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       # taz.de -- Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: BND wird transparenter
       
       > Ein Erfolg für die Pressefreiheit: Journalisten haben Anspruch auf Infos
       > über BND-Hintergrundgespräche mit Pressevertretern.
       
   IMG Bild: Jost Müller-Neuhof (l.) als Kläger im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig
       
       Leipzig taz | Der Bundesnachrichtendienst (BND) muss Auskunft über
       [1][seine Hintergrundgespräche mit Journalisten geben]. Das entschied am
       Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das Urteil stärkt
       Auskunftsansprüche der Presse gegenüber Bundesbehörden. Geklagt hatte Jost
       Müller-Neuhof, der rechtspolitische Korrespondent des Berliner
       Tagesspiegels.
       
       Er wollte wissen, zu welchen Themen der deutsche Auslandsgeheimdienst
       vertrauliche „Hintergrundgespräche“ mit Journalisten veranstaltet, welche
       Medienvertreter dazu eingeladen sind und ob BND-Präsident Bruno Kahl daran
       teilnahm. Müller-Neuhof will damit die „selektive Informationsverbreitung“
       des BND transparenter machen.
       
       [2][Der BND] weigerte sich zuerst, über seine vertrauliche Pressearbeit
       Auskunft zu geben. In der gerichtlichen Verhandlung vorige Woche teilte der
       Geheimdienst mit, dass jeweils rund 30 Journalisten zu solchen Treffen
       eingeladen werden und dass von Anfang 2016 bis zur Klage im Frühjahr 2017
       vier derartige Runden stattfanden. Offen blieb, über welche Themen der BND
       informierte und welche Medien er einlud.
       
       Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts gaben Kläger Müller-Neuhof nun in
       fast allen Punkten recht und wiesen die Argumente des BND, warum er nicht
       Auskunft geben müsse, zurück. Der Informationsanspruch Müller-Neuhofs folge
       direkt aus der Pressefreiheit.
       
       ## Keine Gefährdung
       
       Der BND könne zwar die Auskunft verweigern, um seine operativen Aktionen
       und seine Quellen zu schützen, so der Vorsitzende Richter Ingo Kraft. Die
       Information über Gespräche mit Journalisten falle aber nicht darunter, sie
       gebe keine neuen Erkenntnisse über die Arbeitsweisen des BND. „Dass der BND
       solche Gespräche durchführt, ist allgemein bekannt“, sagte Kraft. Wenn nun
       zusätzlich mitgeteilt wird, welche Journalisten eingeladen waren und welche
       „allgemeinen Themen“ besprochen wurden, gefährde das nicht die Aufgaben des
       BND.
       
       Da dieser selbst Journalisten einlade, um über seine Arbeit zu informieren,
       treffe ihn eine „erhöhte Darlegungslast“, warum Informationen über diese
       Treffen seine Arbeit gefährden könnten, so das Gericht. Der BND habe in
       dieser Frage auch keinen „Beurteilungsspielraum“. Vielmehr sei eine
       Auskunftsverweigerung gerichtlich nachprüfbar. Der BND hatte sich zudem auf
       eine generelle „Bereichsausnahme“ für „Nachrichtendienste“ berufen, wie im
       Informationsfreiheitsgesetz vorgesehen. Das ließ das Gericht nicht gelten.
       
       Journalisten hätten mehr und andere Rechte als sonstige Bürger. Bei
       Presseanfragen müsse stets abgewogen werden. Auch die Rechte der
       Journalisten stehen einer Auskunftserteilung laut Gericht nicht entgegen.
       Der Auskunftsanspruch der fragenden Presse überwiege hier die
       „informationelle Selbstbestimmung“ der geladenen Medienvertreter. Der BND
       durfte auch nicht einwenden, dass Müller-Neuhof seine Kollegen, die
       eingeladenenen Tagesspiegel-Journalisten Frank Jansen und Maria Fiegler,
       fragen könne. „Der Auskunftsanspruch des Journalisten ist ein
       Individualanspruch“, betonte Richter Kreft. Er stehe den einzelnen
       Journalisten zu, nicht dem Medium.
       
       Müller-Neuhof freute sich über das Urteil. „Ich hoffe, dass jetzt auch
       andere Bundesbehörden und Ministerien Auskunft über ihre
       Hintergrundgespräche geben.“ Nach seiner Erfahrung seien die Informationen
       „zu 99,5 Prozent“ nicht geheimhaltungsbedürftig. In [3][einem anderen
       Verfahren hat Müller-Neuhof Bundeskanzlerin Angela Merkel verklagt.] Er
       wollte wissen, welche Journalisten an vertraulichen Runden mit der
       Kanzlerin teilnehmen und was ihnen Merkel erzählt. In der ersten Instanz
       entschied 2016 das Verwaltungsgericht Berlin im Eilverfahren, dass
       Müller-Neuhof einen Anspruch auf solche Auskünfte habe.
       
       Das Oberverwaltungsgericht Berlin hob den Beschluss auf. Es sei nicht
       eilbedürftig. Das Hauptsacheverfahren am Verwaltungsgericht Berlin soll im
       Frühjahr 2020 stattfinden.
       
       18 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Klage-wegen-Hintergrundgespraechen/!5625805
   DIR [2] /Der-BND-ist-eroeffnet/!5568808
   DIR [3] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/merkel-soll-hintergrundgespraeche-mit-journalisten-offenlegen-14887636.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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