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       # taz.de -- Straffällige Doppelstaatler: Bald kein Schwede mehr?
       
       > Die Regierung untersucht, ob sie straffälligen Doppelstaatlern den
       > schwedischen Pass entziehen darf. Das stößt auf Kritik bei der
       > Opposition.
       
   IMG Bild: Staatsminister Ulf Kristersson in einem Passamt der schwedischen Polizei in Stockholm
       
       Härnösand taz | In Deutschland ist es noch Provokation eines
       [1][CDU-Kanzlerkandidaten im Wahlkampfmodus], in Schweden schon offiziell
       Regierungspolitik: Am Mittwoch machte Ministerpräsident Ulf Kristersson im
       Stockholmer Reichstag klar, unter welcher Voraussetzung Bürger*innen die
       [2][schwedische Staatsangehörigkeit] besitzen dürfen: Man müsse ein
       „ehrliches und anständiges Leben“ führen.
       
       Diese rechtlich vage Umschreibung sollte den Gegensatz bilden – zu einem
       Leben in der organisierten Kriminalität. Explizit Bandenkriminellen,
       zumindest denen mit doppelter Staatsangehörigkeit, soll es nun an den Pass
       gehen, so will es die Regierung. Dies sei, laut Kristersson eine politische
       Maßnahme von vielen im Kampf gegen die kriminellen Banden, um sie
       „endgültig loszuwerden“.
       
       Die Staatsangehörigkeit kann, einmal verliehen, bislang nicht entzogen
       werden. Und darum sollte es eigentlich gehen am Mittwoch: Der
       parlamentarische Grundgesetzausschuss hatte, gemeinsam mit Experten und im
       Regierungsauftrag, die Möglichkeit und den Sinn mehrerer
       Grundgesetzänderungen untersucht. Der abschließende Bericht wurde am
       Mittwoch offiziell an Justizminister Gunnar Strömmer (Moderate) übergeben.
       
       Er enthält nicht nur eine Untersuchung der Pass-Frage, aber sie bekam am
       meisten Beachtung: Könnte man das Grundgesetz so ändern, dass man Menschen
       mit doppelter Staatsangehörigkeit die schwedische wieder entziehen kann,
       wenn sie aufgrund von falschen Angaben oder nach Bedrohung verliehen wurde?
       Unter anderem in Deutschland ist das bereits möglich.
       
       ## Passentzug wäre möglich
       
       Kann der schwedische Pass wieder eingezogen werden, wenn jemand mit zwei
       Pässen ein schweres, staatsbedrohendes Verbrechen begeht? Der Bericht kommt
       zu dem Ergebnis, dass beides möglich wäre. Als Beispiel für ein solches
       Verbrechen nennt er Spionage und Hochverrat.
       
       Für diese Vorschläge zur Grundgesetzänderung gibt es eine breite politische
       Mehrheit, nur die Grünen und die Linkspartei sind dagegen. Mehr als ein
       Jahr soll nun beraten, diskutiert und konkretisiert werden, eine Abstimmung
       ist erst für Frühjahr 2026 geplant.
       
       Und traditionell hätte die Regierung es an dieser Stelle dabei belassen.
       Normalerweise nehmen sie den Bericht entgegen, studieren und diskutieren
       ihn. In diesem Fall kam es anders. Die konservativ-liberale Regierung mit
       ihrem rechtsextremen Partner, [3][den Schwedendemokraten], machte noch am
       selben Tag ihren eigenen Vorschlag zur Ausweitung der Maßnahme auf
       Bandenkriminalität.
       
       Allein diese politische Formalität, der mangelnde Respekt vor dem
       Grundgesetzausschuss, hatte schon vor der heutigen Debatte der
       Parteivorsitzenden für Empörung gesorgt. Weniger als die Vorschläge selbst.
       Die Tatsache, dass Schwedens oberster Schwedendemokrat Jimmie Åkesson seit
       Jahren kritisiert, dass ein Bandenkrimineller seinen schwedischen Pass
       behalten dürfe, dürfte zu einer Normalisierung der politischen Forderung
       beigetragen haben.
       
       Der Regierungsvorschlag hat Gegner. Alle vier Oppositionsparteien sind
       gegen diesen Vorschlag. Aber die Frage, ob jemand „tatsächlich“ Schwede
       oder nur dem Pass nach einer sei, scheint mindestens so weit verbreitet wie
       in Deutschland.
       
       16 Jan 2025
       
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