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       # taz.de -- Steuer-Razzia beim DFB: Kampf gegen Erinnerungslücken
       
       > Der Deutsche Fußball-Bund soll bei den Einnahmen aus der Bandenwerbung
       > Steuern in Millionenhöhe hinterzogen haben. Die Staatsanwaltschaft
       > ermittelt.
       
   IMG Bild: Bekannter Besuch: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main schickt Beamte in die DFB-Zentrale
       
       Berlin taz/dpa | Es war ein beachtlicher Großeinsatz. Rund 200 Beamte waren
       am Mittwoch in den Morgenstunden im Auftrag der Staatsanwaltschaft
       Frankfurt unterwegs. Sie untersuchten die Geschäftsräume der DFB-Zentrale
       in der Otto-Fleck-Schneise sowie Privaträume von DFB-Verantwortlichen in
       Hessen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.
       
       Ermittelt wird, weil die Profite aus der Bandenwerbung von
       Heimländerspielen der Nationalmannschaft aus den Jahren 2014 und 2015
       „bewusst unrichtig als Einnahmen“ aus der steuerfreien Vermögensverwaltung
       deklariert worden sein sollen. In diesem Falle hätte der Verband 4,7
       Millionen Euro Steuern hinterzogen. Im Fokus der Staatsanwaltschaft stehen
       sechs ehemalige und gegenwärtige DFB-Angestellte, die namentlich nicht
       genannt wurden.
       
       Im Kern geht es bei den Vorwürfen um einen Vertragspassus zwischen dem DFB
       und Infront, in dem sich die Schweizer Vermarktungsagentur auf DFB-Wunsch
       dazu verpflichtet haben soll, keine Rechte an der Bandenwerbung bei
       Heimländerspielen der Nationalmannschaft an Konkurrenten des damaligen
       Generalsponsors (Mercedes) und Generalausrüsters (adidas) zu vergeben.
       Dadurch soll der DFB trotz der Verpachtung der Rechte über seine
       Sponsorenverträge aktiv bei der Vergabe der Werbeflächen mitgewirkt haben.
       
       Der letzte große Besuch der Staatsanwaltschaft Frankfurt in der
       DFB-Zentrale im Herbst 2015 fiel mit gut 50 Beamten zwar deutlich kleiner
       aus, traf den Verband aber damals in einer erbärmlichen Lage. Im Zuge der
       noch immer nicht aufgeklärten Korruptionsaffäre rund um die Vergabe der WM
       2006 ging es der Staatsanwaltschaft um eine ominöse, falsch deklarierte
       Überweisung des DFB von 6,7 Millionen Euro an die Fifa. [1][Das Verfahren
       ist noch heute bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt anhängig.]
       
       ## Begünstigung eines Unternehmens
       
       Häufig hat man seit jenem Herbst 2015 beim DFB Worte wie „Aufklärung“,
       „Transparenz“ und „Neuanfang“ vernommen. Der Verdacht, der Verband habe den
       Staat auch noch bei der Verrechnung von Einnahmen aus dem Jahr 2015 um
       Millionen geprellt, ist schon deshalb bemerkenswert.
       
       Zuletzt hatte der DFB unter der Führung des neuen Präsidenten Fritz Keller
       neue Anstrengungen unternommen, um mehr Transparenz zu schaffen. [2][Die
       Berliner Detektei Esecon] wurde beauftragt, den unsauberen Vorgängen rund
       um die Heim-WM 2006 und anderen zwielichtigen Machenschaften nachzuspüren.
       Just das Geschäft um die Bandenwerbung der Nationalmannschaft weckte früh
       das Interesse der Detektei und warf kein gutes Licht auf den DFB. Wie der
       Spiegel im Juni berichtete, begünstigte der DFB unter Führung von Präsident
       Wolfgang Niersbach die Firma Infront, trotz deutlich besserer Angebote der
       Konkurrenz, und verpachtete seine Werbeflächen dem Unternehmen, in dem auch
       Niersbach-Spezi Günter Netzer tätig ist.
       
       Auch Marcel Sandrock, Sohn des ehemaligen DFB-Generalsekrtärs Helmut
       Sandrock, nahm im Oktober 2013 seine Arbeit bei Infront auf – in dem Monat,
       wie der Spiegel berichtet, als der DFB 2013 seinen Pachtvertrag mit dem
       Unternehmen abschloss. Schatzmeister im Verband war damals der spätere
       Präsident Reinhard Grindel. Der DFB, so der Spiegel, habe den Vertrag mit
       Infront untersuchen lassen, nachdem Berichte über Werbezeitbetrug von
       Infront erschienen. Dabei sei die Detektei Esecon auch auf fragwürdige
       Zuwendungen an DFB-Mitarbeiter durch Infront gestoßen. Das Schweizer
       Unternehmen hat unlautere Geschäftspraktiken stets abgestritten. Mitte
       September einigten sich DFB und Infront indes auf eine Auflösung der
       Zusammenarbeit.
       
       Der Besuch der 200 Steuerfahnder am Mittwoch zeigt, dass die internen
       DFB-Nachforschungen nicht ausreichen, um die Unregelmäßigkeiten im weltweit
       größten Fußballverband aufzudecken. DFB-Präsident Keller erklärte, er stehe
       für „eine Öffnung und eine vollkommene Transparenz, und eigentlich kann ich
       eine staatliche Unterstützung in den Untersuchungen nur begrüßen“. Das Wort
       „eigentlich“ steht womöglich für ein gewisses Unbehagen in der
       DFB-Zentrale.
       
       Denn bei allem bekundeten Aufklärungswillen erweckt man nun eher den
       Eindruck des Getriebenen als des Vorantreibenden. Keller versprach, die
       Ermittlungen „allumfänglich zu unterstützen“. [3][Der ehemalige
       DFB-Präsident Wolfgang Niersbach] teilte am Mittwoch mit: „Bei mir hat
       keine Durchsuchung stattgefunden. Ich habe auch ansonsten keinerlei
       Kenntnis.“ Der Kampf gegen die Erinnerungslücken beim DFB geht weiter.
       
       7 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Folgen-des-Sommermaerchen-Skandals/!5434624
   DIR [2] https://www.deutschlandfunk.de/sommermaerchen-affaere-dfb-beauftragt-detektei-zur.890.de.html?dram%3Aarticle_id=476932
   DIR [3] /Kommentar-Ruecktritt-von-Niersbach/!5249439
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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