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       # taz.de -- Staatsbesuch in Italien: Selenski holt sich Zuspruch in Rom
       
       > Auf seiner Italienreise trifft Wolodimir Selenski Präsident Mattarella,
       > Ministerpräsidentin Meloni und den Papst. Dabei stößt er auf große
       > Unterstützung.
       
   IMG Bild: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj trifft im Vatikan Papst Franziskus
       
       Rom taz | „Italien steht fest an der Seite der Ukraine“. Mit den zur
       Begrüßung geäußerten Worten des Staatspräsidenten Sergio Mattarella
       gegenüber seinem am Samstag aus Kyiv angereisten Amtskollegen Wolodimir
       Selenski war eigentlich schon alles gesagt über den Rombesuch des
       ukrainischen Staatschefs.
       
       Am Samstagmorgen war Selenski mit einer Maschine der italienischen
       Luftwaffe aus Südpolen nach Rom geflogen. Dort traf er zunächst um 12 Uhr
       Mattarella, dann mittags zu einem ausführlichen Gespräch und einem
       anschließenden Essen die an der Spitze einer stramm rechten Koalition
       regierende Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Das Ergebnis beider
       Gespräche war deckungsgleich: Kein Blatt passt zwischen Italien und der
       Ukraine in der Gegnerschaft gegen den Aggressor Wladimir Putin.
       
       In dem von Russland entfesselten Krieg gehe es nur um eines, um „die
       Verteidigung der Souveränität und der territorialen Integrität der
       Ukraine“, erklärte Meloni am Nachmittag auf der gemeinsamen Pressekonferenz
       mit Selenski. An der „äußerst klaren Positionierung Italiens in der
       Unterstützung des ukrainischen Volkes“ könne es keinerlei Zweifel geben,
       „wir setzen auf den Sieg der Ukraine“. Im Übrigen unterstütze Italien
       sowohl den EU-Beitritt mit der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen „noch in
       diesem Jahr“ als auch die Vertiefung der Partnerschaft zwischen der NATO
       und der Ukraine.
       
       Seit dem Kriegsbeginn im Februar 2022 hält Italien konstant diesen Kurs.
       Zunächst war es der damalige Ministerpräsident Mario Draghi, der an der
       Spitze einer Fast-Allparteienregierung sowohl alle Sanktionsbeschlüsse
       gegen Russland mittrug, als auch Waffenlieferungen an die Ukraine
       beschloss, unterstützt auch von Giorgia Meloni, die sich damals mit ihrer
       postfaschistischen Partei Fratelli d’Italia in der Opposition befand.
       
       Als Meloni dann im September 2022 an der Spitze einer Rechtsallianz die
       Wahlen gewann und im Oktober die Regierung bildete, blieb sie völlig auf
       der von Draghi eingeschlagenen Linie. Dies war keine Selbstverständlichkeit
       angesichts ihrer beiden Koalitionspartner: Sowohl Silvio Berlusconi, Chef
       der Forza Italia, als auch Matteo Salvini, Anführer der
       rechtspopulistisch-fremdenfeindlichen Lega, sind langjährige Putin- und
       Russlandfreunde.
       
       Berlusconis rühmte sich noch im letzten September dieser Freundschaft: Zu
       seinem Geburtstag habe Putin ihm eine Kiste Wodka und einen „rührenden
       Brief“ geschickt, mit der Mitteilung; Berlusconi gehöre zu den fünf engsten
       Freunden Putins. Und Salvinis Lega hat einen bis heute nicht aufgekündigten
       Freundschaftspakt mit der Putin-Partei „Einiges Russland“.
       
       ## Hälfte der Menschen in Italien gegen Waffenlieferungen
       
       In der [1][Ukrainefrage jedoch setzte Meloni] von Anfang an auf einen
       strikt proatlantischen Kurs, und ihre Partner halten still. Von diesem Kurs
       lässt sich die Regierungschefin auch nicht durch die Tatsache abbringen,
       dass nach allen Meinungsumfragen die italienische Bevölkerung in der Frage
       der Waffenlieferungen an die Ukraine gespalten ist. Zwar ergreift mit unter
       10% nur ein verschwindend geringer Anteil offen die Partei Russlands im
       Konflikt mit der Ukraine, doch etwa die Hälfte der Bürger*innen spricht
       sich gegen Waffenlieferungen aus. Im ersten Kriegsjahr hat Italien
       Kriegsgerät im Wert von 660 Millionen Euro geliefert, vor allem Mörser,
       Haubitzen und Raketenabwehrsysteme.
       
       Nach dem Besuch bei den Spitzen des italienischen Staates hatte Selenski
       allerdings noch eine Begegnung mit Papst Franziskus im Programm. Franziskus
       schlägt andere Töne an als die italienische Regierung. Er lässt seinerseits
       keinen Zweifel daran, dass Russland der Aggressor ist, er spricht bei
       wirklich jedem seiner Auftritte seit nunmehr 15 Monaten vom „gemarterten
       ukrainischen Volk“, doch er setzt den Akzent auf die Notwendigkeit von
       Verhandlungen und Vermittlung, um das Töten zu beenden.
       
       Seit Monaten ist der Vatikan hinter den Kulissen mit Versuchen aktiv, eine
       Friedensinitiative auf den Weg zu bringen, bisher jedoch ohne Erfolg. Aus
       der Kurie verlautet, alle Versuche des Papstes, auch nur ein Telefonat mit
       Putin zu führen, seien bisher ergebnislos geblieben. Ergebnislos war
       andererseits Selenskis Bemühen geblieben, Franziskus zu einem Besuch in
       Kyiv zu bewegen: Er komme nur, wenn zugleich ein Besuch in Moskau möglich
       sei, hatte der Papst regelmäßig erwidert. Entsprechend sah das Geschenk
       aus, das Franziskus seinem Gast Selenski überreichte: die kleine Skulptur
       eines Olivenzweigs, sprich eines der klassischen Friedenssymbole.
       
       13 May 2023
       
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