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       # taz.de -- Springer baut Stellen ab: Mehr Dauerloops, weniger live
       
       > Der TV- und Internet-Kanal Bild TV stellt große Teile seines
       > Liveprogramms ein – und setzt vermehrt auf Dokus und Reportagen. Das
       > kostet auch Stellen.
       
   IMG Bild: Ohne Livesendung könnte das Bild-TV-Mikro hier bald fehlen
       
       Springer [1][baut um]. Genauer gesagt, eher mal ab. Vor einer guten Woche
       kam die Meldung, dass künftig Bild und [2][Welt ] wieder als „eigenständige
       Einheiten mit jeweils eigenem CEO“ geführt werden sollen. Bislang waren sie
       in der Einheit News Media National (NMN) zusammengeschraubt.
       
       Doch die Idee, [3][mit dem Boulevard] gemeinsame Sache zu machen, hat trotz
       der massiven Annäherungsversuche von Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt
       anscheinend nicht funktioniert. Genauso wenig wie ein anderes, viel
       größeres Projekt: Die Eroberung des Fernsehens ist gescheitert. „Bild Live“
       sollte im Netz und als klassischer TV-Kanal den ganzen Wumms der Marke Bild
       auch in der Fernsehwelt umsetzen.
       
       „Die,Bild'-Zeitung ist ja gegründet worden, weil es damals kein privates
       Fernsehen gab, und hat schon immer emotional und in Bildern erzählt“,
       meinte kurz vor dem Start Damals-noch-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt im
       Interview mit dem Fachdienst kress pro (Offenlegung: Ich arbeite auch für
       kress und habe damals das Interview geführt).
       
       „Unser Ziel ist, so viele Menschen wie möglich zu erreichen und, ehrlich
       gesagt, auch so viel Geld wie möglich damit zu verdienen.“ Vor knapp einem
       Jahr ging es richtig los, in der Spitze gab es durchaus auch
       (Einzel-)Erfolge mit mehr als 3 Millionen Abrufen beziehungsweise
       Zusehenden. Doch der Rest blieb mau und das mit dem Geldverdienen daher
       massiv hinter den Erwartungen zurück.
       
       Ende vergangener Woche teilte Springer deshalb mit: „Wir werden ab Januar
       2023 im Rahmen einer Programmreform mit Bild TV ohne die News-Formate,Bild
       live' und,Bild am Abend' an den Start gehen.“ Damit fehlt aber das, was
       überhaupt Bild TV ausgemacht hat. Ab 2023 soll der Kanal dann vor allem
       Dokumentationen und Reportagen von WeltN24 bringen. Longtail nennt sich
       das, weil diese Formate in Dauerschleife immer wieder durchgenudelt werden
       können und sich so langfristig rechnen.
       
       ## 80 Mitarbeiter schauen in die Röhre
       
       „Breaking News“, „Sport am Sonntag“ und die Talkshow „Viertel nach Acht“
       soll es aber weiter geben. „Reif“ bleibt also weiter „live“. Und auch
       Kriegs-, Krisen- und Ausnahmereporter Paul Ronzheimer – das ist übrigens
       ausdrücklich positiv gemeint – hat seine gesicherte Abwurfstelle.
       
       In die Röhre gucken dafür rund 80 Menschen, die zunächst befristet neu für
       „Bild Live“ angeheuert wurden. Sie dürfen nun auf ein paar Stellen hoffen,
       mit denen die „digitale Bewegtbildkompetenz“ der restlichen Bild-Redaktion
       ausgebaut werden soll. Denn angesichts lahmender Konjunktur, Inflation und
       Energiekrise stehen auch bei Springer die Zeichen auf Sparen. Und der
       Egomane Reichelt, der mit seiner schieren Energie so manches noch ein
       bisschen stärker als andere vorantrieb, ist zum Glück sowieso längst
       Geschichte.
       
       Eine ganz andere Springer-Personalie ist bei der ganzen Aufregung um Bild
       TV allerdings ein bisschen untergegangen: Digitalvorständin Ulrike Handel
       ist auch schon wieder weg. Sie startete dabei erst im Frühjahr und war
       neben der für Personal verantwortlichen Niddal Salah-Eldin die einzige Frau
       im Springer-Vorstand. Handel gilt als Spezialistin für
       Turnaround-Strategien, digitale Transformation von Unternehmen und
       kulturelles Change-Management.
       
       Sie hatte schon vorher in unterschiedlichen Positionen bei Springer
       gearbeitet. Jetzt geht sie ausdrücklich wegen „unterschiedlicher
       Auffassungen über Ausrichtung und Struktur des Bereichs“ News Media
       National. Der untersteht fürs Erste Springer-Chef Mathias Döpfner
       höchstpersönlich und wird nun aufgeteilt.
       
       Böse Stimmen unken, so was passiere ja gerne auch deshalb, weil sich
       Einzelteile besser verkaufen oder dichtmachen lassen. Womit vor allem die
       Welt gemeint sein könnte.
       
       29 Nov 2022
       
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