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       # taz.de -- Studie über Onlinenutzung Jugendlicher: Grüße aus den 2000ern
       
       > Ergebnisse einer Studie über Internetnutzung Heranwachsender wirken
       > alarmierend. Doch die gestellten Fragen sind veraltet.
       
   IMG Bild: Bei 30 Prozent der 12- bis 17-Jährigen vermutet man eine „problematische Internetnutzung“
       
       Fast ein Drittel der deutschen Jugendlichen würden elektronische Medien zu
       viel oder auf ungesunde Weise nutzen. Das legt ein Studienbericht nahe, den
       die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) am Dienstag
       veröffentlicht hat.
       
       Bei 30 Prozent der 12- bis 17-Jährigen vermutet man eine „problematische
       Internetnutzung“ und diagnostiziert bei 7,6 Prozent [1][sogar eine
       „internetbezogene Störung“]. Die Zahlen seien in den letzten Jahren massiv
       gestiegen.
       
       Bevor man jedoch in Unruhe verfällt, lohnt sich ein Blick auf die Methodik
       der Erhebung. Es handelt sich um einen Teilbericht der
       Drogenaffinitätsstudie, einer repräsentativen Befragung, die die BZgA
       regelmäßig bei 12- bis 25-Jährigen in Deutschland durchführen lässt. 7.000
       nahmen diesmal teil, die telefonische Befragung fand im zweiten Quartal
       2019 statt, erfasst also Daten von vor der Pandemie.
       
       ## Fragenkatalog aus den 2000ern
       
       Mit „problematischem Verhalten“ oder „Störung“ meinen die Forscher*innen
       Verhalten, das andere Lebensbereiche einschränkt oder Kontrollverluste
       erzeugt. Dafür nahm man die [2][Compulsive Internet Use Scale (CIUS)] zur
       Hilfe, einen Fragenkatalog aus den 2000ern, mit [3][Kriterien aus der
       Drogen- und Spielsuchtforschung]. Die CIUS enthält 14 Fragen zur
       Selbsteinschätzung, die man auf einer Punkteskala von 0 („nie“) bis 4
       („sehr häufig“) beantwortet. Die Punkte werden addiert und ab bestimmten
       Werten ist von „problematischem Verhalten“ oder „Störung“ die Rede.
       
       Die CIUS enthält nicht nur Fragen, die eindeutig auf ungesundes Verhalten
       hindeuten („Wie häufig schlafen Sie zu wenig wegen des Internets?“),
       sondern auch solche, die 2020 eher normal wirken („Wie häufig haben Sie
       erfolglos versucht, weniger Zeit im Internet zu verbringen?“) oder auf
       Werturteile anderer abzielen („Wie häufig sagen Ihnen andere Menschen, dass
       Sie das Internet weniger nutzen sollten?“).
       
       Wer 8 der 14 Fragen mit „selten“ beantwortet und 6 mit „manchmal“, hätte 20
       Punkte, ab denen [4][der BzgA-Bericht] von „vermutlich problematischer
       Internetnutzung“ ausgeht. Mit 12 „manchmal“ und zwei „häufig“ hätte man 30
       Punkte, ab denen eine „internetbezogene Störung gegeben sein könnte“.
       
       Die CIUS liefert Anreize für einen Selfcheck, jedoch ist fraglich,
       inwiefern von „Störungen“ die Rede sein muss. Womöglich ist die digitale
       Gesellschaft aus den Messkriterien der 2000er herausgewachsen.
       
       16 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Studie-ueber-Mediensucht/!5308631
   DIR [2] https://www.morgenpost.de/web-wissen/article105113650/14-Fragen-zur-Internetsucht-Der-Test-der-Forscher.html
   DIR [3] /Sportwetten-in-Berlin/!5626975
   DIR [4] https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/Drogenaffinitaet_Jugendlicher_2019_Teilband_Computerspiele_u_Internet.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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