URI: 
       # taz.de -- Tiktok-Trend „Skinny Girl Mindset“: Die Skinny Girls rufen zum nächsten Schlankheitswahn
       
       > Schon wieder soll man dünn sein, diesmal angeblich ohne Essverbote und
       > dank der richtigen Lebenseinstellung. Manche feiern das als Empowerment.
       
   IMG Bild: Gääähn: Schon wieder soll frau dünn sein, denn Dünnsein ist jetzt eine Sache des Wollens
       
       Kaum erholt sich die Millennial-Generation von jahrzehntelanger Diätkultur
       und Lowrise-Jeans-Traumata, klopft der Dünnheitswahn wieder an. Allerdings
       ohne Weight Watchers und Kalorientabelle. Heute heißt es: „Wenn du ein
       Skinny Girl sein willst, dann denke wie ein Skinny Girl.“ Unsere
       Lebenseinstellung macht uns also schlank und rank. Zumindest, wenn man den
       Dünnen, den Skinny Girls, auf [1][Tiktok] glaubt.
       
       Das „Skinny Girl Mindset“ oder auch „Skinny Tok“ ist ein Trend, bei dem
       vornehmlich junge Frauen von ihrer Reise zum Idealkörper erzählen. Oder bei
       dem die, die es bereits geschafft haben, Tipps und Routinen teilen.
       Essenziell ist dabei eine neue Mentalität: Keine großen Verbote mehr rund
       ums Essen.
       
       Es soll reichen, überschaubare Portionen zu essen, und ein Stück Sahnetorte
       kann man auch gut teilen. Wichtig sei, emotionales Essen, sei es aus Frust
       oder sozialer Laune, zu überwinden und eine gesunde Beziehung zum Essen zu
       entwickeln. Sport ist optional möglich – vor allem Laufbänder fürs
       Eigenheim boomen –, dennoch: Das Skinny Girl Mindset verkauft Schlankheit
       nicht als Ergebnis von Sport oder Ernährung, sondern als Lebenseinstellung.
       
       Dünnsein ist eine Frage des Wollens. Und wer es wirklich will, lässt sich
       auf Tiktok anfeuern: „Belohn dich nicht mit Essen, du bist kein Hund. Dein
       Highlight des Tages kann nicht Essen sein, such dir ein Leben!“ Sie nennen
       es Empowerment.
       
       ## Warnung vor Essstörungen
       
       Kritiker*innen warnen vor [2][einer neuen Generation Essgestörter].
       Mögliche Folgen unrealistischer Schönheitsideale und Körpervergleiche sind
       ja bekannt. Befürworter*innen des Trends, auch solche, die nach
       eigener Aussage selbst mit [3][Magersucht oder Bulimie] zu kämpfen hatten,
       finden den Content, der aktuell die Feeds unzähliger junger Frauen flutet,
       unproblematisch.
       
       Abnehmen führe nicht automatisch in ein suchtgestörtes Verhalten. Dafür
       brauche es psychologische und emotionale Ursachen, erklären sie. Sich nicht
       grundlos den Wanst vollzuschlagen, sei nicht toxisch, sondern gesund.
       Außerdem [4][sterben statistisch mehr Menschen an Übergewicht] und den
       Folgen von übermäßigem Zuckerkonsum als an Mangelernährung. Und überhaupt:
       „Mein Körper, meine Entscheidung“, so der finale Punkt der
       Argumentationskette.
       
       ## Gesellschaft hasst dicke Körper
       
       Den Wunsch, dünn sein zu wollen, stellt aber eigentlich niemand ernsthaft
       in Frage: Es ist, wenngleich nicht für alle erstrebenswert, für alle
       nachvollziehbar. Die Gesellschaft hasst dicke Körper, besonders die der
       Frauen. Body Positivity war auch nichts anderes als ein schnelllebiger
       Trend.
       
