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       # taz.de -- Unbefristete Streiks in Berlins Kitas: „Du bist Schuld!“- „Nein, Du!“
       
       > Beschäftigte der landeseigenen Kitas treten kommende Woche in Streik.
       > Senat und Gewerkschaft machten sich Donnerstag gegenseitig dafür
       > verantwortlich.
       
   IMG Bild: Kundgebung der Gewerkschaften GEW und Verdi zu einem eintägigem Warnstreik in Berlins Kita-Eigenbetrieben vor dem Roten Rathaus
       
       BERLIN taz | Am kommenden Montag [1][beginnt ein unbefristeter Streik in
       den landeseigenen Kitas] – und schon am Donnerstag sahen die entscheidenden
       Akteur*innen die Schuld an der verfahrenen Situation ausnahmslos auf der
       Gegenseite. „Klar ist: Land, Bildungsverwaltung und ich in meiner Person,
       wir waren und sind gesprächsbereit“, sagte Bildungssenatorin Katharina
       Günther-Wünsch (CDU) in der aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses. Die
       Gewerkschaft Verdi trage mit einer „kompromisslosen Haltung“ allein die
       Verantwortung für die Situation. Verdis Behauptung, der Senat habe die
       Gespräche abgebrochen, sei „eine Lüge“. Der Senat „behalte sich
       Rechtsschritte vor“.
       
       Zuvor hatte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Stettner die Forderungen der
       Gewerkschaft als „unvernünftig“ und die Streiks als „nicht legitim, nicht
       berechtigt und verantwortungslos“ abgekanzelt. Dafür erntete er
       Zwischenrufe aus den Reihen der Opposition. „Streik ist immer legitim“,
       riefen gleich mehrere Abgeordnete.
       
       Die Bildungssenatorin wiederum sagte in der aktuellen Stunde, dass die
       Situation in „einzelnen Kitas“ herausfordernd und belastend sei, es sich
       aber keineswegs um einen „Flächenbrand“ handle. „Rechtfertigen einzelne
       Standorte einen Streik?“, fragte die Senatorin. Verdi spreche nur für rund
       20 Prozent der Kitas. Sie warf der Gewerkschaft vor, Berlins
       „Kitalandschaft“ mit Eigenbetrieben und freien Trägern zu „spalten“.
       
       ## „Unkonstruktive Haltung“ des Senats
       
       „Mit seiner unkonstruktiven Haltung provoziert der Senat den Streik und
       trägt damit die Verantwortung für die Belastung der Eltern und Kinder“,
       erklärte wiederum die Verdi-Landesbezirksleiterin für Berlin-Brandenburg,
       Andrea Kühnemann, in einer Mitteilung vom Donnerstagmorgen. Es sei
       „unverantwortlich“ vom Senat, dass dieser [2][„alle Möglichkeiten zu
       „konstruktiven Verhandlungen“ nun verstreichen] ließe.
       
       Beschäftigte der landeseigenen Kitas fordern seit April einen Tarifvertrag
       „Pädagogische Qualität und Entlastung“. Die Gewerkschaft hatte in dieser
       Woche vom Senat gefordert, die Eckpunkte für Verhandlungen abzustecken.
       Dabei hatte sie nach eigenen Angaben auch deutlich gemacht, [3][dass es ihr
       nicht primär um einen Tarifvertrag gehe], sondern sie auch offen für andere
       Lösungen sei. Der Senat lehnte Verhandlungen bisher mit der Begründung ab,
       dass Berlin als Land keinen Spielraum habe, Belange zu verändern, die die
       Tarifgemeinschaft der Länder berührten.
       
       In den landeseigenen Kitas arbeiten rund 7.500 Beschäftigte, von denen
       voraussichtlich rund 3.000 in den Streik treten werden. Bildungssenatorin
       Günther-Wünsch kündigte im Abgeordnetenhaus an, dass die Eigenbetriebe ab
       Montag einen Teil der Kinder betreuen würden. Sie sei mit den
       Bereichsleitungen im Austausch, derzeit würden Elternbriefe verschickt.
       
       ## Notbetreuung für einen Teil der Kinder
       
       „Ich kann Ihnen sagen, dass es den Eigenbetrieben möglich sein wird,
       deutlich über zehn Prozent Notbetreuung anzubieten“, sagte die Senatorin.
       „Aber ich sage auch, es wird deutlich unter 100 Prozent sein.“ Sie bemühe
       sich, dass bestimmte Kernzeiten abgedeckt werden könnten und rechne damit,
       das teilweise Eltern mit einspringen und bei der Betreuung helfen würden.
       
       Die Streiks würden die Kitas unterschiedlich stark treffen, je nach Anzahl
       der Streikenden, sagt Guido Lange vom Landeselternausschuss Kita (LEAK) der
       taz. Es gebe Kitas, die das besser abfedern könnten als andere. „Aus
       Elternsicht sind wir alles andere als begeistert“, sagte er. „Die Last
       liegt nun in den kommenden Wochen bei den Eltern.“ Er hoffe, dass die
       Beteiligten den Streik bald beilegten. Verdi hatte zunächst von 4 bis 6
       Wochen Ausstand gesprochen.
       
       „Jeder möchte bessere Betreuung für die Kinder“, sagte Lange, aber die
       Forderungen von Verdi, etwa zu den Betreuungsverhältnissen im Bereich der
       Kinder unter 3 Jahren, seien unrealistisch. Denn das würde 40 Prozent mehr
       Erzieher*innen erfordern. „Verdi verallgemeinert“, sagte Lange. „Es
       gibt Kitas, in denen es nicht gut läuft, aber wir sehen keinen
       Kitanotstand“, sagte er. „Da ist der Streik jetzt unser größeres Problem.“
       
       Verhandlungen fordert derweil auch ein Elternbündnis, [4][das am Freitag um
       16.30 Uhr vor dem Roten Rathaus demonstrieren] will. Es fordert
       Verbesserungen und Verhandlungsbereitschaft vom Senat und will den
       streikenden Erzieher*innen ausdrücklich den Rücken stärken.
       
       26 Sep 2024
       
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       ## AUTOREN
       
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