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       # taz.de -- Syriens Herrscherfamilie: Streit im Hause Assad
       
       > Bisher hielt der Clan um Syriens Diktator Baschar al-Assad zusammen. Doch
       > nun wird der milliardenschwere Cousin aus dem inneren Zirkel gedrängt.
       
   IMG Bild: Assads Cousin Machluf soll den lukrativen Konzern Syriatel abgeben – hier eine Filiale in Deraa
       
       KAIRO taz | Es ist ein Konflikt, der einen seltenen Einblick in die
       geheimnisumwobene Welt des inneren Kreises des syrischen Regimes gibt. Im
       Zentrum des Disputs steht Rami Machluf, der milliardenschwere Cousin
       [1][des syrischen Diktators Baschar al-Assad]. Sein Vermögen hat er durch
       seine Nähe zum Regime verdient und hat damit in den letzten Jahren dessen
       Kriegsmaschinerie geschmiert. Die USA und die EU haben Sanktionen gegen ihn
       verhängt.
       
       Doch nun ist Machluf bei Assad in Ungnade gefallen. Die syrischen Behörden
       haben das Guthaben des Milliardärs, seiner Frau und seiner Kinder
       beschlagnahmt, wie am Dienstag bekannt wurde. Außerdem wird er für fünf
       Jahre von allen staatlichen Verträgen ausgeschlossen. Machluf bezeichnete
       das in einem Facebook-Post als illegal.
       
       Zunächst wurde Machluf noch im Verborgenen unter Druck gesetzt, seinen
       Goldesel, den Besitz des größten syrischen Mobilfunkanbieters Syriatel
       aufzugeben. Machluf setzte sich auf ungewöhnliche Art zur Wehr: Er ging via
       Facebook mit Videobotschaften an die Öffentlichkeit, zuletzt am vergangenen
       Sonntag.
       
       Darin spricht der reichste Geschäftsmann Syriens mit sanfter, geradezu
       Bescheidenheit heuchelnder Stimme. „Meine Firma ist eine der
       erfolgreichsten Firmen in Syrien und vielleicht sogar der gesamten
       arabischen Welt. Es ist ein Sünde, diese zu ruinieren“, erklärt er.
       
       Schon vor Wochen haben die syrischen Sicherheitskräfte begonnen, einige
       seiner Manager zu verhaften. „Eure Methoden schüchtern die Angestellten
       ein, einige haben Angst, andere wollen nicht mehr zur Arbeit kommen“,
       beschwert er sich und warnt gleichzeitig: „Das ist eine Katastrophe für die
       gesamte syrische Wirtschaft.“
       
       Das hielt die Behörden aber nicht davon ab, Machlufs Vermögen zu
       beschlagnahmen. In einem Brief des Finanzministeriums hieß es, die
       Regierung wolle sich Garantien sichern, dass Machluf die Steuern bezahlt,
       die er dem Staat aus seinen Geschäften mit der syrischen Telekom schuldig
       sei – laut Behörden mehr als 230 Milliarden Syrische Pfund, umgerechnet
       etwa 120 Millionen Euro.
       
       ## Ende des Triumvirats
       
       In Syrien herrschte bisher eine Art Triumvirat aus dem Präsidenten Baschar
       al-Assad, dessen Cousin Machluf, der sich um die Finanzen kümmerte, und
       Assads Bruder Mahir al-Assad, der eine Eliteeinheit der Armee befehligt und
       selbst ein Geschäftskonglomerat sein Eigen nennt. In Medien und sozialen
       Netzwerken kursiert die Theorie, dass der Präsidenten-Bruder Mahir nun den
       Präsidenten-Cousin Rami Machluf aus dem inneren Zirkel hinausdrängen will.
       Dabei habe er offensichtlich die Zustimmung des Präsidenten selbst.
       
       Andere Stimmen behaupten, der Ausschluss Machlufs aus dem inneren
       Regimezirkel erfolge auf Wunsch des Kremls. Russlands Präsident
       [2][Wladimir Putin, ohne dessen militärische Unterstützung das
       Assad-Regime] die letzten Jahre nicht überlebt hätte, sehe die offene
       Korruption und Zurschaustellung von Machlufs Reichtum als eine zunehmende
       Belastung in einem Land, in dem laut UN-Angaben 80 Prozent der Bevölkerung
       unter der Armutsgrenze leben.
       
       In seiner Videobotschaft vom Sonntag erklärte Machluf, dass er zugestimmt
       habe, die noch ausstehenden Steuern zu bezahlen. In einem Brief erklärte
       er, dass seine Firma sofort bereit sei, die erste Rate zu bezahlen, gemäß
       der Liquidität seiner Firma. Seine Anteile an Syriatel wolle er aber nicht
       abgeben. „Wer auch immer glaubt, dass ich mich unter diesen Umstände
       zurückziehe, der kennt mich nicht“, hatte Machluf verkündet.
       
       21 May 2020
       
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       unschön.