URI: 
       # taz.de -- Unterbringung von Ukraine-Geflüchteten: Privatsphäre nach der Flucht
       
       > In Hamburg wird das stillgelegte Hotel am Alten Wall zur
       > Erstaufnahme-Einrichtung. Betreiberin der Unterkunft ist eine
       > Catering-Firma.
       
   IMG Bild: Etagenbetten dazugestellt: So sehen die Zimmer aus
       
       Hamburg taz | Im ehemaligen Hotel am Alten Wall sollen jetzt bis zu 850
       Geflüchtete aus der Ukraine unterkommen. Die Stadt hat den Betrieb des 2021
       stillgelegten Gebäudes an die Cateringfirma „Rolling Taste“ vergeben. Die
       bereitet das Haus seit zwei Wochen vor und hat alle Hände voll zu tun.
       
       Im Eingang zur Lobby steht ein Staubsauger, Menschen sitzen an
       Konferenztischen und arbeiten, es herrscht ein reges Treiben. Die helle
       Rezeption wurde wie so vieles in diesem ehemaligen Hotel neu ausgestattet.
       Vom ehemaligen Betrieb blieb nur noch die Steuerung der
       Parkgaragen-Schranken. Computer und Rezeptionssoftware, um einen Überblick
       über die Belegung der 220 Zimmer zu behalten, wenn sie sich in den nächsten
       Tagen füllen, mussten erst neu angeschafft werden.
       
       Das Areal des ehemaligen „Sofitel“ am Alten Wall soll eigentlich zum Teil
       abgerissen und neu bebaut werden. [1][In dem Komplex sind dann ein neues
       Hotel, Büroflächen und Gastronomie geplant]. Vorerst stand das Haus jedoch
       leer, mitten in der Stadt, keine fünf Minuten vom Rathaus entfernt. Einiges
       Mobiliar war noch vorhanden, vieles aber auch defekt, verschmutzt oder
       verkauft.
       
       Dieses große Haus in zwei Wochen zu einer Erstaufnahmeunterkunft
       umzugestalten, war ein Kraftakt im Eiltempo, den das rund 20-köpfige Team
       hinter „Rolling Taste“ meistern musste. Ganz unerfahren ist die
       Cateringfirma nicht in der Arbeit für und mit Geflüchteten. Schon 2015
       kochte sie im Auftrag der Stadt in Aufnahmeeinrichtungen. Einige
       Geflüchtete sind zu Mitarbeitenden geworden, der Erfahrungsschatz im Team
       ist groß.
       
       Als die Stadt nun für Catering und den Betrieb der angemieteten Unterkunft
       anklopfte, mussten die Verantwortlichen von „Rolling Taste“ nicht lange
       überlegen. Viele Mitarbeitende haben Erfahrung in der Branche, lernten
       selbst in der Hotelgastronomie ihr Handwerk. Neben der Vorbereitung der
       Großküche mussten Betten bezogen, Wasserhähne repariert, Spenden
       angenommen, ein Wäscheraum eingerichtet und Security-Personal organisiert
       werden.
       
       Mit Hilfe der Freiwilligen Feuerwehr wurden dutzende Stockbetten von
       umliegenden Möbelhäusern gekauft und in den Zimmern aufgebaut, um die
       Kapazität im Haus zu verdoppeln. Die meisten Zimmer haben vier
       Schlafplätze, einige zwei, die ehemaligen Suiten acht. Jedes Zimmer hat ein
       eigenes Bad, einen Tisch, Stühle und eine abschließbare Tür. All das hebt
       die Unterkunft von notdürftig hergerichteten Turnhallen oder dem
       [2][Bettenlager in den Messehallen] ab.
       
       Elke Nüstedt behält den Überblick über die Lage. „Als wir vor zwei Wochen
       hier angekommen sind, hat man sich so manches Mal gefühlt wie in einem Lost
       Place“, schildert sie ihre ersten Eindrücke vom Hotel. Eigentlich ist sie
       Küchenchefin, jetzt managt sie eine der größten Unterkünfte für Geflüchtete
       in Hamburg. Zum Glück habe man schon einige Mitarbeitende, die entweder
       ukrainisch oder russisch sprechen, erzählt Nüstedt. Sogar Geflüchtete, die
       vor ein oder zwei Wochen in Hamburg angekommen seien, würden sich jetzt
       bewerben, um zu helfen. Dass sich bereits über 100 Menschen für
       ehrenamtliche Mitarbeit beworben haben, freut sie sehr.
       
