# taz.de -- Umstrittene Einordnung von Atom und Gas: Zweimal Nein zum Kommissionsplan
> Brüssel will den Vorschlag für die EU-Taxonomie, eine Art Ökosiegel für
> Nachhaltige Geldanlagen, finalisieren. Einige Kommissare sind jedoch
> dagegen.
IMG Bild: EU-Taxonomie? Nicht so. Protestaktion am 11. Januar 2022 vor dem Bundeskanzleramt
Brüssel taz | Kurz vor Toresschluss weitet sich der [1][Widerstand gegen
die geplante EU-weite Einstufung von Atom und Gas als „nachhaltige“
Energieträger] aus. Zwei EU-Kommissare wollen bei der entscheidenden
Abstimmung am Mittwoch mit Nein stimmen. Vier EU-Staaten fordern Änderungen
in letzter Minute. Auch im Europarlament wächst die Ablehnung.
Stein des Anstoßes ist die sogenannte Taxonomie, mit der die EU-Kommission
die Weichen für nachhaltige Investitionen stellen will. Am 31. Dezember
hatte Kommissionschefin Ursula von der Leyen ihren Entwurf vorgelegt. Darin
werden Atom und Gas als „nachhaltig“ bezeichnet, wenn auch mit Vorbehalten
und strengen Auflagen.
[2][Klimaschützer, Anlageberater und sogar eine von der EU-Kommission
bestellte Expertengruppe haben diese Einschätzung zurückgewiesen und vor
„Greenwashing“ gewarnt.] Dennoch hält die Kommission an ihrem Plan fest.
Doch nicht alle 27 EU-Kommissare tragen diesen Kurs mit. Nicolas Schmit,
der Sozialkommissar aus Luxemburg, und Johannes Hahn, Budgetkommissar aus
Österreich, haben für die Sitzung der EU-Kommission am Mittwoch ein „Nein“
angekündigt. Sie folgen damit den Empfehlungen ihrer Heimatländer.
## Allianz gegen Erdgas
Überraschend hat sich nun auch eine Allianz gegen Erdgas formiert.
Österreich, Dänemark, Schweden und die Niederlande fordern, Erdgas dürfe
nicht als „grün“ eingestuft werden. Dafür gebe es keine wissenschaftliche
Basis. Vertretbar seien allenfalls CO2-Emissionen unter 100 Gramm pro
Kilowattstunde. Die Kommission schlägt 270 Gramm vor.
Auch im Europaparlament rumort es. Nach den Grünen gehen nun auch die
deutschen Sozialdemokraten auf Distanz. „Ich sehe eine Chance, dass diese
Taxonomie keine Mehrheit findet“, sagt Joachim Schuster, der
wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Gruppe. Für eine Ablehnung würden
350 Abgeordnete benötigt, 100 bis 150 Stimmen fehlten noch.
Zunächst ist jedoch die EU-Kommission am Zug. Wenn sie die Taxonomie wie
geplant am Mittwoch verabschiedet, beginnt eine viermonatige
Widerspruchsfrist. Die endgültige Entscheidung dürfte also im Sommer
fallen.
2 Feb 2022
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## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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