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       # taz.de -- Umweltverbände zu LNG-Terminals: Scharfe Kritik an Flüssiggas-Gesetz
       
       > An der Küste sollen schnell LNG-Terminals gebaut werden. Umweltverbände
       > und Grüne Jugend halten die Pläne für überdimensioniert.
       
   IMG Bild: In Wilhelmshaven hat der Bau eines schwimmenden LNG-Terminals begonnen
       
       Berlin taz | Das Eilverfahren, mit dem die Bundesregierung den Import von
       Flüssiggas ([1][Liquified Natural Gas], LNG) per Schiff ermöglichen will,
       stößt bei Umweltverbänden auf scharfe Kritik. In einem am Freitag
       veröffentlichten offenen Brief an Bundestagsabgeordnete kritisieren BUND,
       Nabu, WWF, Greenpeace, Germanwatch, DUH und der Dachverband DNR, dass die
       Pläne der Ampelkoalition auf „eine massive Überversorgung mit Erdgas“
       hinausliefen, wodurch „die Einhaltung des Klimaschutzgesetzes und der
       Umstieg auf eine grüne Wasserstoffwirtschaft gefährdet“ werde.
       
       Um möglichst schnell unabhängig von Erdgasimporten aus Russland zu werden,
       hat das von Robert Habeck (Grüne) geführte Wirtschaftsministerium [2][einen
       Gesetzentwurf erarbeitet], der am Donnerstag in erster Lesung vom Bundestag
       beraten wurde. Er sieht unter anderem vor, auf
       Umweltverträglichkeitsprüfungen und Beteiligungsprozesse zu verzichten.
       Gerechtfertigt wird dies mit der Gefährdung der Versorgungssicherheit. Die
       bestehenden LNG-Terminals im Ausland reichen nach Aussage des
       Wirtschaftsministeriums nicht aus, um Deutschland bei einem Stopp der
       Lieferungen aus Russland zu versorgen.
       
       Gelten sollen die geplanten Ausnahmen für Anlagen zur Anlandung und
       Wiedervergasung von verflüssigtem Erdgas sowie für die zugehörigen
       Pipelines. Explizit genannt werden im Gesetz sieben mögliche Standorte für
       temporäre Terminals auf Schiffen und vier Standorte für feste Terminals an
       Land. Während die Verbände anerkennen, dass einzelne temporäre Terminals
       nötig sein könnten, halten sie die Gesamtplanung für völlig
       überdimensioniert. „Die vorgesehenen elf Terminals“ würden die aktuellen
       Importe aus Russland „in jedem Fall mehr als überkompensieren“, schreiben
       sie.
       
       Nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums bedeutet die Auflistung von elf
       möglichen Standorten allerdings nicht, dass elf Terminals gebaut werden.
       Geplant sind derzeit vier schwimmende Anlagen, die die Bundesregierung
       bereits gemietet hat. Jeweils eine soll in Wilhelmshaven und Brunsbüttel
       stationiert werden, für die anderen zwei steht der Standort noch nicht
       fest. Ein festes Terminal plant die Regierung bisher nur in Brunsbüttel. In
       Stade gibt es zudem Pläne eines privaten Konsortiums.
       
       Kritik an Habecks Gesetzentwurf gibt es nicht nur von Umweltverbänden,
       sondern auch aus der eigenen Partei: Der [3][Co-Bundessprecher der Grünen
       Jugend, Timon Dzienus], fordert, zunächst zu klären, wie viel LNG-Gas
       überhaupt benötigt wird. „Bevor Fakten geschaffen werden, brauchen wir eine
       Bedarfsplanung“, sagte er der taz.
       
       ## Verabschiedung schon nächste Woche geplant
       
       Das gelte vor allem für die festen Terminals, über die laut Gesetz bis zum
       Jahr 2043 fossiles Erdgas importiert werden darf. „Das passt nicht zu
       unseren Klimazielen“, betonte Dzienus. Mehrere Studien bestritten, „dass
       diese dauerhaften Terminals überhaupt gebraucht werden.“ Selbst wenn die
       Terminals nötig sein sollten, müsse bei der Umsetzung „Genauigkeit vor
       Eile“ gehen, fordert Dzienus.
       
       Auch dürfe das Klagerecht nicht zu stark eingeschränkt werden: „Die Kritik
       der Umweltverbände muss gehört werden.“ Ob die Einwände noch Gehör finden,
       ist offen. Viel Zeit für Veränderungen am Gesetz bleibt nicht mehr: Schon
       in der nächsten Woche soll das LNG-Beschleunigungsgesetz von Bundestag und
       Bundesrat beschlossen werden.
       
       13 May 2022
       
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