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       # taz.de -- Überbelastung im alpinen Rennsport: Müde Matadoren
       
       > Der Verlauf des Abfahrtsrennens in Wengen ruft zahlreiche Kritiker auf
       > den Plan. Man ist sich einig: Der Rennkalender ist viel zu voll.
       
   IMG Bild: Sturz kurz vorm Ziel: Den Norweger Aleksander Aamodt Kilde haut's hin
       
       Wenn am Berg die Rotoren angeworfen werden und der Hubschrauber zur Rettung
       eines Rennfahrers heranschwebt, dann ist die Zeit der Reflexion gekommen.
       Der Skizirkus wird leise und geht in sich, vor allem wenn sich ein
       Topfahrer wie der Norweger Kilde [1][auf der Traditionsabfahrt von Wengen]
       verletzt und das obendrein an jener Stelle, an der vor etlichen Jahren der
       Österreicher Gernot Reinstadler verblutet ist.
       
       Die Abfahrt am Lauberhorn schien zum Spektakel zu werden: Kaiserwetter und
       Rekordkulisse. Doch die Matadoren auf ihren Stahlkanten waren nach zwei
       kurz aufeinander folgenden Rennen müde. Es hagelte Ausfälle. Nur die
       derzeitigen Dominatoren, der Schweizer Odermatt und der Franzose Sarrazin,
       fuhren wie auf Schienen durchs Kernen-S. Der Rest? Quälte sich, gurkte halt
       irgendwie herunter oder wurde von der Strecke abgeworfen wie ein
       Rodeoreiter vom störrischen Pferd.
       
       Odermatt, offensichtlich getroffen vom Verlauf des Rennens, sprach vom
       Thron des Führenden in die Kamera, man möge bitte nie wieder drei so
       anspruchsvolle Rennen hintereinander in den ohnehin schon vollen
       Terminkalender quetschen. Auch der Deutsche Thomas Dreßen, weit
       distanziert, beschwerte sich über das Gebaren von Verband und Veranstalter.
       Letztere wollen die Show offensichtlich bis zum Letzten ausreizen. Erst
       wenn Kreuz- und Seitenbänder im Dutzend reißen, werden die wohl kapieren,
       dass man die Skirennläufer pfleglich behandeln muss.
       
       ## Schmerzhafter Schwund
       
       Aber das Ausreizen der Möglichkeiten hat nun einmal Konjunktur, man geht an
       die Grenze und darüber hinaus. Die Protagonisten sagen dann gern: Der
       alpine Rennsport sei halt so; nicht jeder kommt durch; ein bisschen Schwund
       ist immer.
       
       Die Organisatoren in Wengen können von Glück sagen, dass Kildes Verletzung
       – zu Beginn wurde ein offener Beinbruch kolportiert – nicht so schlimm ist,
       doch man möge sich die Worte des deutschen Cheftrainers Christian Schwaiger
       zu Herzen nehmen, der da sagte: „Das Programm, das wir derzeit fahren, ist
       Wahnsinn.“ In Wengen standen dieses Mal zwei Abfahrten und ein Super-G an.
       
       Beim Super-G am Freitag war bereits der ehemalige Gesamtweltcupsieger
       Pinturault aus Frankreich gestürzt. Er erlitt eine schwere Knieverletzung.
       „Wenn wir die Wochenenden so mit Rennen überfrachten, fordern wir heraus,
       dass noch richtig schlimme Dinge passieren“, warnte Schwaiger. Die Mahner
       dürfen vorerst weiter predigen.
       
       Nächstes Wochenende wird auf der Streif in Kitzbühel gebrettert. Es
       [2][besteht wieder akute Verletzungsgefahr.] Schaurig, nicht?
       
       14 Jan 2024
       
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