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       # taz.de -- Terror in Weißrussland: Festnahmen nach Anschlag
       
       > Die Bombe explodierte im Berufsverkehr in einer U-Bahn-Haltestelle und
       > riss 12 Menschen mit in den Tod. Staatspräsident Lukaschenko sieht
       > ausländische Kräfte am Werk.
       
   IMG Bild: Gedenken an die Opfer: Eine Frau zündet an der U-Bahn-Station Oktyabrskaya in Minsk eine Kerze an.
       
       BERLIN taz | Weißrussland steht unter Schock. "Man hat uns angegriffen.
       Niederträchtig, grausam, unmenschlich. Wir Weißrussen haben immer geglaubt,
       dass wir keine Feinde haben und es diese auch nicht geben könne. Wir haben
       uns geirrt," schrieb die regierungstreue Zeitung Belarus Segodnja
       (Weißrussland heute) am Dienstag.
       
       Am Vortag war gegen 17.55 Uhr Ortszeit in der U-Bahn-Station Oktjabrskaja,
       die sich in der Nähe der Residenz des Präsidenten befindet, eine Bombe
       explodiert. Bei der Detonation des vermutlich ferngezündeten, mit
       Metallteilen gespickten Sprengsatzes waren mindestens zwölf Menschen
       getötet und 126 zum Teil schwer verletzt worden.
       
       Am Dienstag meldeten die Behörden, die bereits am Montag von einem
       "Terrorakt" gesprochen hatten, in Zusammenhang mit dem Anschlag die
       Festnahme mehrerer Personen. Zu deren genauer Anzahl und ob die Betroffenen
       als Verdächtige eingestuft werden, sagte der stellvertretende
       Generalstaatsanwalt Andrej Schwed nichts. Er kündigte jedoch die baldige
       Veröffentlichung von Phantombildern weiterer, noch flüchtiger Verdächtiger
       an.
       
       Weißrusslands autoritärer Staatspräsident Alexander Lukaschenko hatte schon
       unmittelbar nach dem Anschlag diesen als "mögliches Geschenk aus dem
       Ausland" bezeichnet. Möglicherweise gebe es eine Verbindung zu einem
       Bombenanschlag am Tag der Unabhängigkeit im Juli 2008 in Minsk. Dabei waren
       50 Personen verletzt worden. Lukaschenko forderte den Geheimdienst KGB auf,
       das Land bei der Suche nach den Tätern "auf den Kopf zu stellen".
       
       Der Oppositionspolitiker und Kandidat bei den Präsidentenwahlen 2006,
       Alexander Milinkewitsch, wies jegliche Verstrickungen der weißrussischen
       Opposition in das Attentat zurück. Er befürchte, dass der jüngste Vorfall
       der Regierung in Minsk als Vorwand dienen könne, um Repressionen gegen
       Kritiker des Regimes zu verschärfen, sagte Milinkewitsch weiter.
       
       Diese Befürchtungen sind nicht unbegündet. Seit seiner gefälschten
       Wiederwahl am 19. Dezember 2010 lässt Lukaschenko regelrecht Jagd auf seine
       Kritiker machen. Proteste am Wahltag gegen das Ergebnis hatte er brutal
       niederschlagen und über 600 Personen festnehmen lassen. Knapp 30 sitzen
       immer noch in Haft, einige wurden wegen Aufwiegelung zu Massenunruhen zu
       mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Fast täglich finden Hausdurchungen bei
       Regierungsgegnern und den letzten noch verblieben unabhängigen Medien
       statt, bei denen meist sämtliche Materialien beschlagnahmt werden. Einige
       Oppositionelle sind ins Ausland geflohen und haben dort politisches Asyl
       erhalten. Aber nicht nur die politische Situation ist angespannt.
       Weißrussland ist vollständig vom russischen Vorzugspreise für Öl- und
       Gasimporte abhängig. Im Februar 2011 musste die Minsker Führung bei anderen
       Ex-Sowjetrepubliken um einen Kredit in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar
       nachsuchen, um einen Staatsbankrott abzuwenden.
       
       12 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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