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       # taz.de -- Thüringen entschädigt Opfer des NSU: Eine „politische Verantwortung“
       
       > 1,5 Millionen Euro will Thüringen an die NSU-Opfer zahlen.
       > Ministerpräsident Ramelow spricht von Mitverantwortung seines Landes für
       > die Verbrechen.
       
   IMG Bild: Thüringens Polizei und Verfassungsschutz hatten den rechtsextremistischen Hintergrund der Terrorserie nicht erkannt
       
       BERLIN taz | Eine Mitverantwortung seines Landes für die NSU-Terrorserie
       sei unstrittig, sagt Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).
       „Aus Thüringen ist das Netzwerk aufgebrochen zu seinen späteren Mordtaten.
       Und der Thüringer Verfassungsschutz war nicht unbeteiligt, dass die Täter
       viel zu lange ihr Werk treiben konnten.“ Deshalb sei es folgerichtig, die
       Opfer des NSU zu entschädigen.
       
       Am Mittwochnachmittag hatte die rot-rot-grüne Regierung Thüringens
       beschlossen, einen Entschädigungsfonds mit 1,5 Millionen Euro für die Opfer
       der rechtsextremistischen Terrorzelle einzurichten. Man wolle sich nicht
       freikaufen, sagt Ramelow der taz. „Aber wir wollen uns unserem Teil der
       Verantwortung stellen. Zu lange wurde weggeguckt. Zu lange mussten die
       Opfer unter falschen Verdächtigungen leiden.“
       
       Bereits Ende September hatte der Landtag die Einrichtung eines Opferfonds
       für die NSU-Hinterbliebenen beschlossen – gegen die Stimmen von CDU und
       AfD. Die CDU erklärte damals, man wolle Gerichten nicht vorgreifen, ob der
       Staat eine Mitschuld am NSU-Terror trage. Auch betreffe das Thema nicht nur
       Thüringen. Ramelow betont dagegen eine „politische Verantwortung“, die sein
       Land auch heute schon übernehmen könne und müsse. Auch Grüne und SPD hatten
       auf das „massive Versagen“ der Sicherheitsbehörden bei der NSU-Terrorserie
       verwiesen. Eine Entschädigung der Opfer sei „eine logische Konsequenz“.
       
       Im thüringischen Jena hatte sich das NSU-Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos
       und Uwe Böhnhardt radikalisiert und war dort 1998 untergetaucht. Erst 2011
       flog die Gruppe auf – nach zehn Morden, drei Anschlägen und 15
       Raubüberfällen. Polizei und Verfassungsschutz hatten weder den
       rechtsextremistischen Hintergrund der Terrorserie erkannt, noch das Trio
       aufgespürt.
       
       ## Gedenken und Mahnung
       
       Gleichzeitig mit dem Opferfonds einigte sich die Thüringer Landesregierung
       auf 350.000 Euro für eine Mahnstätte zur Erinnerung an die NSU-Verbrechen.
       Wo diese eingerichtet wird, ist noch offen. Bei der Stätte gehe es um ein
       Gedenken an die Opfer, aber auch an die Mahnung, „dass Rassismus töten
       kann“, so Ramelow.
       
       Mehrere Anwälte von NSU-Opferfamilien hatten den Thüringer Entschluss
       begrüßt. Das „Verantwortung übernehmende Verhalten setzt sich deutlich
       positiv ab vom Umgang anderer Bundesländer“, schrieben sie in einer
       Erklärung.
       
       30 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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   DIR Carsten S.
       
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