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       # taz.de -- Verein will Whistleblower stärken: Polizist*in, bitte melde dich!
       
       > Ein Grundrechteverein will Whistleblower*innen in der Polizei
       > bestärken, dort Missstände offenzulegen. Auch die Ampel plant hier
       > Schritte.
       
   IMG Bild: Könnte einer von ihnen Whistleblower sein? Berliner Polizisten im Einsatz
       
       Berlin taz | Rechtsextreme Chatgruppen in der Polizei, überzogene Einsätze,
       Verletzungen von Dienstpflichten. Immer wieder fabriziert die Polizei
       solche [1][Negativschlagzeilen] – auf welche die Behörde oftmals mit einer
       Abwehrhaltung und [2][internem Korpsgeist] reagiert. Die Gesellschaft für
       Freiheitsrechte (GFF) will das mit einem Projekt nun durchbrechen – und
       Whistleblower*innen innerhalb der Polizei motivieren.
       
       Immer wieder würden Missstände in der Polizei nur deshalb bekannt, „weil
       mutige Menschen aus den eigenen Reihen die Stimme erheben“, erklärte
       Projektkoordinatorin Franziska Görlitz. Die Gesellschaft sei auf diese
       Meldungen angewiesen. Deshalb brauche es einen „starken Schutz“ für die
       Whistleblower*innen.
       
       Die GFF schaltete deshalb am Mittwoch ein [3][Onlineportal] frei. Der
       Titel: „Mach Meldung! Starke Stimmen für die Polizei“. Durch
       Informationsangebote soll Whistleblower*innen in der Polizei gestärkt
       und ihr Tun „erleichtert und normalisiert“ werden, so der Verein. Ab
       September sollen auch interne und externe Meldestellen aufgelistet werden,
       an die Polizist*innen Missstände melden können. Bei Bedarf sollen
       Beamte auch individuell begleitet und „strategische Klagen“ geführt werden.
       Polizeibehörden will die GFF zudem Schulungsangebote unterbreiten.
       
       In einer Begleitstudie sollen schließlich die Bedingungen für
       Polizist:innen erforscht werden, um Verfehlungen innerhalb der Polizei
       zu melden. Dabei sollen auch potentielle Hindernisse identifiziert und
       Polizist*innen befragt werden.
       
       ## Whistleblowergesetz gerade in Kraft getreten
       
       Die GFF stützt sich dabei auch auf das Whistleblowergesetz, das [4][am 2.
       Juli in Kraft getreten ist]. Damit sollen Hinweisgeber*innen mehr
       rechtlichen Schutz erhalten und ihre Identität besser geschützt werden.
       Auch sind größere Unternehmen nun verpflichtet, Meldewege einzurichten. Die
       GFF verweist aber darauf, dass das Hinweisgeberschutzgesetz etwa für
       Geheimdienste nicht gelte und Whistleblower bei der Polizei bisher „ein
       hohes Risiko eingehen“, weil der starke Zusammenhalt unter den
       Beamt*innen das Melden von Verstößen erschwere und oft negative
       Konsequenzen habe.
       
       Gerade für die Polizei aber sei es wichtig, weil diese mit ihren Maßnahmen
       tief in Grundrechte von Betroffenen eingreife und ein Benennen und
       Beseitigen von Missständen für das Vertrauen in die Behörde „von besonderer
       Bedeutung“ sei, so der Verein. Das Whistleblowing sei „nicht etwa
       Nestbeschmutzung, sondern ein wichtiger Beitrag zum demokratischen
       Gemeinwesen“.
       
       Auch die Ampel-Regierung hat sich vorgenommen, gegen strukturelle
       Missstände in der Polizei vorzugehen – und will unter anderem dafür
       [5][einen Polizeibeauftragten einführen]. Nach der Sommerpause soll ein
       entsprechender Gesetzentwurf im Bundestag verabschiedet werden. Den Posten
       soll der SPD-Innenpolitiker und Polizist Uli Grötsch bekommen.
       
       Auch eine Studie, die 2020 noch vom damaligen Bundesinnenminister Horst
       Seehofer (CSU) in Auftrag gegeben wurde und für die die Deutsche Hochschule
       der Polizei gut 50.000 Polizist:innen befragte, konstatierte zuletzt
       Missstände. Laut [6][Zwischenergebnissen vom April] erklärten 6 Prozent der
       befragten Beamt*innen, sie würden „öfter“ Diskriminierung oder Mobbing
       in den eigenen Reihen bemerken. Zehn Prozent erlebten auch sexistische
       Äußerungen und sechs Prozent rassistische Äußerungen. Einige Befragte gaben
       an, dies Vorgesetzten gemeldet zu haben. Anzeigen dazu seien indes „fast
       nie“ gestellt worden, bemerkte die Studie.
       
       12 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Studie-zu-Polizeigewalt/!5935084
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   DIR [4] /Gesetz-zum-Schutz-von-Hinweisgebern/!5939913
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       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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