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       # taz.de -- Ungleichheit in der Coronakrise: Armut ist kein Naturgesetz
       
       > Die Coronakrise trifft wenig Verdienende stärker als andere. Die Mittel,
       > der sozialen Ungerechtigkeit entgegenzuwirken, sind bekannt.
       
   IMG Bild: Nur ein paar Euro enthüllt das Röntgenbild dieser Geldbörse
       
       Manchmal bestätigen Studien auf traurige Weise das, was ohnehin schon alle
       wissen. Klar trifft Corona die [1][alleinerziehende] Aldi-Verkäuferin
       härter als den Marketingmanager mit Ehefrau und Kind. Sie lebt in der engen
       Mietwohnung, er im abbezahlten Haus mit Garten. Sie muss jeden Morgen zur
       Arbeit, er bleibt im Homeoffice. Sie kann dem Kind kaum beim [2][digitalen
       Unterricht] helfen, weil ihr Zeit und ein iPad fehlen, für ihn ist beides
       kein Problem.
       
       Die ökonomisch Starken kommen mit der Pandemie besser klar als die
       Schwachen. Die These, dass Corona die soziale Ungleichheit in Deutschland
       verschärft, wird nun durch neue beeindruckende Daten des
       Wissenschaftszentrums Berlin und anderer Institute belegt. Gut so. Wie
       skandalös ungleich die Verhältnisse hierzulande sind, liegt normalerweise
       hinter einem Schleier, weil zu wenig darüber geredet wird.
       
       Es ist nämlich kein Naturgesetz, dass die untere Hälfte der Deutschen fast
       nichts besitzt, während die oberen 10 Prozent über gut zwei Drittel des
       Nettovermögens verfügen. Ebenso wenig ist es Zufall, dass jedes fünfte Kind
       von Armut bedroht ist. Diese Zustände sind politisch gewollt.
       
       Die Union, die seit fast 16 Jahren die Kanzlerin stellt, stemmt sich
       verlässlich gegen alle Initiativen, die die Spaltung zwischen Arm und Reich
       mindern würden – ob es nun eine faire Erbschaftsteuer oder ein höherer
       Mindestlohn ist. Auch [3][Gerhard Schröders] SPD und die Grünen haben in
       ihrer Regierungszeit Ungleichheit massiv gefördert, indem sie riesige
       Summen von unten nach oben leiteten und den größten Niedriglohnsektor
       Europas installierten.
       
       Die Rezepte gegen die Spaltung in Vermögende und Habenichtse sind bekannt.
       Mit einer stärkeren Besteuerung von Vermögen ließe sich die
       Reichtumsexplosion zumindest verlangsamen. Es bräuchte eine
       Abgabenentlastung für Niedrigverdiener und eine solidarische Lohnpolitik in
       unteren Verdienstklassen. Außerdem steht die kluge Idee im Raum, eine
       Sozialerbschaft einzuführen, wie sie etwa der Ökonom [4][Thomas Piketty]
       vorschlägt. Jeder Bürger bekäme aus einem aus Steuern gespeisten Fonds ein
       Startkapital ausbezahlt.
       
       Auch Leute ohne Erbe könnten so in eine Ausbildung oder eine Immobilie
       investieren. Leider ist nicht damit zu rechnen, dass die nächste Regierung
       das Thema ernster nimmt. Die Union wird die Ungleichheit weiter ignorieren.
       Und SPD, Grüne und Linke scheitern seit Jahren daran, ein vernünftiges
       Konzept für ein Mitte-links-Bündnis im Bund auf die Beine zu stellen. So
       versagt jede Partei auf ihre Weise. Aber alle jammern gemeinsam über die
       [5][AfD], wissend, dass das Gefühl, abgehängt zu sein, eine wichtige
       Ursache für deren Erfolg ist.
       
       11 Mar 2021
       
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