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       # taz.de -- Studie zu sozialer Gerechtigkeit: Arm trotz Arbeit
       
       > Auf dem Arbeitsmarkt geht es bergauf. Das Armutsrisiko ist aber laut
       > einer Studie trotzdem gestiegen. Wo steht Deutschland im internationalen
       > Vergleich?
       
   IMG Bild: Sichtbare Armut: Flaschensammlerin im Park
       
       Gütersloh dpa | Gut zehn Jahre nach Beginn der globalen Finanzkrise 2008
       haben sich einer Studie zufolge die Arbeitsmärkte in vielen
       Industrieländern deutlich erholt. Allerdings: Das hat kaum Auswirkungen auf
       die Armutsquoten, wie eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung in 41
       Ländern der EU und OECD festgestellt hat. In 25 Staaten stagniere das
       Armutsrisiko oder sei bis 2018 sogar noch gewachsen. Und insgesamt seien
       Kinder häufiger betroffen als ältere Menschen, heißt es in dem am
       Donnerstag in Gütersloh veröffentlichten „Social Justice Index“. In dem
       Ranking zu sozialer Gerechtigkeit und Teilhabechancen kommt Deutschland auf
       Platz zehn.
       
       Diese recht gute Platzierung Deutschlands im Ranking – vor Großbritannien
       (Platz 11) und Frankreich (15) – beruhe auf der „anhaltenden Erfolgskurve
       am Arbeitsmarkt“. Die Jugendarbeitslosigkeit gehöre mit einer Quote von 6,2
       Prozent zur weltweit niedrigsten. Die Beschäftigungsrate sei zwischen 2013
       und 2018 von 73,5 auf 75,9 Prozent geklettert. Aber auch hier erhöhte sich
       paradoxerweise [1][das Armutsrisiko] von 9,4 auf 9,8 Prozent. Und anders
       als in vielen anderen Staaten sind [2][ältere Menschen über 65 Jahre
       hierzulande häufiger von Armut bedroht] – etwa jeder Zehnte – als Kinder
       und Jugendliche bis 18 Jahre (7,6 Prozent).
       
       Für die Studie wurden in insgesamt sechs Kategorien die Anstrengungen zur
       Armutsvermeidung, Beschäftigung/Arbeitsmarkt, gerechte Bildungschancen,
       Generationen-Gerechtigkeit, Gesundheit sowie Politik gegen Diskriminierung
       bewertet. Die nordischen Länder Island, Norwegen, Dänemark, Finnland und
       Schweden sieht die Stiftung auf Spitzenpositionen. Die USA gehören mit
       Platz 36 zu den Schlusslichtern, am schlechtesten schneiden die Türkei und
       Mexiko ab.
       
       Das Missverhältnis zwischen Arbeitsmarkt-Entwicklung und Armutsdaten in den
       Industrieländern sei auffallend, betont die Analyse. Faktoren könnten ein
       Anstieg befristeter und (unfreiwilliger) Teilzeit-Jobs sein oder auch ein
       größerer Anteil von Beschäftigten im Niedriglohnsektor.
       
       ## Klimaschutz zu zaghaft
       
       Die Arbeitlosenquote aller 41 Länder lag 2018 im Durchschnitt bei 5,3
       Prozent. Damit fiel sie erstmals etwas geringer aus als vor Ausbruch der
       Finanzkrise im Jahr 2008. Den Spitzenplatz belege Tschechien mit einer
       Arbeitslosenquote von 2,3 Prozent. In Griechenland sei trotz erreichter
       Fortschritte noch jeder Fünfte ohne Job. Von Armut sind am häufigsten die
       Menschen in Israel (17,9 Prozent) und in den USA mit 17,8 Prozent
       betroffen.
       
       Sorgen bereitet den Studienautoren „die Kluft zwischen Jung und Alt“ in
       zahlreichen Staaten der Europäischen Union und der Organisation für
       wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. In 27 Staaten trifft
       Heranwachsende häufiger ein Armutsrisiko als Ältere. Noch dazu bleibe
       Altersarmut ein verbreitetes Problem.
       
       Die Klimapolitik sei zudem zu zaghaft, moniert die Studie. Auch Deutschland
       habe [3][keine Vorbildrolle] inne, komme 2018 bei der Nutzung erneuerbarer
       Energien trotz Ausbaus nur auf Rang 24. Bei den Treibhausgas-Emissionen
       hinke Deutschland mit elf Tonnen pro Kopf – und damit Rang 30 – ziemlich
       hinterher. In einigen Feldern wie dem Kampf gegen Armut und der
       Gerechtigkeit zwischen den Generationen müssten viele Staaten nachsitzen,
       mahnte Stiftungs-Vorstandschef Aart De Geus.
       
       5 Dec 2019
       
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