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       # taz.de -- Trainerwechsel bei Borussia Dortmund: Warten auf den Erlöser
       
       > Vor dem Spiel gegen Sevilla ängstigen Borussia Dortmund die eigenen
       > Schwächephasen. Coach Marco Rose soll es ab Sommer dann richten.
       
   IMG Bild: In gutem Kontakt: Marco Reus und Marco Rose (r.) nach einer Partie zwischen Dortmund und Gladbach
       
       Borussia Dortmund ist ein wenig geschrumpft in den vergangenen Wochen. In
       der Bundesliga hechelt der Klub [1][den eigenen Champions-League-Ambitionen
       hinterher,] im Pokal erreichten sie gegen den SC Paderborn nur dank kaum
       bekannter Regeldetails das Viertelfinale, und im Achtelfinale der Champions
       League gegen den FC Sevilla galten sie nach der Auslosung zunächst als
       Favorit, nun sagt Trainer Edin Terzic: „Wenn man die aktuelle Form
       vergleicht, ist Sevilla natürlich deutlich im Vorteil.“
       
       Für das angeschlagene Selbstverständnis der Dortmunder hatten die
       Nachrichten, die am Montag in Mönchengladbach verbreitet wurden, daher eine
       heilende Kraft. Der dortige Erfolgstrainer Marco Rose, der seinen Verein
       dank einer Ausstiegsklausel nach der Saison für eine Ablöse von fünf
       Millionen Euro verlassen darf, hat sich entschieden, das Angebot des BVB
       anzunehmen und sein spannendes Projekt am Niederrhein zu beenden.
       
       In Mönchengladbach wird nun getrauert, während sie sich beim BVB freuen
       dürfen. Obgleich der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Coups den
       Dortmundern eher nicht gepasst hat. Sehr reserviert bestätigte der Klub
       eine „entsprechende Zusage“ Roses, die zu solchen Anlässen üblichen Zitate
       der Klubführung fehlten jedoch in dem kurzen Statement. „Der Fokus des BVB
       ist voll auf die aktuelle Saison und das Erreichen der sportlichen Ziele
       (…) gerichtet“, verkündete der Klub. „Aus Respekt vor allen beteiligten
       Parteien wird sich Borussia Dortmund nach dem heutigen Tage erst im
       Anschluss an die Spielzeit 2020/2021 wieder zur sportlichen Zukunft unter
       der Leitung von Marco Rose äußern.“
       
       Rose ist der Wunschtrainer, der eine lange Suche beenden soll. Auch wenn
       niemand etwas dafür kann, werden ja alle Trainer hier an Jürgen Klopp
       gemessen. Thomas Tuchel konnte diesem Vergleich noch am ehesten
       standhalten, scheiterte aber an inneren Zerwürfnissen. [2][Peter Bosz
       agierte zu radikal] in der Umsetzung seiner Spielphilosophie und zu wenig
       einfühlsam gegenüber den Spielern, und Lucien Favre favorisierte einen
       elaborierten Stil, der nie zu diesem wilden Klub passen wollte. Rose ist
       nun ein Typ, der theoretisch alles hat, was ein Dortmunder Trainer braucht:
       Humor, die Fähigkeit zur mitreißenden Ansprache, Empathie und eine Vorliebe
       für einen intensiven Fußball.
       
       ## Schwere Aufgabe für Terzic
       
       Die Saison des Interimstrainers Edin Terzic wird diese Wendung aber eher
       nicht erleichtern. Der vormalige Assistent Favres wird künftig noch ein
       wenig blasser wirken als ohnehin schon. Terzic ist unglaublich freundlich,
       offen und zuvorkommend, doch seine Arbeit sieht konventionell aus,
       erwartbar und ist vor allen Dingen nicht erfolgreich genug.
       
       Mit seinen 38 Jahren ist er eben ein sehr junger Trainer, der am Montag
       erzählte, dass er sich derzeit oft mit Matthias Sammer austauscht, der
       eigentlich die Klubführung berät. „Es wäre ja auch albern von mir, wenn ich
       in meiner Position, mit meinem Hintergrund, in meinem Alter, wenn ich nicht
       versuche, Hilfe oder Ratschläge einzuholen“, sagte er. Nun ist klar, dass
       er das zur eigenen Fortbildung tut und als Beitrag zum Fundament für die
       künftige Arbeit Roses.
       
       Der neue Cheftrainer wünscht sich schließlich, an der Champions League
       teilnehmen zu können, weil andernfalls spürbare Einsparungen am Dortmunder
       Kader nötig sein werden. Und weil der Klub ohne den Wettbewerb für
       Fußballer, die jetzt da sind oder künftig kommen sollen, an Attraktivität
       verlieren würde.
       
       Terzic arbeitet derweil an einem Stilwechsel, der ebenfalls als Vorarbeit
       für die Rose-Jahre betrachtet werden kann: Der BVB soll aktiver,
       aggressiver und intensiver spielen, in Ansätzen ist das bereits sichtbar.
       „Wir verlangen nichts, was wir nicht schon gesehen haben“, sagte Terzic vor
       der Abreise nach Sevilla, in einigen Phasen der Partien in Leverkusen oder
       Mönchengladbach spielte die Mannschaft hinreißend. Doch es gibt diese
       dunkle Seite dieses Teams: Spielabschnitte voller Unkonzentriertheiten und
       individueller Fehler. Niemand versteht, warum, sie scheinen sich selbst ein
       Rätsel zu sein. Im Sommer kommt nun einer, dem zuzutrauen ist, dass er das
       Mysterium entschlüsselt.
       
       17 Feb 2021
       
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