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       # taz.de -- Ukrainekrieg dominiert Besuch in China: EU hofft auf kleine Erfolge
       
       > Frankreichs Präsident Macron und EU-Kommissionschefin von der Leyen
       > wollen bei ihrem China-Besuch Präsident Xi Jinping dazu bewegen, Druck
       > auf Putin auszuüben.
       
   IMG Bild: Chinas Machthaber Xi Jinping bei einer Rede am Montag in Peking
       
       Peking taz | Gemessen an der sogenannten Wolfskrieger-Diplomatie der
       Chinesen ist die derzeitige Stille gegenüber den erwarteten Gästen aus
       Europa erstaunlich. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte
       schließlich erst letzte Woche in einer Grundsatzrede nicht nur den Ton
       gegenüber China deutlich verschärft, sondern unmissverständlich [1][eine
       Neuausrichtung der Beziehungen gefordert]. Bisher trägt Peking seine
       Entrüstung aber nicht nach außen. Es ist, als wolle man die EU – Chinas
       größten Handelspartner – keinesfalls vergraulen.
       
       Von Mittwoch bis Freitag besucht von der Leyen mit Frankreichs Präsidenten
       Emmanuel Macron das Reich der Mitte. Politisch wird ihr Treffen mit
       Staatschef Xi Jinping vom Krieg in der Ukraine dominiert: Macron, dessen
       lange Telefonate mit Wladimir Putin ergebnislos blieben, will nun
       versuchen, Xi zu überzeugen, seinen Einfluss auf Moskau geltend zu machen.
       
       Kleinere Erfolge sind durchaus denkbar – etwa dass Xi erstmals seit
       Invasionsbeginnn mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski
       telefonieren könnte. [2][Oder dass sich Xi zu zaghafter Kritik an Moskaus
       Plänen durchringen könnte], Atomwaffen in Belarus zu stationieren.
       
       Der Besuch bietet immerhin Spielraum für einen tiefgehenden Austausch:
       Sowohl von der Leyen als auch Macron werden jeweils Xi zum
       Vier-Augen-Gespräch treffen und auch noch einen Termin mit Premier Li Qiang
       haben. Macron bringt für seine dreitägige Reise eine über 50-köpfige
       Wirtschaftsdelegation mit.
       
       ## Chinas Presse bewertet den Besuch ambivalent
       
       Seit Monaten schon fährt Peking eine Charme-Offensive gegenüber den
       Europäern. Sowohl seine Diplomaten im Ausland als auch Politiker in Peking
       argumentieren, die EU sei ein Opfer der übermächtigen USA, die den Druck
       erhöhen würden. Doch Brüssels wahres Interesse sei es, sich aus Washingtons
       Fängen zu lösen und sich Peking anzunähern.
       
       Bisher fruchtet diese Rhetorik kaum. Die meisten politischen Delegationen,
       die seit der Wiedereröffnung der Grenzen in die Volksrepublik gereist sind,
       durchschauen Chinas Spiel, einen Keil zwischen Europa und die USA treiben
       zu wollen.
       
       Chinas Presse bewertet den kommenden Besuch durchaus ambivalent:
       Insbesondere Macron attestiert man eine gewisse „Aufrichtigkeit“,
       schließlich würde er einerseits an Pekings konstruktiver Diplomatie im
       Ukraine-Konflikt glauben und auch gleichzeitig an gesunden
       Handelsbeziehungen interessiert sein.
       
       Ursula von der Leyen hingegen wird vor allem wegen ihrer kritischen
       Grundsatzrede wie ein ungeladener Gast gesehen, den man nur zähneknirschend
       zur Party lässt.
       
       ## Vorwürfe an von der Leyen
       
       Einer der führenden Kommentatoren, Sima Nan, wirft ihr vor, China zu
       zwingen, sich zwischen Russland und Europa entscheiden zu müssen: „Sie
       versteht die Idee des Mittelwegs nicht, und sie versteht auch nicht Chinas
       Konzept einer menschlichen Schicksalsgemeinschaft“, bloggte der 66-Jährige.
       
       Damit wiederholt er, was die Regierung in ihrer vage formulierten
       Propaganda stets betont: China sei eine Friedensmacht und setze sich für
       eine multipolare Weltordnung ein.
       
       In Chinas sozialen Netzwerken weht ein rauerer Wind. Auf der Plattform
       Weibo wird von der Leyen teilweise vulgär beleidigt – von einer „alten
       Hexe“ ist die Rede, andere bezeichnen sie als „Hündin der USA“ oder
       „antichinesisches Element“.
       
       So ein rüder Ton mag im Internet nicht besonders sein, doch hat China einen
       der rigidesten Zensurapparate der Welt: Würde ein Kommentator auch nur so
       eine beleidigende Silbe gegenüber Xi verfassen, wäre das Posting nicht nur
       innerhalb von Sekunden gelöscht, sondern der Verfasser bekäme auch massive
       Probleme.
       
       4 Apr 2023
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Kretschmer
       
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