       Vor allem für Familien und alleinerziehende Eltern ist die Unterkunft
       ausgelegt, wer am Ende aber einziehen darf, entscheidet die zentrale
       Vergabestelle der Stadt. „Wir erwarten eine Belegung mit etwa 50/50
       Erwachsenen und Kindern“, erklärt Nüstedt. Dementsprechend habe man bei
       einem Spendenaufruf auch um Spielzeug, Kinderwagen und Brettspiele gebeten.
       In einem ehemaligen Konferenzraum des Hotels hat das Team eine Spielwiese
       eingerichtet, weil so viele Bobbycars abgegeben wurden, dahinter auch noch
       eine Rennstrecke. Im Raum davor reihen sich dutzende Brettspiele
       aneinander.
       
       Dass im Hotel einige ehemalige Konferenzräume zur Verfügung stehen, die
       weitestgehend in Aufenthaltsräume umfunktioniert wurden, ermöglicht Raum
       für soziale Begegnungen. Auch für medizinische Versorgung stehen Zimmer
       bereit. Ob die Stadt allerdings eine erste Anlaufstelle für gesundheitliche
       Probleme in der Unterkunft einrichten wird, ist noch offen.
       
       Die letzte Bettwäsche wird verteilt und die Räume final überprüft, bevor
       die ersten Menschen hier einziehen. Für ein Jahr ist das Gebäude gemietet.
       Wie lange es wirklich gebraucht wird, kann heute noch niemand sagen.
       
       22 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article234130695/hotel-hamburg-sofitel-alter-wall-hoxton-stadtentwicklung-nachverdichtung.html
   DIR [2] /Not-Unterkunft-fuer-Kriegsfluechtlinge/!5836603
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Niklas Berger
       
       ## TAGS
       
   DIR Geflüchtete
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Ukraine
   DIR IG
   DIR IG
   DIR Gastronomie
   DIR Hamburg
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Flucht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Geflüchtete aus Ukraine mit Behinderung: Voller Barrieren
       
       Unter den Geflüchteten sind auch viele Menschen mit Behinderung. Ohne
       Ehrenamtliche würde das System in Deutschland längst zusammenbrechen.
       
   DIR Außengastronomie in Hamburg: Piefige Parkplatzliebe
       
       In Hamburg dürfen Restaurants und Kneipen am Wochenende Parkstreifen für
       Tische und Stühle nutzen. Wenn sie abends alles brav wieder einräumen.
       
   DIR Flüchtlingsunterkünfte in Hotels: Comeback der Ehemaligen
       
       In Hamburg haben Catering-Unternehmen im Auftrag der Stadt zwei ehemalige
       Hotels zu Flüchtlingsunterkünften umgebaut. Es herrscht Aufbruchsstimmung.
       
   DIR Psychotherapeutin über Traumata: „Auf die Familien zugehen, Gespräche anbieten“
       
       Die Therapeutin Danja Schönhöfer leitet ein Behandlungszentrum für
       Geflüchtete in Bremen. Sie rechnet mit traumatisierten Menschen aus der
       Ukraine.
       
   DIR Russisch-orthodoxe Kirche in Hamburg: Bloß nicht von Krieg sprechen
       
       Russ*innen und Ukrainer*innen beten und helfen in Hamburg gemeinsam.
       Eine offene Positionierung vermeidet die russisch-orthodoxe Kirche aber.
       
   DIR Folgen des Ukrainekriegs: 220.000 Geflüchtete in Deutschland
       
       Die UN-Flüchtlingshilfe zählt insgesamt zehn Millionen Geflüchtete.
       Innenministerin Faeser verspricht Schutz vor Menschenhändlern und
       Sexualstraftätern.