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       # taz.de -- Unterstützung der Ukraine: Es ist längst auch unser Krieg
       
       > „As long as it takes“ klingt im Krieg wie eine politische Phrase. Doch
       > die Durchhalteparole ist mehr und gilt nicht nur der ukrainischen
       > Bevölkerung.
       
   IMG Bild: Noch stärken die westlichen Staaten der Ukraine, wie hier beim Nato-Gipfel in Vilnius, den Rücken
       
       Achtzehn Monate tobt er schon, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine.
       Selbst Expert*innen werden, nach Prognosen befragt, schmallippig, und
       das zu Recht. Die Bilder von Toten, Verletzten, Flüchtenden sowie
       zerbombten Städten und Dörfern sind, [1][erschreckend genug], schon zur
       Routine geworden. Das Gleiche gilt für den Politiker*innensprech „As
       long as it takes“ – solange es braucht. Diese Beschwörungsformel vermag
       kaum zu verschleiern, dass niemand sagen kann, wie lange das alles noch
       dauern wird. Sicher ist nur, es wird dauern.
       
       Kyjiw hat seine Kriegsziele eindeutig definiert: die Wiederherstellung der
       Souveränität und territorialen Integrität in den Grenzen von 1991 sowie der
       Abzug aller russischen Truppen aus den völkerrechtswidrig besetzten
       Gebieten, einschließlich der Halbinsel Krim. Demgegenüber belassen die
       westlichen Unterstützer*innen ihre Absichten im Vagen. Was Sätze wie:
       Russland dürfe diesen Krieg nicht gewinnen, aber die Ukraine ihn nicht
       verlieren, bedeuten, liegt im Auge der Betrachter*innen und
       Entscheider*innen. Die Ukraine so weit aufrüsten, dass ihre Ziele erreicht
       werden? Oder ihr nur so lange beistehen, [2][um sie in eine starke Position
       für künftige Verhandlungen zu bringen?] Wobei dann immer noch zu klären
       bliebe, worüber genau verhandelt werden soll.
       
       Weit rätselhafter ist die Motivation des Kremls, diesen Krieg fortzusetzen,
       zumal nennenswerte Erfolge auf dem Schlachtfeld derzeit ausbleiben. Dennoch
       profitiert zumindest noch Wladimir Putin, und zwar im Sinne des eigenen
       Machterhalts. Das wahnwitzige Kriegsabenteuer ist perfekt geeignet, um von
       innenpolitischen Problemen abzulenken, [3][Repressionen gegen
       Andersdenkende zu rechtfertigen] und die sogenannte Elite bei der Stange zu
       halten. Das lässt nicht wirklich auf einen baldigen Marschbefehl rückwärts
       des Kremlchefs schließen.
       
       „As long as it takes“ ist auch als Durchhalteparole zu lesen, verbunden mit
       der Frage, wie lange die Solidarität mit der Ukraine noch anhalten wird –
       und das nicht nur militärisch. Die Ukrainer*innen sind entschlossen,
       durchzuhalten, die überwiegende Mehrheit (laut jüngsten Umfragen 90
       Prozent) ist nicht bereit, auch nur einen Zentimeter Boden abzutreten und
       ihre Menschen, die jetzt unter russischer Besatzung leben müssen,
       aufzugeben.
       
       In demokratisch verfassten Staaten gilt es, den Souverän bei (Geber-)Laune
       zu halten, besonders wenn Wahlen anstehen. Doch die Unterstützung scheint
       zu bröckeln, das Verständnis und die Geduld vieler, und das nicht nur in
       Deutschland, scheinen schon jetzt endlich zu sein. Kriegsmüdigkeit,
       Unsicherheit und Verteilungskämpfe nehmen zu. Vor allem auch ukrainische
       Geflüchtete bekommen das bereits zu spüren.
       
       Zweifellos: Dieser Krieg mag viele hierzulande und in anderen westlichen
       Staaten an die Grenze ihrer Belastbarkeit bringen. Für die
       Ukrainer*innen hingegen geht es um das nackte Überleben. Genau deshalb
       müssen wir diese vermeintlichen Zumutungen aushalten. Denn es wird nicht
       nur über das Schicksal der Ukraine als Staat entschieden, sondern auch
       darüber, ob künftige Generationen auf dem europäischen Kontinent in
       Freiheit und Sicherheit werden leben können. Das geht alle an. Das ist
       nicht unser Krieg, heißt es immer wieder. Von wegen. Genau das ist er.
       Schon längst.
       
       24 Aug 2023
       
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