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       # taz.de -- „Tatort“ aus Stuttgart: Eine Frage noch
       
       > Die Tat: wie immer. Die Perspektive: wie selten. „Der Mann, der lügt“ ist
       > ein Ausnahmefall für das Stuttgarter „Tatort“-Ermittlerteam.
       
   IMG Bild: Und das außerhalb der Kehrwoche: Jakob Gregorowicz (Manuel Rubey) räumt auf
       
       Stuttgart liegt im Sonnenschein. „Was für ein herrlicher Tag!“, freut sich
       Jakob Gregorowicz (Manuel Rubey) in Gegenwart von Gattin Katharina (Britta
       Hammelstein) und Tochter Jule (Livia Sophie Magin). Ein harmonisches
       Familienbild. Dabei wird es nicht bleiben.
       
       Am Arbeitsplatz warten zwei Kriminalbeamte, die Kommissare Lannert (Richy
       Müller) und Bootz (Felix Klare). In Gregorowicz’Bekanntenkreis hat es eine
       Gewalttat gegeben, sein Name stand im Terminplaner des Opfers. Ein Irrtum,
       meldet Gregorowicz. Der Vermögensberater Berger sei ihm nur vage bekannt,
       man habe seit Langem keinen Kontakt gehabt. Eine Lüge, die Gregorowicz in
       Schwierigkeiten bringen wird.
       
       Uwe Berger hat mehrere Menschen um ihr Geld gebracht. Nun wurde er
       ermordet, sein Sohn Linus ist verschwunden. Nicht spurlos, wie man so schön
       sagt; im Hause Berger finden sich Blutstropfen des Filius. Die Kripo zieht
       in Betracht, dass er entführt wurde.
       
       „Der Mann, der lügt“ ist ein Sonder-Fall für das Stuttgarter Ermittlerteam,
       angezettelt anlässlich ihres zehnjährigen Fernsehdienstjubiläums. Die
       Autoren Sönke Lars Neuwöhner und Martin Eigler, der auch Regie führte,
       ziehen das gewohnte Schema auf links: Die Zuschauerperspektive richtet sich
       ausnahmsweise nicht auf die Kommissare, sondern auf den Verdächtigen. Wir
       erleben, wie er ins Visier der Fahnder gerät, sie erst mit einer kleinen,
       dann mit einer größeren Lüge abschütteln möchte. Doch kaum glaubt er sich
       vom Haken, stehen die beiden wieder vor der Tür. Und hätten da noch eine
       Frage …
       
       Es ist ein größtenteils überzeugendes Konstrukt, das die Verfasser vor
       besondere Herausforderungen stellte. Die polizeiliche Routine gewährt dem
       Kriminalschriftsteller einen festen Rahmen, der den Handlungsentwurf
       erleichtert. Neuwöhner und Eigler verzichten freiwillig auf dieses Korsett,
       schaffen behutsam Empathie mit Gregorowicz, stellen ihn unter Verdacht,
       entlasten ihn, säen neues Misstrauen.
       
       So entsteht für dieses Mal wirkliche Spannung [1][beim „Tatort“], der damit
       an die Qualitäten britischer Krimidramen wie „Broadchurch“ oder „Five Days“
       anknüpft. Epische Serien, die nicht auf spektakuläre beziehungsweise
       spekulative Szenarien bauen, sondern mit präzisen, glaubwürdigen
       Charakterzeichnungen und einer ausgefeilten Psychologie zu fesseln
       vermögen. Handwerklich betrachtet eine respektablere Leistung, als
       holzgeschnitzte Serienhelden durch eine atemlose Handlung zu hetzen.
       
       4 Nov 2018
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Harald Keller
       
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