# taz.de -- Ukraine: Selenskyj lenkt im Streit um Behörden gegen Korruption ein
> Für die geplante Abschaffung zweier unabhängiger Anti-Korruptionsbehörden
> erntete Ukraines Präsident massive Kritik. Jetzt nimmt er alles zurück.
IMG Bild: Wirksamer Protest: Trotz Krieg gingen viele Menschen in Kyjiw auf die Straße, Ukraine, am 24.7.2025
Berlin taz | Na bitte, geht doch: Der ukrainische Präsident Wolodymyr
Selenskyj rudert zurück. Aus der [1][Entmachtung der beiden Behörden], dem
Nationalen Antikorruptionsbüro (NABU) und der
Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft (SAP), die dem Generalstaatsanwalt
unterstellt werden sollten, wird nichts.
Ein entsprechendes Gesetz mit der Nummer 12414 war am vergangenen Dienstag
vom Parlament im Schnelldurchgang verabschiedet und noch in der Nacht von
Selenskyj unterzeichnet worden. Zur Begründung hatte es unter anderem
geheißen, damit solle die Infrastruktur zur Korruptionsbekämpfung von
russischem Einfluss befreit werden.
Daraufhin war es in mehreren Städten der Ukraine, darunter Kyjiw, Lwiw und
Odessa, zu [2][Protesten] gekommen – die größten seit dem Beginn von
Russlands vollumfänglicher Invasion am 24. Februar 2022. Auch aus dem
Ausland hatte es harsche Kritik gegeben. Marta Kos, EU-Kommissarin für
Erweiterung, hatte von einem schweren Rückschritt gesprochen.
Auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte ihrer Besorgnis
Ausdruck verliehen. Rechtsstaatlichkeit und Antikorruptionsbekämpfung seien
Kernelemente der EU. Da könne es bei Beitrittskandidaten wie der Ukraine
keine Kompromisse geben, hatte von der Leyen Kyjiw ausrichten lassen.
## Ansagen mit Wirkung
Offensichtlich haben diese Unmutsbekundungen aus Brüssel im Verbund mit den
Protesten in der Ukraine Wirkung gezeigt. Am Freitag räumte Selenskyj bei
einem Treffen mit Journalist*innen Versäumnisse ein. „Wahrscheinlich
war ein Dialog notwendig. Ich konzentriere mich auf das Thema Krieg, denn
in der Ukraine ist Krieg derzeit das Hauptproblem“, zitiert das ukrainische
Webportal Zerkalo Nedeli Selenskyj unter Verweis auf den ukrainischen
Internet-Fernsehsender hromadske.
Es sei sehr wichtig, dass sich die Gesellschaft äußere. Jeder habe das
Recht, seine Meinung zu sagen. „Mir war es sehr wichtig, dass wir
angemessen zugehört und reagiert haben, so Selenskyj weiter. Auch seine
europäischen Partner versuchte der Präsident zu beschwichtigen. „Wir
befinden uns in derselben Infrastruktur wie Europa, wir wollen Teil Europas
sein. Niemand will etwas riskieren. Was NABU und SAP angeht, habe ich ihnen
gesagt, dass ich einen Ausweg finden werde“, sagte er am Donnerstag bei
einer Pressekonferenz.
Mittlerweile liegt dem Parlament ein neuer Gesetzentwurf zur Abstimmung
vor. Dieser sieht die Wiederherstellung der bei der Verabschiedung des
Gesetzes Nr. 12414 aufgehobenen Bestimmungen vor. Dem Dokument zufolge wird
die Unterordnung der SAP unter den Generalstaatsanwalt aufgehoben, die SAP
soll einen eigenen Chef bekommen.
Zudem ist geplant, regelmäßige Tests mit einem Lügendetektor für
Mitarbeiter von Behörden mit Zugang zu Staatsgeheimnissen einzuführen –
insbesondere für die NABU, SAP, die Generalstaatsanwaltschaft und die
Nationalpolizei. Solche Tests sollen mindestens alle zwei Jahre unter
Beteiligung des Geheimdienstes SBU durchgeführt werden. Wann das Parlament
über den Gesetzesentwurf abstimmt, ist noch unklar.
25 Jul 2025
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DIR Barbara Oertel
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