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       # taz.de -- Tagebuch eines Haushälters: Kochen, baden, Zeit verdaddeln
       
       > Es ist schon länger her, dass sich unser Kolumnist, ohne Ablenkungen dem
       > Haushalt hingeben konnte. Liegt darin schon das wahre Glück?
       
   IMG Bild: Eine Epitome ist ein Auszug aus einem umfangreicheren Werk
       
       Am Samstag (!) begab sich meine Frau auf eine fünftägige (!) „Fortbildung“
       ans Mittelmeer (!). Ich schnappte mir ein Auto, lud die Kinder ein und fuhr
       zu Freunden aufs Land in die rational befreite Zone. Bei Grillgut und
       Kremmener Spargel ließ ich mich über die Lage in der um uns herum
       verzaubert blühenden Landschaft briefen. Im Landstädtchen sei nach den
       jüngsten Enthüllungen die Verhetzungskurve leicht abgeflacht, die
       Machtergreifung müsse eventuell doch noch tausend Jahre warten oder eben,
       [1][bis der Russe endlich zurückkommt.]
       
       Auf der Heimfahrt am Sonntag hielt ich auf zweifachen Wunsch bei
       [2][McDonald]’s. Die Eingeborenen standen vor, die Zugezogenen hinter dem
       Tresen. Nicht arbeiten müssen und auf andere herabsehen können – ist das
       das Glück? Oder ist vielleicht die Macht des faktischen Wohlstands am Ende
       doch der stärkste Menüpunkt des Antifaschismus, mümmelte ich in Gedanken,
       während ich den Kindern ein paar Nuggets klaute.
       
       Nachdem sie in ihren Einrichtungen abgesetzt waren, hatte ich dann am
       Montag tatsächlich Freigang. Ich erledigte Wäsche und allgemeine
       Aufräumarbeiten. Es war sehr schön, sich ohne äußere Verpflichtungen, wenn
       auch nur für ein paar Stunden, allein durch die Wohnung zu wurschteln, aber
       auch ungewohnt – [3][wann hatte ich das das letzte Mal gehabt], vor zwei
       Jahren?
       
       Als keine Lego-Steine oder Quietscheenten mehr auf dem Boden lagen, legte
       ich mich aufs Sofa, schnappte mir ein Buch und schlief sofort ein. Als ich
       mittags aufwachte, machte ich mir die übrig gebliebenen Nudeln vom Vorabend
       warm, die ich von den Tellern der Kinder zurück in die Pfanne gekratzt
       hatte. Dazu trank ich ein Glas Weißwein, denn tagsüber Alkohol zu trinken
       ist für mich der Inbegriff des Freihabens.
       
       ## Endlich entspannt Zeit für alles
       
       Mit einem Espresso danach war ich dann fit genug, um mich ernsthaft meiner
       Lektüre zu widmen, blieb aber gleich beim Wort „Epitomator“ hängen, das mir
       noch nie untergekommen war. Als Epitomator wird der Verfasser einer Epitome
       bezeichnet, belehrte mich mein Handy, wobei ich insgeheim erwartete, mein
       Buch würde sich bei mir beschweren wie mein zweijähriges Söhnchen: „Papa,
       Handy weg!“
       
       Eine Epitome, las ich weiter, ist eine Zusammenfassung eines
       umfangreicheren Werks. Damit ließ ich es gut sein, es war auch schon 15
       Uhr. Endlich war mal [4][entspannt Zeit], zur Kita aufzubrechen, mit dem
       Söhnchen zur Schule der Tochter zu fahren, sie zum Instrumentenunterricht
       zu bringen, die Wartezeit auf dem Spielplatz zu verdaddeln, heimzufahren,
       zu kochen, zu baden, zu wickeln, mit der Tochter die Entwicklungen der
       Freundinnengang zu analysieren und so weiter.
       
       Vielleicht, dachte ich, brauche ich für meine Lebensbeschreibung als
       Partner einer Führungskraft auch einen Epitomator. Das aber erinnerte mich
       an das Märchen, wo ein Junge von der bösen Fee eine Zauberdose mit Schnur
       geschenkt bekommt. Immer wenn ihm langweilig ist, zieht er an der Schnur,
       und die Zeit vergeht. Am Ende ist er sehr schnell ein alter Mann, bereut
       alles und bekommt von der guten Fee eine zweite Chance – ein Märchen eben.
       
       Am Mittwochabend kam meine Frau dann zurück. Die Kinder schliefen, alle
       waren halbwegs gesund, am nächsten Morgen war Feier- und Vatertag, und ich
       durfte zur Erwachsenenarbeit in die Redaktion. Das ist das Glück, dachte
       ich, und als die Zeitung gemacht war, schrieb ich meine Kolumne.
       
       12 May 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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