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       # taz.de -- Staatsanwaltschaft zum Fall Gröning: Ex-SS-Mann soll ins Gefängnis
       
       > Im Auschwitz-Prozess wurde Oskar Gröning wegen Beihilfe zum Mord zu vier
       > Jahren Haft veruteilt. Der Antrag auf Strafaufschub wurde nun abgelehnt.
       
   IMG Bild: Der Angeklagte Oskar Gröning sitzt am 23.04.2015 im Gerichtssaal in Lüneburg
       
       Hannover/Lüneburg dpa | Die Staatsanwaltschaft Hannover hält den im
       Auschwitz-Prozess von Lüneburg verurteilten früheren SS-Mann Oskar Gröning
       für haftfähig. „Den Antrag der Verteidigung auf Strafaufschub haben wir
       abgelehnt“, sagte Sprecherin Kathrin Söfker am Mittwoch. Gröning war im
       Juli 2015 vom Landgericht Lüneburg wegen Beihilfe zum Mord in mindestens
       300.000 Fällen in dem Konzentrations- und Vernichtungslager zu vier Jahren
       Haft verurteilt worden. Der frühere Freiwillige der Waffen-SS hatte
       eingeräumt, in Auschwitz Geld aus dem Gepäck der Verschleppten gezählt und
       weitergeleitet zu haben. Das Urteil ist rechtskräftig.
       
       Ein Amtsarzt halte den mittlerweile 96 Jahre alten Gröning grundsätzlich
       für haftfähig, sagte Söfker. Voraussetzung sei aber eine entsprechende
       medizinische und pflegerische Betreuung im Gefängnis. „Eine schriftliche
       Ladung zum Strafantritt ist noch nicht ergangen“, betonte Söfker. „Darüber
       muss noch entschieden werden.“
       
       Grönings Verteidiger Hans Holtermann will juristisch gegen den Bescheid zur
       Haftfähigkeit vorgehen. „Wir werden diese Entscheidung der
       Staatsanwaltschaft kurzfristig beim Landgericht Lüneburg prüfen lassen“,
       kündigte er an. Sollte das Gericht Haftfähigkeit feststellen, sei dagegen
       noch Beschwerde beim Oberlandesgericht Celle möglich. „Herr Gröning ist
       nach meiner Einschätzung nicht haftfähig“, sagte Holtermann. „Zudem hat der
       Amtsarzt Herrn Gröning bei seinem Besuch nicht körperlich untersucht“,
       kritisierte der Jurist. „Ein ärztliches Gutachten ohne eigene körperliche
       Untersuchung kann ich mir gar nicht vorstellen.“
       
       Im Fall Gröning hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe im vergangenen
       Herbst erstmals eine Verurteilung wegen Beihilfe zum massenhaften Mord im
       NS-Vernichtungs- und Konzentrationslager Auschwitz höchstrichterlich
       bestätigt. „Das Urteil von Lüneburg hat damit Rechtsgeschichte
       geschrieben“, sagte Nebenkläger-Anwalt Thomas Walther nach der im November
       veröffentlichten BGH-Entscheidung.
       
       ## Späte Gerechtigkeit
       
       „Auschwitz war eine auf die Tötung von Menschen ausgerichtete Maschinerie“,
       hatte der Vorsitzende Richter Franz Kompisch bei der Urteilsverkündung in
       Lüneburg gesagt. Und Gröning sei ein Teil des großen Verbrechens Auschwitz
       gewesen. Auch das Verwalten der Gelder der Verschleppten und das Bewachen
       ihres Gepäcks sei Beihilfe.
       
       Jahrzehntelang waren die in Auschwitz am Holocaust Beteiligten nicht zur
       Verantwortung gezogen worden, wenn sie zwar wie Gröning Rad im Getriebe
       waren, aber nicht selbst getötet hatten. Eine Wende leitete erst das
       Münchner Urteil gegen den früheren Sobibor-Aufseher John Demjanjuk 2011
       ein. Doch dessen Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord an 28.000 Juden wurde
       nie rechtskräftig, weil Demjanjuk vorher in einem Pflegeheim starb.
       
       Den Nebenklägern in Lüneburg ging es vor allem um späte Gerechtigkeit. „Es
       geht mir nicht um die Strafe, es geht mir um das Urteil, die Stellungnahme
       der Gesellschaft“, erklärte damals etwa die Auschwitz-Überlebende Eva
       Pusztai-Fahidi.
       
       2 Aug 2017
       
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