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       # taz.de -- Unterstützung für Putin in Kasachstan: Eine kleine, gefährliche Minderheit
       
       > Es sind in Kasachstan nicht nur Russen, die pro-russisch denken. Ein
       > Sendeverbot für russisches Fernsehen wird das Problem nicht lösen.
       
   IMG Bild: Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew besucht die Militärparade in Moskau
       
       „Wer wollte mit mir reden? Ich bin für Putin, ich unterstütze Russland,
       wenn ihr damit irgendwelche Probleme habt, dann lasst uns rausgehen!“,
       spricht uns ein Barbesucher an. Mein Kollege und ich haben für eine
       Reportage in der kasachischen Hauptstadt Almaty nach Russen gesucht, die
       vor der Mobilmachung geflohen sind. Vor einer Bar hat uns einer der Gäste
       erzählt, er kenne Menschen, mit denen wir sprechen können.
       
       Fünf Minuten später kommt ein adrett gekleideter Typ auf uns zu. Er sieht
       aus wie Anfang, Mitte 20. Leider war es ganz und gar nicht einer derer,
       nach denen wir gesucht hatten. „Kommen Sie aus Russland?“, fragt mein
       Kollege. „Nein, ich bin Kasache, in Almaty aufgewachsen und ich unterstütze
       Russland. Und wenn euch das nicht passt, sagt Bescheid!“ Hinter dem jungen
       Putinisten tauchen fünf seiner Freunde auf. Glücklicherweise können wir
       eine Schlägerei vermeiden.
       
       Aber bis zu diesem Augenblick hatten wir nicht mal daran gedacht, dass so
       ein Mensch aussehen könnte, der den Krieg unterstützt. Es war irgendwie
       bequemer zu denken, dass es vor allem die fernsehschauenden Rentner in
       Kasachstan seien, die die russische Propaganda unterstützen. Seit dreißig
       Jahren sehen Kasachen russisches Fernsehen, das jetzt den Personenkult um
       Putin propagiert und den Einmarsch in die Ukraine rechtfertigt. Auf
       Petitionen, die ein Sendeverbot für russisches Fernsehen fordern, hat die
       kasachische Regierung bisher nicht reagiert.
       
       Aber denken Sie nicht, dass Russland in Kasachstan nur [1][von alten
       Sowjetnostalgikern] aus dem Norden des Landes unterstützt wird. Auch bei
       jungen Menschen aus dem Süden des Landes gibt es diese Haltung. Erst
       kürzlich erregte ein Bewohner der südkasachischen Großstadt Schymkent in
       den sozialen Medien Aufsehen, weil er sich ein Putingesicht mit der
       Aufschrift „Imperator“ hat tätowieren lassen. Auch einzelne kasachische
       Fußballfans machen keinen Hehl aus ihrer prorussischen Einstellung.
       
       Das kommt wahrscheinlich daher, dass [2][die russische Propaganda] schon so
       weit in die sozialen Netzwerke vorgedrungen ist. Es nützt also nicht, die
       russischen Fernsehsender „einfach abzuschalten“. Ein Glück sind die
       Kasachen, die das blutige Putin-Regime unterstützen, in der Minderheit.
       Aber diese Minderheit ist ziemlich gefährlich. Nicht selten betrachten ihre
       Vertreter kasachische Gebiete als Teil Russlands und Putin als ihren
       Präsidenten. Separatistische Ideen sind bei ihnen deshalb besonders
       verbreitet.
       
       Doch wie geht man mit ihnen um? Und wie kann man den Einfluss russischer
       Propaganda auf die kasachische Bevölkerung beschränken? Bisher hat man den
       Eindruck, dass die kasachische Regierung nicht nur der Allgemeinheit darauf
       keine Antwort geben möchte, sondern auch selbst keine weiß.
       
       Aus dem Russischen [3][Gaby Coldewey]
       
       Finanziert wird das Projekt von der [4][taz Panter Stiftung].
       
       Einen Sammelband mit den Tagebüchern hat der [5][Verlag edition.fotoTAPETA]
       im September 2022 herausgebracht
       
       10 May 2023
       
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