# taz.de -- Vereinte Nationen warnen vor Notlage: Weltweit nehmen Armut und Hunger zu
> „Größte humanitäre Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg“: Die UN
> schlagen Alarm. 235 Millionen Menschen brauchen nächstes Jahr Nothilfe
IMG Bild: Vor der Essensverteilung: Lebensmittelspenden in Kabul, Afghanistan
Berlin/Genf taz/epd/dpa/afp | So viele Menschen wie nie zuvor sind in Not:
235 Millionen Menschen weltweit werden im kommenden Jahr humanitäre Hilfe
und Schutz brauchen. Das teilte das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer
Hilfe (OCHA) in Genf am Dienstag [1][bei der Präsentation des
Jahresausblicks für 2021] mit. Die Zahl entspricht einem Anstieg um 40
Prozent im Vergleich zum laufenden Jahr. Vor einem Jahr gingen die UN von
168 Millionen Bedürftigen aus, im Jahr zuvor von 146 Millionen.
Es handele sich um die „trostlosesten und düstersten Aussichten zur
humanitären Hilfe“, welche die UNO je für ein Folgejahr formuliert habe,
sagte UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock. Grund ist laut Lowcock die
Coronapandemie. Diese treffe überproportional stark jene, „die bereits auf
Messers Schneide leben“, heißt es in dem Jahresbericht. „Konflikt,
Klimawandel und Covid-19 sorgen für die größte humanitäre Herausforderung
seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres.
Extreme Armut ist dem Bericht zufolge zum ersten Mal seit 22 Jahren
gestiegen. Viele Menschen wurden arbeitslos – am härtesten seien Frauen und
junge Menschen im Alter von 15 bis 29 Jahren betroffen, die im informellen
Sektor arbeiten.
Zum ersten Mal seit den 1990er Jahren rechnet die UNO mit einem globalen
Anstieg der Armut und einer sinkenden Lebenserwartung. Hinzu kommt die
Befürchtung, dass sich die jährliche Zahl an Todesfällen durch HIV,
Tuberkulose und Malaria verdoppeln könnte. „Am alarmierendsten“ sei aber
die drohende Rückkehr von Hungersnöten in mehreren Regionen, erklärte
Lowcock.
## Mehrere Länder bereits am Rande der Hungersnot
Nach UN-Schätzungen könnte die Zahl der von akuter Ernährungsunsicherheit
Betroffenen weltweit bis Ende dieses Jahres auf 270 Millionen Menschen
ansteigen – 82 Prozent mehr als vor Beginn der Coronapandemie. Jemen,
Südsudan, Burkina Faso sowie der Nordosten Nigerias stünden bereits am
Rande einer Hungersnot, erklärte Lowcock. „Potenziell sehr gefährdet“ seien
Afghanistan und die Sahel-Zone.
Covid-19 habe ein Licht auf geschlechtsspezifische Gewalt geworfen, geben
die UN weiter an. So seien Frauen in humanitären Notlagen mit vielfach
größerer Wahrscheinlichkeit von Gewalterfahrungen betroffen. „Weltweit
verschärfen Quarantänemaßnahmen häusliche Gewalt mit 15 Millionen
vorhergesagten neuen Fällen für jede weiteren drei Monate Lockdown“, heißt
es zudem.
Die UN wollen nächstes Jahr 160 Millionen Menschen in 56 Ländern helfen und
ihnen Lebensmittel, Wasser, Medizin, Kleidung und Unterkünfte
bereitstellen. Zudem sollen Kinder unterrichtet werden und Impfungen
erhalten. Die 2021 geplanten UN-Programme kosten zusammen 35 Milliarden
Dollar (gut 29 Milliarden Euro). Dieses Jahr lag der UN-Bedarf nach
mehreren Ergänzungen auch wegen Corona bei fast 39 Milliarden Dollar. Davon
kam erst rund die Hälfte zusammen. [2][Hilfsorganisationen wie Oxfam und
World Vision forderten anlässlich des Berichts ungehinderten Zugang für
humanitäre Hilfe].
1 Dec 2020
## LINKS
DIR [1] https://reliefweb.int/report/world/global-humanitarian-overview-2021-abridged-version-enarfres
DIR [2] https://www.oxfam.org/en/press-releases/reaction-unochas-new-report-7-agencies-call-safe-and-unhindered-access-fight-impact#:~:text=In%20response%20to%20the%20UN,humanitarian%20appeals%20are%20fully%20funded.
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