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       # taz.de -- Streit um Mietobergrenzen: SPD-Politiker gegen Deckel
       
       > Im Wahlkampf 2018 forderte Andrea Nahles eine radikale Mietenbremse.
       > Hamburgs Bürgermeister will davon nichts mehr wissen.
       
   IMG Bild: Hamburgs Erster Bürgermeister Tschentscher will keinen Mietenstopp
       
       Berlin taz | Führende Sozialdemokraten nehmen Abstand von der Forderung
       nach einem Mietenstopp, den die damalige Parteichefin Andrea Nahles und der
       heutige Interimsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel im September 2018
       vorgeschlagen hatten. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher
       (SPD) sagte, er lehne einen Mietendeckel wie in Berlin ab. Stattdessen sei
       er dafür, die sogenannte Kappungsgrenze zu senken.
       
       In Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt dürfen Mieten derzeit
       innerhalb von drei Jahren um höchstens 15 Prozent erhöht werden. „Die
       Kappungsgrenze sollte auf zehn Prozent in drei Jahren gesenkt werden“,
       sagte Tschentscher der Nachrichtenagentur dpa.
       
       Tschentscher widerspricht damit aber nicht nur dem rechtlich umstrittenen
       Berliner Vorschlag für einen landesweiten Mietendeckel. Der Berliner
       rot-rot-grüne Senat betritt damit Neuland, weil die Miethöhe bisher vom
       Bund geregelt wird.
       
       Zugleich positioniert sich der Hamburger Erste Bürgermeister auch gegen das
       Papier „Mietenwende jetzt“ von Nahles und Schäfer-Gümbel, die vorgeschlagen
       hatten, dass Mieten „in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten für 5
       Jahre nur in Höhe der Inflation steigen dürfen“. Die Inflationsrate lag
       2018 bei 1,8 Prozent, in den Jahren davor war sie geringer.
       
       Nahles und Schäfer-Gümbel hatten ihre Vorschläge im vergangenen Jahr kurz
       vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen präsentiert. Der
       CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak warf der SPD damals „ein
       durchsichtiges Manöver für den Wahlkampf “ vor.
       
       ## Abweichender Vorschlag von SPD-MdB Tausend
       
       Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Claudia Tausend hatte in der vergangenen
       Woche eine Forderung präsentiert, die von Nahles' und Schäfer-Gümbels
       Mietenstopp abweicht. Auf dem „Tag der Immobilienwirtschaft“ des
       Lobbyverbands ZIA sagte die stellvertretende Sprecherin der Arbeitsgruppe
       Stadtentwicklung der SPD-Fraktion, ihre Partei habe das Thema „Mietenstopp
       in den Raum gestellt“. Das bedeute „im Kern eine Absenkung der
       Kappungsgrenze auf zehn Prozent in fünf Jahren“. Auch damit könnte die
       Mietensteigerung aber noch über der der jetzigen Inflationsrate liegen.
       
       Gegenüber der taz sagte Tausend, ihr jetziger Vorschlag stehe „nicht im
       Widerspruch“ zum „Mietenwende“-Papier von Nahles und Schäfer-Gümbel. „Damit
       soll die Inflation ausgeglichen werden.“ Auf die Nachfrage, warum der
       Inflationsausgleich bei ihrem Vorschlag nicht exakt berechnet werde, sagte
       sie: „Wir reden jetzt von einem Gesetzgebungsverfahren, das es nicht gibt.“
       Käme es dazu, würden Experten in den Anhörungen präzise Regelungen
       vorschlagen.
       
       Ein Sprecher des SPD-Vorstands sagte zur taz, „der Vorschlag von Andrea
       Nahles und Thorsten Schäfer-Gümbel zur Mietenwende“ habe „an Aktualität
       nichts eingebüßt“. „Gleichwohl willkommen“ seien „andere Vorschläge, die
       zum Ziel haben, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen beziehungsweise zu
       erhalten“.
       
       Tschentscher hatte der dpa gesagt, ein vollständiger Mietendeckel
       untergrabe die Investitionsbereitschaft für den Wohnungsbau. In Berlin will
       der Senat bis Oktober ein Gesetz für den Mietendeckel beschließen. Noch ist
       unklar, ob es einen Inflationsausgleich vorsieht.
       
       4 Jul 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Reeh
       
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