu wählen. Das Töpfeschlagen machte
       diesen Unmut jetzt erstmals sicht- beziehungsweise hörbar. Und er ist in
       Zeiten der coronabedingten Ausgangssperre plötzlich Thema in den Medien und
       an vielen Küchentischen.
       
       19 Mar 2020
       
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