       Einen strukturellen Wandel hat es in Bezug auf Körperbilder und
       Inklusivität nie gegeben. Die Rückkehr zum Schlankheitswahn fällt leicht.
       Besonders, wenn die Laufstegmode wieder mit Size Zero liebäugelt und
       [5][Abnehmspritzen bereits Normalität geworden sind]. Eine Sache scheint
       die neue Abnehmwelle von den bisherigen allerdings zu unterscheiden. Viele
       Skinny Girls beziehen sich immer wieder auf die Zeit während und nach der
       Pandemie, die nicht nur emotionale Spuren hinterlassen, sondern auch ihren
       Körper verändert hat.
       
       Routinen, vor allem beim Essen, geben ihnen ein Gefühl der Sicherheit,
       Stabilität und Kontrolle über das eigene Leben. Wie problematisch der Trend
       wirklich ist, wissen wir spätestens diesen Sommer, wenn die
       Skinny-Girl-Armee zeigt, was sie erreicht hat.
       
       18 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /TikTok/!t5647139
   DIR [2] /Psychologin-ueber-Essstoerungen/!5751281
   DIR [3] /Magersucht-und-Bulimie-im-Spitzensport/!5916184
   DIR [4] /Gesundheit-und-Gewicht/!5985093
   DIR [5] /Medikamente-zum-Abnehmen/!5990832
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Giorgia Grimaldi
       
       ## TAGS
       
   DIR TikTok
   DIR Körper
   DIR Magersucht
   DIR Essstörungen
   DIR Social-Auswahl
   DIR Essstörungen
   DIR Feminismus
   DIR Körper
   DIR wochentaz
   DIR TikTok
   DIR Psychische Erkrankungen
   DIR TikTok
   DIR Fett
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Magersucht: Entweder ich esse, oder ich lande in der Klinik
       
       2023 kamen doppelt so viele Mädchen und junge Frauen wegen Essstörungen ins
       Krankenhaus wie noch 2003. Auch die Autorin stand kurz davor.
       
   DIR Patriarchale Schönheitsbilder: Unsere Bäuche gehen Euch nichts an!
       
       Bei Männern gilt etwas Bauch als normal. Frauen unterstellt man hingegen
       oft, sie hätten sich nicht im Griff oder seien schwanger. Nicht normal.
       
   DIR Muscle Gap: Der Bizeps gehört dem Patriarchat
       
       Das Maßregeln weiblicher Muskeln dient dem patriarchalen Machterhalt. Denn
       eine schwache Frau lässt sich besser kontrollieren.
       
   DIR Social Media: Warum TikTok nicht weiß, ob du ADHS hast
       
       Gerade junge Menschen informieren sich gerne auf TikTok über
       Gesundheitsthemen. Eine Studie zeigt, wie sehr das in die Irre führen kann.
       
   DIR Mehr Kontrolle für Eltern bei Tiktok: „Schritt in die richtige Richtung“
       
       Tiktok gibt Eltern mehr Einfluss auf das Verhalten der Kinder. Expertin
       Deborah Woldemichael findet das gut, aber wichtiger sei Medienkompetenz.
       
   DIR ZDFneo-Serie „Hungry“: Die Angst vor der Pizza
       
       Die ZDFneo-Serie „Hungry“ handelt von Jugendlichen mit psychischen
       Erkrankungen. Sie erzählt einfühlsam von Magersucht, ohne zu beschönigen.
       
   DIR Abnehmen mit Diabetes-Medikament: Spritze statt Sport
       
       Um Semaglutid gibt es einen Hype. Der Wirkstoff senkt den Blutzucker bei
       Diabetes – und hilft beim Abnehmen. Doch Medikamente mit ihm bergen
       Risiken.
       
   DIR Ernährung und Gesundheit: Freispruch für fettes Essen
       
       Nun ist es fast schon amtlich: Fette Nahrung ist bei Weitem nicht so
       gesundheitsschädigend, wie es lange Zeit propagiert wurde.