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       # taz.de -- Steigende Öl- und Gaspreise: EU empfiehlt Energiehilfe
       
       > Die Kommission erwartet, dass die Mitgliedsstaaten bei sozialen
       > Härtefällen eingreifen. Der Gaspreis steigt innerhalb eines Jahres um 451
       > Prozent.
       
   IMG Bild: Energie-Kommissarin Kadri Simson stellt eine Toolbox vor
       
       Brüssel taz | Die Staaten der Europäischen Union sollten mehr unternehmen,
       um die [1][rasant steigenden Gas- und Strompreise] abzufedern und besonders
       betroffenen Bürgern zu helfen. Dies hat die EU-Kommission am Mittwoch in
       Brüssel empfohlen. Energiekommissarin Kadri Simson stellte eine sogenannte
       „Toolbox“ mit Werkzeugen vor, die Deutschland und andere EU-Länder anwenden
       können, ohne gegen die europäischen Wettbewerbsregeln zu verstoßen.
       
       Empfohlen wird etwa, einkommensschwachen Familien mit Gutscheinen unter die
       Arme zu greifen, damit sich die „Energiearmut“ nicht ausbreitet. Die
       EU-Länder könnten auch die Energiesteuern vorübergehend senken oder
       zusätzliche Einnahmen, etwa aus dem Emissionshandel, an Bürger und
       Unternehmen weitergeben. Die Maßnahmen müssten aber gezielt und zeitlich
       begrenzt sein, so Simson.
       
       Die aktuelle Preisspitze erfordere eine rasche und koordinierte Reaktion,
       erklärte die Kommissarin. Dass die Preise explodieren, liege vor allem an
       der hohen Nachfrage nach Gas aus Asien. Ein Problem sei auch die Kopplung
       des Strompreises an das Gas. Diese Bindung habe den Strompreis neunmal so
       stark erhöht wie der CO2-Preis, der sich aus dem europäischen
       Emissionshandel ergibt.
       
       Die EU-Kommission gehe auch Hinweisen nach, dass der russische Gasversorger
       [2][Gazprom] zu dem Preisauftrieb beitrage, sagte Simson. „Gazprom erfüllt
       seine langfristigen Verträge, aber zusätzliche Lieferungen sind nicht
       durchgeführt worden“, sagte sie. Wer seine Abhängigkeit von ausländischen
       Lieferanten verringern wolle, solle die erneuerbaren Energien ausbauen,
       hieß es in Brüssel.
       
       ## Sorge um weiteren Preisanstieg
       
       Die EU-Kommission bleibt damit ihrer Linie in der Klimapolitik treu. Der
       „European Green Deal“ sei nicht das Problem, sondern die Lösung, sagte
       Simson zu Kritik aus Ungarn und Polen. Beide Länder hatten Zweifel an dem
       geplanten Kohleausstieg und am Emissionshandel geäußert, der künftig auch
       auf Gebäude und Verkehr ausgeweitet werden soll. Dies werde die Preise
       weiter treiben, so die Sorge.
       
       Druck kommt auch aus Spanien und Frankreich. Die Regierungen in Madrid und
       Paris sind bereits mit nationalen Maßnahmen vorgeprescht. Spaniens
       Linksregierung hat die Energiekonzerne gemaßregelt, Frankreichs Staatschef
       Emmanuel Macron einen staatlichen Energiepreisdeckel eingeführt. Außerdem
       propagiert Macron den Ausbau der Atomenergie.
       
       Vor allem Berlin widersetzt sich den Vorstößen aus Paris. Die
       Bundesregierung lehnt eine mögliche EU-Förderung der Kernenergie ab und
       steht auch Maßnahmen zur Dämpfung der Energiepreise skeptisch gegenüber.
       Allerdings gerät auch Berlin mehr und mehr unter Handlungsdruck. So hat der
       deutsche Energieversorger Eon das Neugeschäft mit Privatkunden vorläufig
       gestoppt. Zur Begründung verwies der Konzern auf den enormen Anstieg beim
       Gaspreis.
       
       ## Großhandelspreise für Gas auf Rekordstand
       
       In den vergangenen Monaten sind die Großhandelspreise für Gas international
       auf Rekordstände geklettert. Nach Angaben des Vergleichsportals Check 24
       verteuerte sich die Megawattstunde Gas binnen Jahresfrist um 451 Prozent
       auf 44,03 Euro. Die großen Gasversorger kaufen allerdings langfristig ein,
       sodass Preissprünge an der Börse nicht unmittelbar auf die Verbraucher
       durchschlagen.
       
       In Brüssel geht man davon aus, dass Energie über den kommenden Winter
       hinaus teuer bleibt; erst im Frühjahr 2022 sei mit einer Entspannung zu
       rechnen. Auf längere Sicht müsse man darüber nachdenken, Gas gemeinsam
       einzukaufen und eine strategische EU-Reserve zu schaffen, so Simson. Die
       mittelfristigen Maßnahmen der „Toolbox“ sollen bei einem EU-Gipfel Ende
       kommender Woche besprochen werden.
       
       13 Oct 2021
       
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