# taz.de -- Ukraine-Debatte in Frankreich: Mit der Ukraine in den Wahlkampf
> Frankreichs Parlament führt eine heftige Debatte über das
> französisch-ukrainische Sicherheitsabkommen. Linke und Rechtsextreme
> stimmen nicht dafür.
IMG Bild: Frankreichs Premier Gabriel Attal in der Nationalversammlung
Paris taz | Mit 372 Ja- gegen 99 Nein-Stimmen hat Frankreichs
Nationalversammlung am Dienstagabend dem bilateralen Sicherheitsabkommen
mit der Ukraine zugestimmt, das Staatspräsident Emmanuel Macron am 16.
Februar unterzeichnet hatte. Bedeutend ist weniger das Ergebnis, weil die
Abstimmung rein konsultativen Charakter hatte, sondern die Debatte.
Nicht nur im Interesse der Demokratie wollte Macron, dass sich die beiden
Parlamentskammern zur Hilfe für die Ukraine äußern; er wollte vor allem,
dass sich die Oppositionsparteien, die seine Politik bei jeder Gelegenheit
kritisieren, ihre eigene Haltung öffentlich erklären. Rund drei Monate vor
den EU-Wahlen steht die Hilfe für die Ukraine im Zentrum des beginnenden
Wahlkampfes.
Macron hatte mit seiner Äußerung, er wolle im Fall einer Eskalation im
Krieg zwischen Russland und der Ukraine „nichts ausschließen“, auch
explizit die [1][Entsendung von Bodentruppen] nicht, bereits eine
innenpolitische Polemik ausgelöst. In der Debatte war auch mehr von diesem
Vorstoß Macrons die Rede als von der Lieferung von Kriegsmaterial, die auch
von den Oppositionsfraktionen kaum grundsätzlich infrage gestellt wird.
Die Drohung des Präsidenten war – im Sinn und Stil der nuklearen
Abschreckungsdoktrin – primär an Wladimir Putin gerichtet, der Zweck der
martialischen Rhetorik war es jedoch auch, die öffentliche Meinung im
eigenen Land auf zusätzliche Anstrengungen bei der Hilfe für die bedrängte
Ukraine vorzubereiten.
## Instrumentalisierte Debatte?
In seiner einleitenden Rede sagte Premierminister Gabriel Attal den
Abgeordneten in Macrons Auftrag: „Wir stehen an einem Wendepunkt. Im
gegenwärtigen Stellungskrieg wird die Zeit zu einem Alliierten Russlands,
weil (Putin) auf die Ermüdung der Verbündeten (der Ukraine) zählt.“ Wer in
dieser Situation gegen das Sicherheitsabkommen stimme, kehre nicht nur der
verbündeten Ukraine den Rücken, sondern auch der historischen Rolle
Frankreichs und dessen „Widerstandsgeist“. Wer sich der Stimme enthalte,
fliehe vor der Verantwortung.
Attal versicherte, es sei nicht die Absicht der Regierung, diese Debatte
politisch zu „instrumentalisieren“. Genau das aber denkt ein großer Teil
der Opposition. Im Namen des rechtsextremen Rassemblement National (RN)
protestierte Marine Le Pen gegen Attals Polarisierungsversuch: „Entweder
ist man pro Macron, sonst wird man beschuldigt, pro Putin zu sein.“
Ihre Partei und namentlich sie selber waren tatsächlich wegen ihrer
[2][Sympathie für Putin und Kontakten zum Kreml] bekannt. Beim Votum
enthielten sich die RN-Abgeordneten, angeblich „einzig und allein aus
Solidarität mit der Ukraine“ der Stimme. Attal kommentierte dazu: „Pro
Putin bleibt pro Putin.“
Die Linke war gespalten. Sozialisten und Grüne hatten kein Problem damit,
das Hilfsabkommen zu billigen. Die Kommunisten und die Linkspartei La
France insoumise (LFI) dagegen waren nicht nur mit pazifistischen
Argumenten dagegen, sondern weil darin auch die Perspektive eines Beitritts
der Ukraine zur EU und zur Nato erwähnt wird.
Das sei „eine rote Linie“, die nicht überschritten werden dürfe, sagte
LFI-Abgeordnete Manuel Bompard. Die Konservativen von Les Républicains
votierten trotz ihrer Kritik an Macrons Kriegspolitik mehrheitlich mit Ja.
Nach dieser für ihn glimpflich verlaufenen Abstimmung kündigte Macron für
Donnerstagabend einen Fernsehauftritt an.
Seine Regierung hatte bereits angekündigt, Frankreich werde die Ukraine mit
[3][Kriegsmaterial im Wert von 3 Milliarden Euro] helfen: 150 Drohnen, 6
weitere Caesar-Kanonen, jeden Monat würden 3.000 Granaten für die
Artillerie produziert, außerdem beteilige sich Frankreich am Kauf
außereuropäischer Munitionen durch die Tschechische Republik.
13 Mar 2024
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## AUTOREN
DIR Rudolf Balmer
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