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       # taz.de -- Urteil über Alpaka mit Rindertuberkulose: Geronimo muss sterben
       
       > Das Alpaka Geronimo hat das englische Sommerloch gut gefüllt – schon seit
       > Jahren. Jetzt ist es der Vernunft zum Opfer gefallen.
       
   IMG Bild: Lässiges Kauen bis in den Tod: Geronimo
       
       Die Empörung ist groß: Das Alpaka Geronimo ist nach jahrelangem Streit am
       Dienstag vom britischen Agrarministerium unter Polizeischutz beschlagnahmt
       und kurz darauf eingeschläfert worden. Berichten zufolge wurde dabei eine
       Gegendemonstrantin festgenommen, die mit einer Wasserpistole einen
       Polizisten angespritzt hatte.
       
       Das Schicksal des angeblich an Rindertuberkulose erkrankten Zucht-Alpakas
       beschäftigt seit Wochen die britische Öffentlichkeit. Boulevardpresse und
       BBC berichteten ausführlich über den Fall, fast 150.000 Menschen
       unterzeichneten eine Petition gegen die Tötung. Selbst der Vater von
       Premierminister Boris Johnson, Stanley Johnson, [1][flehte Umweltminister
       George Eustice an], dem „mörderischen Treiben“ Einhalt zu gebieten. Ohne
       Erfolg, wie nun bekannt wurde.
       
       Geboren wurde das Alpaka-Männchen wohl 2013 auf der Nevalea Alpacas Farm,
       dem größten Alpaka-Hof Neuseelands. 2017 kaufte ihn die britische Züchterin
       Helen Macdonald. Kurz vor der Abreise in die neue Heimat wurden
       routinemäßig mehrere Tests auf Rindertuberkulose gemacht – alle negativ.
       Nach der Ankunft der Schock: Geronimo wurde drei Mal positiv auf den
       Erreger getestet. Ein Todesurteil, denn zur Eindämmung der Seuche müssen
       alle positiv getesteten Tiere eingeschläfert werden. Seit seiner Ankunft
       auf Helen Macdonalds Hof in Gloucestershire befand sich Geronimo in
       Quarantäne. Die Umweltbehörde forderte die Züchterin auf, das Tier zu
       töten.
       
       Macdonald aber weigerte sich und erklärte, sie halte die Tuberkulosetests
       der britischen Umweltbehörde für fehlerhaft. Geronimo sei kurz vor der
       Abreise aus Neuseeland das Medikament Tuberkulin verabreicht worden. Kein
       Wunder, dass der Antikörpertest danach positiv gewesen sei. Macdonald
       forderte weitere und in ihren Augen zuverlässigere Tests. Ein Wunsch, den
       ihr die Umweltbehörde nicht erfüllte.
       
       ## Alpaca lives don't matter
       
       Doch Macdonald tat alles, um Geronimo vor dem Tod zu bewahren. Bereits 2019
       hatte sie der BBC zufolge mehr als 10.000 Pfund für den Rechtsstreit um das
       Alpaka gesammelt. Sie richtete eine Webcam ein, über die man dem Kleinkamel
       zusehen konnte, und wies immer wieder darauf hin, dass Geronimo längst
       gestorben wäre, wenn er wirklich infiziert gewesen wäre.
       
       Anfang August entschied ein Gericht endgültig: Geronimo muss sterben, und
       zwar bis spätestens zum 4. September. Es folgten Demonstrationen im
       Londoner Regierungsviertel; in Gloucestershire formierte sich eine
       Bürgerwehr, die sich im Ernstfall mit Straßensperren dem „Tötungskommando“
       entgegenstellen wollte. [2][Am Ende verlief der Einsatz aber glimpflich].
       Ein Regierungssprecher sprach Helen Macdonald und „allen anderen, die von
       dieser schrecklichen Krankheit betroffen sind“, sein Mitgefühl aus. Doch
       Rindertuberkulose sei ein zu ernstes Problem für die britischen Landwirte,
       um Gnade walten zu lassen, ergänzte die Veterinärärztin Christine
       Middlemiss.
       
       31 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bristolpost.co.uk/news/bristol-news/stanley-johnson-intervenes-try-stop-5762282
   DIR [2] https://www.bbc.com/news/uk-england-bristol-58255378
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanno Fleckenstein
       
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