URI: 
       # taz.de -- VVN-BdA weiterhin nicht gemeinnützig: Das Finanzamt bleibt hart
       
       > Vor Monaten wurde der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes die
       > Gemeinnützigkeit entzogen. Nun bekräftigt das Finanzamt: Es bleibt wohl
       > dabei.
       
   IMG Bild: Eine Fahne des VVN-BdA an der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde
       
       BERLIN taz | Schon seit Monaten bangen die Vereinsmitglieder. Im November
       2019 entzog das Berliner Finanzamt für Körperschaften dem Bundesverband der
       Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten
       (VVN/BdA) die Gemeinnützigkeit. Seitdem ist ungewiss, ob der Verein von
       Holocaust-Überlebenden fortbestehen kann. Jetzt bekräftigt das Finanzamt:
       Man halte vorerst an der Entscheidung fest.
       
       Ausgangspunkt war die [1][Einstufung der VVN/BdA durch den bayrischen
       Verfassungsschutz] als „extremistische Organisation“: Der Verband
       kooperiere „mit offen linksextremistischen Kräften“, verfolge einen
       „kommunistisch orientierten Antifaschismus“ und sehe „nichtmarxistische
       Systeme“ wie die parlamentarische Demokratie als „potentiell faschistisch“.
       Das Berliner Finanzamt entzog dem Verein darauf die Gemeinnützigkeit: Dies
       sei nach Rechtslage „zwingend“. Die VVN/BdA legte Einspruch ein und nannte
       die Vorwürfe haltlos.
       
       Die Behörde aber bleibt hart. „Dem VVN-BdA ist es auch im
       Einspruchsverfahren bisher nicht gelungen, den vollen Beweis des Gegenteils
       zu den Feststellungen und der Einschätzung des Verfassungsschutzes des
       Freistaats Bayern zu erbringen“, heißt es in einem aktuellen Schreiben an
       den Verein, das der taz vorliegt. Der Beweis, dass die VVN-BdA nicht
       extremistisch sei, „wurde von Ihnen nicht geführt“.
       
       Thomas Willms, Geschäftsführer der VVN-BdA, spricht von einem
       „niederschmetternden“ Schreiben. „Das liest sich wie eine Vorentscheidung
       und stellt unsere Existenz abermals infrage. Wir sind sehr in Sorge.“
       
       ## Vorwürfe „frei erfunden?
       
       Der Verband hatte in seinem Einspruch daraufhin gewiesen, dass einzig und
       allein der bayrische Verfassungsschutz die VVN-BdA einstufe – und selbst
       dieser nur als „linksextremistisch beeinflusst“. Eine Ablehnung der
       parlamentarischen Demokratie sei „frei erfunden“.
       
       Auch die vorgeworfene Kooperation mit Autonomen bei Blockaden von
       Neonazi-Aufmärschen belege das nicht, weil die Aktionen breiten
       gesellschaftlichen Zuspruch fänden. Zudem sei unklar, was die bayrische
       Einstufung mit dem Bundesverband zu tun habe. Verwiesen wurde vielmehr auf
       die vielen Ehrungen von Holocaust-Überlebenden, die im Verein aktiv sind,
       durch Städte und Kommunen.
       
       Das Berliner Finanzamt jedoch lässt all das nicht gelten. Die VVN-BdA werde
       im bayrischen Verfassungsschutzbericht sehr wohl als linksextrem
       aufgeführt, und zwar in einer Auflistung im Anhang, findet die Behörde.
       Dass dies so klar im Bericht selbst nicht ausgeführt wird, ficht das Amt
       nicht an: „Auf die allgemeinen Ausführungen im Textteil kommt es nicht an.“
       Zudem habe der bayrische Verwaltungsgerichtshof die Einstufung bestätigt.
       
       Auch seien Distanzierungen von fraglichen Inhalten oder autonomen Gruppen
       nicht erkennbar, moniert das Finanzamt. Daran änderten auch die Ehrungen
       nichts; für die Gemeinnützigkeit seien diese „nicht maßgebend“. Und: Der
       bayrische Verfassungsschutz beziehe den Bundesverband sehr wohl mit ein –
       weil er in seinem Bericht die zwei Bundesvorsitzenden und als Sitz des
       Verbands die Bundesgeschäftsstelle in Berlin nenne.
       
       ## Protest von jüdischen Gemeinden, Gewerkschaften, Parteien
       
       Geschäftsführer Willms nennt die Ausführungen „abwegig und empörend“. „Das
       Finanzamt legt alles negativ gegen uns aus und folgt blind dem bayrischen
       Verfassungsschutz.“ Tatsächlich stufte der bayrische Geheimdienst erst vor
       wenigen Wochen die VVN-BdA erneut als linksextremistisch ein – diesmal
       allerdings ohne Verweis auf den Bundesverband. Entscheidend für den
       Rechtsstreit mit dem Berliner Finanzamt sind aber ältere Jahresberichte von
       2016 und 2017.
       
