# taz.de -- Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst: Verdi legt nicht nur Flughäfen weitgehend lahm
> Vor der dritten Tarifrunde für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst
> des Bundes und der Kommunen weitet die Gewerkschaft ihre Warnstreiks aus.
IMG Bild: Eine Verdi-Kundgebung am Freitag in Dortmund: „Wir streiken bis das Blatt sich wendet“
Berlin taz | In der Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst erhöht
Verdi den Druck auf Bund und Kommunen. Vor der dritten Verhandlungsrunde,
die am Freitag in Potsdam beginnt, dehnt die Dienstleistungsgewerkschaft
ihre Warnstreiks deutlich aus. So wird an diesem Montag der Flugverkehr in
Deutschland weitgehend lahmgelegt. In Hamburg ist das sogar
[1][überraschend bereits seit Sonntagmorgen der Fall] – „damit die
Streikwirkung auch wirklich gespürt wird“, so ein Hamburger
Gewerkschaftssprecher.
Arbeitsniederlegungen gibt es am Montag auch unter anderem bei den
Stadtreinigungen von Berlin und Hamburg. In Düsseldorf fahren bis Dienstag
keine U-Bahnen oder Straßenbahnen und nur wenige Buslinien. Für Mittwoch
sind alle gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten des öffentlichen
Dienstes in Nordrhein-Westfalen zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen.
In anderen Bundesländern sind ebenfalls weitere Arbeitskampfmaßnahmen
geplant. Davon betroffen werden in dieser Woche auch die
Bundeswasserstraßen sein, sodass es dort zu Verzögerungen im Schiffsverkehr
kommen dürfte.
Damit reagiert die Gewerkschaft auf den aus ihrer Sicht „sehr
enttäuschenden Verhandlungsverlauf“. In den ersten beiden Runden Ende
Januar und Mitte Februar hatten Bund und Kommunen kein eigenes Angebot
vorgelegt. Seitdem [2][weitet Verdi den Protest aus]. „Die Arbeitgeber
mauern komplett“, kritisiert der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Bislang
habe es „keinerlei Annäherung und keinerlei positives Signal“ gegeben.
Gemeinsam mit dem Deutschen Beamtenbund fordert Verdi für die rund 2,5
Millionen Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes und der
Kommunen eine Lohnsteigerung um 8 Prozent. Mindestens aber soll es 350 Euro
mehr pro Monat für Entgelterhöhungen sowie höhere Zuschläge für besonders
belastende Tätigkeiten geben. Die Ausbildungsvergütungen und
Praktikumsentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Außerdem
fordern die Gewerkschaften drei zusätzliche freie Tage, für
Gewerkschaftsmitglieder sollen es sogar vier sein.
## Bislang kein Angebot der Arbeitgeberseite
Während Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die für den Bund
verhandelt, die Forderungen nur zurückhaltend als „sehr hoch“ bezeichnet
hat, hat die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sie als
„nicht tragbar“ und „geradezu realitätsfern“ zurückgewiesen. Nach ihren
Berechnungen summiert sich das Gewerkschaftspaket auf Mehrkosten von rund
15 Milliarden Euro.
„Klare Grenzen sind den Kommunen schon alleine durch die historische
Verschuldung von 158,8 Milliarden Euro und die chronische Unterfinanzierung
gesetzt“, sagt die Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD),
Präsidentin und Verhandlungsführerin der VKA. „Der Tarifabschluss darf
nicht zu weiteren Einschränkungen im kommunalen Leistungsangebot führen“,
mahnte sie.
Divergierende Auffassungen gibt es auch in der Frage zur Laufzeit des neuen
Tarifvertrags: Die Gewerkschaften wollen ihn für zwölf Monate abschließen,
die Arbeitgeber über drei Jahre. „In den drei Jahren wollen sie mehr oder
weniger nichts bezahlen“, ärgert sich Verdi-Chef Werneke. Und selbst dieses
„mehr oder weniger Nichts“ hätten sie bisher nicht quantifizieren können.
Sollte eine Einigung in der kommenden Verhandlungsrunde nicht gelingen,
kann jede Tarifpartei die Schlichtung anrufen. Erst wenn auch die scheitern
sollte, wären unbefristete flächendeckende Streiks möglich. Das ist
allerdings trotz aller verbalen Kraftmeierei unwahrscheinlich – das letzte
Mal [3][gab es das im Jahr 2006].
## Flughafenverband fordert Einschränkung des Streikrechts
Doch schon die gegenwärtigen Warnstreiks sorgen für gehörige Aufregung. Mit
Empörung hat die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) auf
[4][die angekündigten „Monsterstreiks“ an den Flughäfen]
Berlin-Brandenburg, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt am Main,
Hamburg, Hannover, Köln-Bonn, Karlsruhe, Leipzig-Halle, München, Stuttgart
und Weeze am Montag reagiert.
„Es ist unerlässlich, dass die Politik Maßnahmen ergreift, um Flughäfen und
andere kritische Infrastrukturen besser vor ausufernden Streiks zu
schützen“, forderte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel am Samstag.
Streikankündigungen in der „kritischen Infrastruktur“ sollten mit mehr
Vorlauf angekündigt werden müssen und erst nach einer gescheiterten
Schlichtung zulässig sein.
Verdi habe den Warnstreik bewusst frühzeitig angekündigt, damit sich
Reisende auf die Einschränkungen einstellen können, sagte demgegenüber die
stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. „Wir bedauern die
Unannehmlichkeiten, die dieser Streik für die Fluggäste mit sich bringt“,
so Behle. „Doch ohne den Druck durch Arbeitskampfmaßnahmen wird es keine
Bewegung in den Verhandlungen geben.“
9 Mar 2025
## LINKS
DIR [1] https://www.spiegel.de/wirtschaft/flughafen-hamburg-ver-di-zieht-streik-unangekuendigt-vor-airport-helmut-schmidt-lahmgelegt-a-3fb713c5-8d54-4f6a-96da-97d3d5e0d533
DIR [2] /Verdi-Warnstreiks-in-Kliniken-und-Pflege/!6073985
DIR [3] /!474891/
DIR [4] /Tarifstreit-im-oeffentlichen-Dienst/!6074132
## AUTOREN
DIR Pascal Beucker
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