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       # taz.de -- Tödlicher Konflikt in Berg-Karabach: Kriegsgefahr im Kaukasus
       
       > Gefechte zwischen Armenien und Aserbaidschan erschüttern Berg-Karabach.
       > Beide Seiten mobilisieren Soldaten.
       
   IMG Bild: In Jerewan versammeln sich Freiwillige: Sie wollen für Armenien in Berg-Karabach kämpfen
       
       Berlin taz | Der Konflikt in Berg-Karabach im Südkaukasus ist am Sonntag
       eskaliert wie selten zuvor. Nach armenischen Angaben startete
       Aserbaidschans Militär am Morgen Bombenangriffe auf die Region, um die sich
       die beiden Länder streiten, und griff dabei auch Ziele in Berg-Karabachs
       Hauptstadt Stepanakert an. Bewohner*innen von Berg-Karabach berichten der
       taz, dass die aserbaidschanischen Streitkräfte auch zivile Ziele wie
       Wohnhäuser und Schulgebäude angegriffen hätten, und sprechen von Hunderten
       Toten.
       
       Beide [1][Seiten beschuldigen sich gegenseitig], für die Eskalation
       verantwortlich zu sein. „Aserbaidschan bombardiert gezielt die armenische
       Zivilbevölkerung“, sagt der Ombudsmann für Menschenrechte in Berg-Karabach,
       Artak Beglaryan. Aserbaidschan widersprach den Angaben und erklärte
       seinerseits, es habe auf einen armenischen Angriff reagiert.
       
       Armenien schoss nach eigenen Angaben mehrere Hubschrauber und Drohnen ab.
       Aserbaidschans Regierungschef verkündete, die aserbaidschanische Armee habe
       sechs Dörfer eingenommen. Behörden in Berg-Karabach streiten das jedoch ab.
       Das Internationale Rote Kreuz mahnte am Sonntagnachmittag beide Seiten zum
       Schutz der Zivilbevölkerung.
       
       Der [2][Territorialkonflikt] um das mehrheitlich von Armenier*innen
       bewohnte Gebiet Berg-Karabach, das zu Sowjetzeiten Aserbaidschan
       zugeschlagen worden war, schwelt seit über 30 Jahren. Ein Krieg Anfang der
       1990er Jahre, in dem schätzungsweise zwischen 25.000 und 50.000 Menschen
       getötet und über 1,1 Millionen vertrieben wurden, mündete 1994 in einen
       brüchigen Waffenstillstand.
       
       Seitdem kontrolliert Armenien das Gebiet sowie die Teile Aserbaidschans
       zwischen Berg-Karabach und Armenien selbst. Immer wieder kam es zu Kämpfen,
       [3][zuletzt im Juli dieses Jahres]. Die Zone um die Enklave ist bis heute
       auf beiden Seiten hoch militarisiert.
       
       ## Interessen von Russland und Türkei
       
       Russland, das mit Armenien in einem Militärbündnis ist und dort eine
       Militärbasis unterhält, hat beide Seiten zum Waffenstillstand aufgefordert.
       Der russische Außenminister Sergei Lawrow führe Gespräche, um die
       Konfliktparteien zur Einstellung des Feuers zu bewegen, teilte die Behörde
       in Moskau mit. Russland liefert Waffen an beide Seiten.
       
       Die Türkei sicherte Aserbaidschan seine volle Unterstützung zu. Der
       türkische Verteidigungsminister warf Armenien vor, mit seiner „Aggression“
       Frieden und Stabilität im Kaukasus zu bedrohen. Allerdings hatte sich die
       erneute Eskalation auch durch türkisches Zutun angekündigt: Laut mehreren
       Berichten wurden zuletzt Hunderte türkische Kämpfer von Libyen und Syrien
       nach Aserbaidschan verlegt.
       
       Der EU-Ratschef forderte auf Twitter, dringend zu Verhandlungen
       zurückzukehren und sämtliche militärische Handlungen ruhen zu lassen. Doch
       Armenien rief den Kriegszustand aus und kündigte eine Generalmobilmachung
       des ganzen Landes an. In Aserbaidschan sollte in einigen Landesteilen ab
       Mitternacht Ortszeit der Kriegszustand mit Ausgangssperren gelten.
       
       ## Soldaten in Panzern marschieren auf
       
       Alle einsatzfähigen Bewohner Armeniens ab einem Alter von 18 Jahren sollten
       sich bereitmachen. In den sozialen Medien kursierten Videos, in denen
       Panzer und Soldaten aufmarschieren. Auch Aserbaidschan mobilisiert.
       
       Am Platz der Republik in der armenischen Hauptstadt Jerewan versammelten
       sich am Sonntag Männergruppen, viele davon Veteranen des Krieges in
       Berg-Karabach in den 1990ern, wie Augenzeugen der taz berichteten. Sie
       hielten Nationalflaggen hoch und spielten Volksmusik. „Wir müssen den Feind
       in die Knie zwingen“, ruft einer von ihnen. „Wir beten für unseren
       Frieden“, sagt ein anderer.
       
       Währenddessen hat das aserbaidschanische Ministerium für Verkehr und
       Kommunikation den Internetzugang im Land beschränkt sowie soziale Netzwerke
       wie Facebook, Youtube und WhatsApp für Nutzer*innen gesperrt. Nur Twitter
       funktioniert nach wie vor, da es für Propaganda im Ausland genutzt werden
       kann.
       
       27 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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