       Der Entzug der Gemeinnützigkeit für die VVN-BdA hatte breiten Protest
       ausgelöst. [2][Jüdische Gemeinden, Gewerkschaften und linke Parteien
       kritisierten den Schritt, auch SPD-Chef Norbert Walter-Borjans]. Thomas
       Willms, Geschäftsführer der VVN-BdA fragt sich daher, wie der rot-rot-grüne
       Senat in Berlin hinter dem aktuellen Schreiben der Finanzamtes steht.
       „Momentan sieht es so aus, als sei das politisch gewollt. Das ist bitter.“
       
       Der zuständigen Finanzsenator Kollatz (SPD) schweigt zu dem Rechtsstreit:
       Zu Einzelfällen dürfe man sich grundsätzlich nicht äußern. Auffällig aber
       ist, dass etwa NRW zuletzt die rechtlichen Spielräume nutzte, um dem Verein
       entgegen zu kommen: Auch dort wurde der VVN-BdA zunächst die
       Gemeinnützigkeit entzogen – [3][der Beschluss wurde aber im Herbst 2019
       wieder zurückgezogen].
       
       Immerhin: Das Berliner Finanzamt gewährt der VVN-BdA noch eine erneute
       Frist bis Ende Juli, um nochmals nachzuweisen, dass der Verein nicht
       extremistisch sei. Zudem soll es demnächst ein direktes Treffen beider
       Seiten geben. „Beidem werden wir nachkommen“, sagt Willms. Bleibe es
       dennoch beim Entzug der Gemeinnützigkeit, helfe nur noch eines: eine Klage
       dagegen.
       
       1 Jul 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /VVN-BdA-nicht-mehr-gemeinnuetzig/!5644360
   DIR [2] /Aberkennung-der-VVN-Gemeinnuetzigkeit/!5645383
   DIR [3] /VVN-BdA-nicht-mehr-gemeinnuetzig/!5644360
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
   DIR VVN-BdA
   DIR Antifaschismus
   DIR Schwerpunkt Antifa
   DIR Gemeinnützigkeit
   DIR Shoa
   DIR Verfassungsschutz
   DIR Finanzamt
   DIR VVN-BdA
   DIR VVN-BdA
   DIR VVN-BdA
   DIR Vereine
   DIR Nachruf
   DIR Attac
   DIR VVN-BdA
   DIR VVN-BdA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gemeinnützigkeit der VVN-BdA: Ein schlechter Witz
       
       Nach langem Hin und Her erhält die Vereinigung der Verfolgten des
       Naziregimes die Gemeinnützigkeit zurück. Das Verfahren hätte es nicht geben
       dürfen.
       
   DIR Verband von Holocaustüberlebenden: VVN-BdA wieder gemeinnützig
       
       Dem Verband der Holocaustüberlebenden wurde 2019 die Gemeinnützigkeit
       entzogen. Nun lenkt das Finanzamt ein. Ganz ausgestanden ist der Streit
       nicht.
       
   DIR Kundgebung am Mittwoch: Antifaschisten gegen R2G
       
       Der VVN-BdA protestiert erneut gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit.
       Die Finanzverwaltung kündigt eine für alle Seiten klarere Lösung an.
       
   DIR Keine Einigung über Gemeinnützigkeit: NGOs müssen weiter bangen
       
       Unionsregierte Länder blockieren einen Kompromiss zur Gemeinnützigkeit. Der
       hätte zumindest einigen politischen Vereinen Sicherheit gegeben.
       
   DIR Heiner Fink ist tot: Kämpferisch und unbeugsam
       
       Der frühere Rektor der Humboldt-Universität und Theologe ist am Mittwoch
       gestorben. In der Wendezeit galt er als Verteidiger der Rechte
       Ostdeutscher.
       
   DIR Nach Attac-Urteil zu Gemeinnützigkeit: Politische Vereine erstmal sicher
       
       Einigung von Bund und Ländern: Bis Ende 2021 soll keinen weiteren
       Organisationen aufgrund des Attac-Urteils die Gemeinnützigkeit entzogen
       werden.
       
   DIR Gemeinnützigkeit der VVN-BdA: „Ein kleiner Etappensieg“
       
       Im Streit um die Gemeinnützigkeit der VVN-BdA setzt das Finanzamt eine
       Steuernachforderung aus. Der Verband hofft nun auf eine Kehrtwende.
       
   DIR VVN-BdA nicht mehr gemeinnützig: Der Ärger begann in Bayern
       
       Der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes wurde die Gemeinnützigkeit
       entzogen. Wie konnte es so weit kommen? Die Ursache liegt in Bayern.