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       # taz.de -- Umbenennung oder nicht: Angst vor der Türkei
       
       > Olaf Scholz lehnt Pläne des Bezirk Altona ab, einen Ottensener Platz nach
       > dem Flüchtling Kemal Altun zu benennen. Dabei heißt der Platz inoffiziell
       > längst so.
       
   IMG Bild: Namensgeber für den Ottenser Platz: Kemal Altun.
       
       In Ottensen kennt ihn fast jeder, obwohl er offiziell nicht so heißt: Den
       Kemal-Altun-Platz. Selbst die Bürgerschaft benutzt den Namen in Anträgen,
       wenn es um die Vergabe von Mitteln für den Park geht. Auch auf
       Online-Stadtplänen taucht er auf.
       
       Doch nun weigert sich Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) dem Ansinnen der
       Bezirksversammlung Altona nachzukommen, dem Areal der ehemaligen
       Maschinenfabrik Menck & Hambrock offiziell den Namen Kemal-Altun-Platz zu
       geben. Altun hatte sich am 30. August 1983 aus Angst vor einer Abschiebung
       an die türkische Militärjunta aus dem sechsten Stock des Berliner
       Verwaltungsgerichts in den Tod gestürzt.
       
       Das Bezirksamt Altona möchte den Vorgang nicht kommentieren. "Es liegt eine
       Entscheidung vor, aber diese ist vertraulich", sagt Sprecherin Kerstin
       Godenschwege und verweist an die Senatskommission zur Benennung von
       Verkehrsflächen der Kulturbehörde. "Bei Kemal Altun gibt es keinen
       unmittelbaren Bezug zu Hamburg", begründet Stefan Nowicki von der
       Kulturbehörde die Ablehnung des Benennungsvorschlags von SPD und Grünen und
       Linkspartei.
       
       Hingegen habe die Kommission dem Antrag des Bezirks Nord, den Vorplatz des
       S-Bahnhofs Landwehr in Ramazan Avci Platz umzubenennen, der 1985 bei einem
       rechtsradikalen Skinheadüberfall getötet worden ist, zugestimmt. "Das hat
       der türkische Außenminister sehr begrüßt", sagt Nowicki.
       
       Tatsächlich waren die maßgeblichen Gründe für die Ablehnungsentscheidung
       von Bürgermeister Scholz die "außenpolitische Bedeutung" des Falls und der
       "Umstand", dass Altun seinerzeit von der Türkei beschuldigt worden war, an
       der Ermordung eines Ministers beteiligt gewesen zu sein - was nie bewiesen
       wurde.
       
       In der Tat war Kemal Altun Aktivist einer türkischen Studentenorganisation,
       die der späteren Dev Sol (Revolutionäre Linke) nahestand. Als das türkische
       Militär 1980 putschte und seine Kommilitonen verhaftet wurden, gelang Altun
       die Flucht nach Deutschland. Sein Tod erreichte mediale Öffentlichkeit. Er
       war der erste in einer Reihe politischer Flüchtlinge, die seit Sommer 1982
       von der Abschiebung bedroht waren.
       
       Bereits 1991 habe es einen Benennungsvorschlag des Bezirks Altona für den
       Kemal-Altun-Platz gegeben, der vom Senat abgelehnt worden sei, schreibt
       Kulturbehörden-Staatsrat Niklaus Hill an Bezirksamts-Leiter Jürgen
       Warmke-Rose (parteilos). Das türkische Generalkonsulat habe im Vorfeld
       scharf protestiert. "Die offiziellen türkischen Stellen würden auf den
       aktuellen Benennungsvorschlag im Zweifel genauso reagieren wie seinerzeit",
       schreibt Hill. "Aus diesen Gründen hat der Erste Bürgermeister entschieden,
       diesen Vorschlag abzulehnen."
       
       26 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Magda Schneider
       
       ## TAGS
       
   DIR Ottensen
       
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