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       # taz.de -- VAR-Elfmeter für England im Halbfinale: Wirkmächtiger Videobeweis
       
       > Auch der Videobeweis kann nicht verhindern, dass über
       > Elfmeterentscheidungen gestritten wird. Sinnvoll wäre es, die Regeln
       > nachzuschärfen.
       
   IMG Bild: Höhere Mächte entscheiden auf Elfmeter, hier bei Deutschland gegen Dänemark
       
       Elfer oder nicht? Nach dem [1][Halbfinale zwischen England und den
       Niederlanden] wurde intensiv darüber diskutiert, ob der Strafstoß, den
       Harry Kane verwandelt hat, wirklich hätte gegeben werden müssen. Man mag ja
       von dieser Videoschiedsrichterei halten, was man will, eines hat sich durch
       die Technisierung des Fußballs nicht geändert: Mit Diskussionen über
       Schiedsrichterentscheidungen, die mit VAR-Unterstützung getroffen werden,
       lassen sich wochenlang ganze Stammtischabende bestreiten.
       
       Mit offener Sohle, wie es so schön heißt, war Denzel Dumfries in der Szene,
       die zum Elfmeter führen sollte, zum Ball gegangen. Den hatte Harry Kane
       indes schon Richtung Tor abgefeuert, als Dumfries' Schuhsohle Kanes Bein
       traf. Am Torschuss hat er ihn jedenfalls nicht gehindert. Demnach könnte
       man glatt sagen, [2][Schiedsrichter Felix Zwayer] lag ganz richtig mit
       seiner Einschätzung, nicht auf den Punkt zu zeigen. Die Videoschiedsrichter
       müssen das für eine grobe Fehleinschätzung gehalten haben und schickten
       Zwayer an den Monitor. Der ließ sich von den Bildern überzeugen und zeigte
       auf den Punkt.
       
       Derweil machten in sozialen Medien erste Bilder die Runde, die zeigen
       sollten, dass Englands Bukayo Saka den Ball mit beiden Armen berührt haben
       soll, bevor der zu Harry Kane gesprungen ist. Kann es wirklich sein, dass
       sowohl der Schiedsrichter auf dem Feld als auch die Videoreferees da etwas
       übersehen haben? In den Nachbetrachtungen unmittelbar nach dem Spiel war
       von dem vermeintlichen Handspiel nichts zu sehen. Erst über Nacht baute
       sich in den sozialen Medien die Wut auf. Die Niederlande seien beraubt
       worden, war da der Tenor.
       
       Auch das wäre durchaus eine hübsche Erkenntnis, dass auch in Zeiten des
       Videobeweises ein Handspiel im Strafraum einfach übersehen werden kann.
       [3][Der VAR menschelt]. Wer kennt nicht die Situationen, in denen man etwas
       Wichtiges übersieht, weil man sich gerade auf etwas anderes in der Nähe
       konzentriert? Eins ist jedenfalls gewiss: Wäre das Handspiel erkannt
       worden, und wäre daraufhin eine Entscheidung in die eine oder die andere
       Richtung gefällt worden, auch darüber wäre noch lange diskutiert worden. So
       wie es immer noch deutsche Fans geben soll, die sich [4][auch eine Woche
       nach dem Ausscheiden gegen Spanien noch darüber aufregen], wie ungerecht
       die gastgebende Fußballnation doch behandelt worden sei, weil es keinen
       Elfmeter gegeben hat, nachdem Marc Cucurella den Ball im Strafraum mit dem
       Arm berührt hat.
       
       ## Elfer oft spielentscheidend
       
       Es ist eine der selteneren Szenen in diesem Turnier gewesen, in denen die
       Schiedsrichter im Zweifel einmal nicht auf den Punkt gezeigt haben. Beim
       Spiel der Deutschen [5][im Achtelfinale gegen Dänemark] hatten die
       Deutschen noch einen Handelfmeter zugesprochen bekommen, über den an
       dänischen Stammtischen vielleicht noch lange gelästert wird. Im statischen
       Verteidigungsfußball, bei dem neun Spieler in zwei Reihen vor dem eigenen
       Tor postiert werden und der bei dieser EM ein traurig anzusehendes Comeback
       feiert, sind Tore nach einem Elfmeterpfiff nur allzu oft spielentscheidend.
       Kein Wunder also, dass die Diskussionen über diese wirkmächtigen
       Schiedsrichterentscheidungen nicht enden wollen.
       
       Am Ende werden sie vielleicht dazu führen, dass [6][die Handspielregel]
       wieder mal ein wenig nachgeschärft wird. Vielleicht gibt es ja beim
       nächsten Turnier auch wieder andere Handreichungen für die Schiedsrichter,
       die vor dieser EM angewiesen worden sind, bei gesundheitsgefährdenden
       Aktionen selbst dann zu pfeifen, wenn dabei auch der Ball gespielt wurde
       oder wenn die Situation eigentlich schon zu Ende gespielt war – so wie im
       Fall des Elfmeterpfiffs für England.
       
       Womöglich wäre es sinnvoll, die Regeln so nachzuschärfen, dass am Ende
       weniger Elfmeter gepfiffen würden. Den Schiedsrichtern würde man einen
       großen Gefallen damit tun, denn sie wären seltener dazu gezwungen, ein
       Spiel durch ihren Pfiff zu entscheiden.
       
       Und die Stammtischrunde? Die diskutiert sowieso.
       
       12 Jul 2024
       
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   DIR Andreas Rüttenauer
       
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