# taz.de -- Umweltaktivistin über Klimawandel: „Früher wurden wir belächelt“
> Ziviler Ungehorsam ist okay, findet Cécile Lecomte. Er müsse aber
> abgewogen werden, wer durch welche Aktion eingeschränkt wird.
IMG Bild: Die Umweltaktivistin Cécile Lecomte
taz: Frau Lecomte, was tun Sie persönlich, um klimafreundlich zu leben?
Cécile Lecomte: Ich versuche, Ressourcen zu teilen, das heißt ich lebe in
einer WG, wo wir zum Beispiel die Waschmaschine teilen. Außerdem benutze
ich überwiegend den Öffentlichen Personennahverkehr. Das ist aber mit einem
Rollstuhl nicht immer möglich, weil nicht alles barrierefrei ist. Und ich
mache politischen Aktivismus – oft mit Kletteraktionen. Klettern ist meine
Leidenschaft – Politik darf Spaß machen, auch wenn es eine ernste Sache
ist.
Sie begehen auch zivilen Ungehorsam, das ist illegal. Warum finden Sie das
in Ordnung?
Die Gesellschaft und das [1][Klima] ändern sich schneller als die Gesetze.
Dann sind Sachen legitim, die noch nicht legal sind. Wenn die Politik nicht
handelt, müssen wir es selbst machen. Wichtig ist natürlich, dass die
Aktion verhältnismäßig bleibt und ein direktes Ziel hat: Ein Gleis für
einen Atomtransport für ein paar Stunden zu blockieren und damit auf das
ungelöste Atommüllproblem hinzuweisen – das finde ich legitim. Irgendeinen
Zug zu blockieren, nicht. Es ist auch wichtig, dass die Aktionen
vermittelbar bleiben.
Was meinen Sie mit „vermittelbar“? An wen richten sich die Aktionen?
Das ist unterschiedlich: Wenn ich zum Beispiel zwischen zwei Fahnenmasten
hochklettere, dann ist das ein Hingucker. Ich kann meine Flyer mit den
Argumenten besser an die Passanten verteilen. Die Flyer sind wichtig: Nur
wer informiert ist, kann aktiv werden. Aber es ist sehr mittelbar. Wenn ich
den [2][Braunkohleabbau] und die Baufahrzeuge blockiere, dann will ich RWE
direkt behindern. Ich will natürlich, dass die Öffentlichkeit das
mitbekommt. Aber ich akzeptiere, dass es da mehr Diskussionen, mehr Für und
Wider geben wird.
Haben Sie Angst vor den Folgen des Klimawandels?
Es schockt mich schon: Als ich in den 1990er-Jahren anfing mit politischem
Aktivismus, habe ich nicht geglaubt, dass es meine Generation schon so hart
treffen würde. Das ist mir erstmals bei der Trockenheit 2003 wirklich klar
geworden und umso mehr in den letzten Jahren. Aber es macht mich auch
wütend: Damals wurden wir als Umweltaktivist*innen belächelt. Jetzt
trifft genau das ein, was wir immer gesagt haben.
Haben Sie Angst vor den politischen Maßnahmen, die nötig sind, um den
Klimawandel aufzuhalten?
Je länger wir warten, desto weniger Freiheit werden wir haben, desto
radikaler müssen die Maßnahmen sein. [3][Die Parteien, die Freiheit
populistisch einfordern], sorgen für ein „Weiter so“. Das führt zu der
Katastrophe. Ich habe Angst vor autoritären Sofortmaßnahmen, wenn es
eigentlich schon zu spät ist.
14 Nov 2021
## LINKS
DIR [1] /Schwerpunkt-Klimawandel/!t5008262
DIR [2] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-10/braunkohleabbau-luetzerath-rwe-dorf-raeumung-aktivisten-klimawandel
DIR [3] /Kurz-Trump-und-Co/!5805741
## AUTOREN
DIR Rebecca Ricker
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