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       # taz.de -- US-Schwimmer mit großen Olympiazielen: Der sympathische Mr. Phelps
       
       > Schluss mit lustig. Michael Phelps will in London Rekordolympiasieger
       > werden. Und doch könnte der Schwimmer ein Verlierer der Spiele werden.
       
   IMG Bild: Mund auf, Augen zu: Michael Phelps schwimmt 200 Meter Schmetterling
       
       LONDON taz | Bei Britta Steffen hat der neue Michael Phelps schon mal einen
       Stein im Brett. An die WM 2011 in Schanghai erinnert sich die aus China
       geflüchtete Doppel-Olympiasiegerin zwar nur sehr ungern, die Begegnungen
       mit Phelps bei den Dopingkontrollen aber waren zumindest kleine
       Lichtblicke.
       
       „Da saß er nicht mehr so abgeschottet da wie bei den Spielen in Peking,
       sondern hat auch mal mit den anderen gesprochen. Oder freundlich gegrüßt“,
       erinnert sich Steffen. „Mir ist er sympathischer geworden. Bodenständiger,
       nicht mehr so abgedriftet.“
       
       Die abgelegte Verbissenheit hat viel mit der Zeit nach 2008 zu tun. Der
       Super-Olympionike brauchte sehr viel Anlauf, um sich nach seinem
       Achter-Pack Gold in Peking noch mal für das Fünf-Ringe-Spektakel zu
       motivieren. „Drei Jahre lang“, sagt Phelps, „habe ich nicht viel gemacht.“
       Zumindest nicht im Chlorwasser. Jenseits seines Heim-Pools in Baltimore
       genoss er das Leben auf College-Partys und bei Strandurlauben.
       
       Michael Fred Phelps steigt zu Hause in Baltimore nicht etwa nachts heimlich
       ins Wasser und zieht seine Bahnen. Sondern legt zu Hause im Bett eine
       mentale Trainingseinheit ein. Abend für Abend visualisiert er vor dem
       Schlafengehen jeden seiner Schwimmzüge, stellt sie sich in Echtzeit vor –
       um das perfekte Rennen zu erspüren. Und tagsüber streift er sich im Becken
       dann schon mal seine Schwimmbrille über, deren Gläser er mit einem
       schwarzen Filzmarker angemalt hat.
       
       Wenden muss Phelps dann nicht nach Augenmaß, sondern nach Intuition
       vornehmen. „Klar, das ist verrückt. Aber wir wollen buchstäblich auf alles
       vorbereitet sein, was uns über den Weg laufen kann.“ Wir – das sind Michael
       Phelps und sein langjähriger Coach Bob Bowman.
       
       ## „Wir waren in der Lage, Witze zu machen"
       
       Bowman ist ein Schlitzohr, der mit harten Methoden seinem Edel-Eleven mit
       jedem Olympia-Gold, mit jedem WM-Titel ein wenig mehr Zugeständnisse
       machte. „Diese letzten vier Jahre waren entspannter als die vier davor“,
       sagt Phelps und erzählt: „Diesmal war es – ich will nicht sagen: spaßiger.
       Aber wir waren in der Lage, Witze zu machen und zu entspannen.“
       
       Der Spaß hört aber spätestens dann auf, wenn der Name Ryan Lochte ins Spiel
       kommt. Phelps und der elf Monate ältere Allrounder aus Canandaigua im
       Bundesstaat New York werden sich im Aquatics Centre von London gegenseitig
       zu Höchstleistungen treiben. Zwei Mal, über 200 und 400 Meter Lagen, kommt
       es dabei zum direkten Duell der beiden Superstars. „Er ist ein Grund dafür,
       warum ich ins Wasser steige und trainiere. Er hat mich einige Male
       geschlagen – und ich möchte nicht, dass das noch mal vorkommt“, betont
       Phelps.
       
       Bei der WM in Schanghai besiegte Lochte den 14-maligen Olympiasieger in
       beiden direkten Duellen – über 200 Meter Freistil und 200 Meter Lagen.
       „Viele Leute fragen mich, ob ich derselbe Sportler wäre, der ich heute bin,
       wenn er nicht da wäre“, beschreibt der 27-Jährige ein Jahr später die
       Konkurrenz mit Phelps. „Kein Zweifel – ich und Michael, wir treiben uns
       gegenseitig ständig an.“
       
       ## Ryan Lochte steht auf Fast Food
       
       Für die nächste Olympia-Ausgabe muss sich der Freund extravaganter, selbst
       entworfener Schuhe allerdings einen neuen Antriebsmotor suchen: Für Phelps,
       der bislang 16 olympische Medaillen gewann und – wenn nichts Gravierendes
       dazwischenkommt – in der nächsten Woche den Rekord der sowjetischen
       Kunstturnerin Larissa Latynina (18 Medaillen) knackt, wird es nach London
       keinen Olympia-Showdown mehr geben. Lochte, der seinen einstigen Hang zum
       Schnellimbiss erfolgreich bekämpft hat, will dagegen bis 2016 in Rio de
       Janeiro weitermachen. Mindestens.
       
       Michael Phelps hat den Peking-Spielen mit acht Goldmedaillen seinen Stempel
       aufgedrückt. Danach gefragt, ob er diesen Job nun in London übernehmen
       wolle, antwortet Lochte, der wie Phelps in vier Einzelrennen startet: „Ich
       will als einer der größten Schwimmer der Welt in Erinnerung bleiben. Also
       ist es definitiv eines meiner Ziele.“
       
       25 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Morbach
       
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