# taz.de -- Türkei droht mit Geflüchteten aus Syrien: EU-Außenstaaten machen dicht
> Griechenland und Bulgarien schotten sich ab. Die EU hält am
> Flüchtlingspakt mit der Türkei fest – auch wegen der Lage auf Lesbos.
IMG Bild: Geflüchtete am Freitag an der griechisch-türkischen Grenze bei Pazurkule
Brüssel taz | Die EU bereitet sich auf einen möglichen Bruch des
umstrittenen Flüchtlingspakts mit der Türkei vor. Die EU-Kommission in
Brüssel appellierte am Freitag an die Regierung in Ankara, den 2016 von
Kanzlerin Angela Merkel ausgehandelten Deal – der in Wahrheit kein
rechtlich bindendes Abkommen, sondern nur eine Erklärung ist – weiter
einzuhalten. Derweil schlossen die EU-Staaten Bulgarien und Griechenland
ihre Landgrenzen zur Türkei.
„Wir erwarten, dass sich die Türkei weiter an das Abkommen hält“, sagte ein
Sprecher der Brüsseler Behörde. Bisher lägen keine offiziellen Erklärungen
aus Ankara vor, die auf eine neue Flüchtlingspolitik schließen ließen, hieß
es. Die EU-Kommission verfolge die Entwicklung aber „sehr genau“. Wenn
nötig, werde man angemessene Maßnahmen ergreifen. Details nannte der
Sprecher nicht.
Der türkische Präsident Erdoğan hat bereits mehrfach [1][mit einem Bruch
des Flüchtlingspakts gedroht], der die Weiterreise von Migranten aus der
Türkei nach Europa verhindern soll. Vor dem Hintergrund der militärischen
[2][Eskalation im syrischen Idlib], wegen der [3][Hunderttausende auf der
Flucht] sind, hatte die türkische Regierung ihre Drohungen zuletzt
verschärft.
## Hunderte sind unterwegs in Richtung EU
Die Türkei werde ihre Grenzen für Flüchtlinge, „die nach Europa wollen“,
nicht länger schließen, sagte ein türkischer Regierungsvertreter. Laut
türkischen Meldungen machten sich am Freitag Hunderte Flüchtlinge auf den
Weg in Richtung EU. Etwa 300 Migranten erreichten demnach am Morgen Edirne
an der Grenze zu Griechenland.
Die EU-Kommission wollte diese Berichte nicht bestätigen. Man müsse
zunächst die Lage analysieren, hieß es in Brüssel. Griechenland und
Bulgarien reagierten schneller. So schloss Griechenland den Grenzübergang
zur Türkei bei Kastanies und Pazarkule im Norden.
Reporter vor Ort berichteten, auf der griechischen Seite habe die Regierung
zahlreiche Polizisten und Grenzschutzbeamte sowie Soldaten zusammengezogen.
Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hatte zuvor mit
Kanzlerin Merkel telefoniert und das weitere Vorgehen abgestimmt, wie es
hieß. Einzelheiten wurden nicht bekannt.
Auch Bulgarien macht die Schotten dicht und rüstet verbal auf:
Verteidigungsminister Krassimir Karakatschanow teilte mit, sein Land sei
bereit, bis zu 1.000 Soldaten und militärische Ausrüstung an die Grenze zu
verlegen.
In Brüssel setzt man derweil auf Appeasement – denn auf eine neue
Fluchtbewegung wie 2015/16 ist die EU nicht vorbereitet. Sie hat es bisher
nicht einmal geschafft, [4][die Krise in den Flüchtlingslagern auf Lesbos]
und anderen griechischen Inseln zu lösen. Auch deshalb ist sie nun
erpressbar.
28 Feb 2020
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## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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