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       # taz.de -- US-Sanktionen gegen die Türkei: Dollar versus Allah
       
       > Präsident Trump hat die Strafzölle gegen die Türkei verdoppelt. Die
       > türkische Lira befindet sich im freien Fall. Streitgrund ist ein
       > inhaftierter Pastor.
       
   IMG Bild: Ob sie sich je wieder die Hand reichen?
       
       Die seit langem schwächelnde türkische Währung erlebte am Freitagmorgen
       einen drastischen Kursabsturz. Binnen einer Stunde verlor die Lira 13,5
       Prozent auf den Dollar und den Euro. Zeitweise ist sie sogar um mehr als 18
       Prozent gefallen. Die Lira hat bereits allein in diesem Jahr zwei Drittel
       ihres Werts verloren. Aktueller Anlass ist der Streit zwischen der
       US-Regierung und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Die
       [1][US-Regierung verlangt die Freilassung eines evangelikalen Pastors], der
       eineinhalb Jahre in U-Haft saß und nun unter Hausarrest steht.
       
       Der Streit konnte auch bei einem Besuch einer türkischen Delegation in
       Washington nicht beigelegt werden. Am Freitag legte Trump noch mal nach –
       und verdoppelte die bereits bestehenden Strafzölle auf Stahl und Aluminium.
       Er erwarte, dass die Lira nun „schnell gegenüber unserem sehr starken
       Dollar abrutscht!“, twitterte Trump. Und fügte hinzu: „Unsere Beziehungen
       zur Türkei sind derzeit nicht gut!“
       
       Die [2][US-Sanktionen] sind nicht der alleinige Grund für den
       Währungsverfall. Seit [3][Erdoğan im Juni als Präsident wiedergewählt
       wurde] und mit absoluten exekutiven Vollmachten regiert, steht die für
       Anleger wichtige Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank infrage.
       Tatsächlich hatte die Zentralbank zuletzt den Leitzins nicht angehoben:
       Vermutlich, weil Erdoğan ein Gegner hoher Zinsen ist. International
       kritisiert wurde auch, dass Erdoğan seinen Schwiegersohn Berat Albayrak
       zum Finanzminister ernannte und Finanzexperten aus dem Kabinett entließ.
       
       ## Erdoğan sagt, „nationale Anstrengung“ sei nötig
       
       Noch am Donnerstag hatte Erdoğan in Rize am Schwarzen Meer seine Anhänger
       beruhigt. Sie sollten sich keine Sorgen machen, das internationale Komplott
       gegen die Türkei werde keine Wirkung zeigen. Dann sagte er: „Die USA haben
       ihren Dollar, aber wir haben unseren Gott.“ Offenbar ein Auslöser dafür,
       dass viele Anleger am Freitagmorgen versuchten, türkische Aktien und
       Wertpapiere zu verkaufen.
       
       Wenn Erdoğan nicht einlenkt und die Zentralbank die Lira nicht mit
       Zinserhöhungen stützt, könnte der Währungsverfall auch in der türkischen
       Realwirtschaft dramatische Folgen haben: Viele große Unternehmen sind in
       Dollar verschuldet, verdienen aber Lira und müssen nun immer mehr Geld
       aufwenden, um ihre Schulden zu bedienen. Am Freitag rief Erdoğan die
       Bevölkerung erneut auf, Euro, Dollar und Gold in die Landeswährung zu
       tauschen. Eine „nationale Anstrengung“ sei nötig, aber „wir werden diesen
       Wirtschaftskrieg nicht verlieren“.
       
       Auch die türkischen Banken geraten in den Abwärtsstrudel. Analysten gehen
       davon aus, dass die Rücklagen etlicher Institute aufgebraucht sein könnten,
       wenn der Dollar mehr als 7 Lira kostet. Er lag am Freitagnachmittag bei
       6,23 Lira. Laut Financial Times prüft die EZB bereits, welche europäische
       Banken von Pleiten türkischer Institute betroffen sein könnten. Die am
       stärksten in der Türkei engagierten Banken aus der EU sind die spanische
       BBVA Bank, die französische BNP Paribas und die italienische Unicredit
       Bank.
       
       10 Aug 2018
       
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