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       # taz.de -- Verfassungsänderung in der Slowakei: Referendum gescheitert
       
       > Wegen geringer Beteiligung ist in der Slowakei eine Abstimmung über
       > vorgezogene Neuwahlen gescheitert – ein Fiasko für die Opposition.
       
   IMG Bild: Eine der wenigen, die am Referendum teilnahmen: Wahllokal in Martovce, Slowakei
       
       Prag taz | In der Slowakei bleibt vorerst alles beim Alten: Ein
       Verfassungsreferendum über vorgezogene Neuwahlen scheiterte am Samstag an
       einer zu geringen Wahlbeteiligung. Die war weit unter dem erforderlichen
       Quorum von 50 Prozent geblieben. Nur 27,25 Prozent der Slowakinnen und
       Slowaken hatten an der Volksabstimmung teilgenommen, gab die staatliche
       Wahlkommission am Sonntag bekannt. Die Minderheitsregierung von
       Ministerpräsident Eduard Heger, der der [1][slowakische Nationalrat im
       Dezember das Vertrauen entzogen] hat, dürfte so bis zu den regulären Wahlen
       im Februar 2023 kommissarisch im Amt bleiben.
       
       Vor allem für die Opposition um den [2][ehemaligen Ministerpräsidenten
       Robert Fico] und seine sozialdemokratische und linkspopulistische
       SMER-Partei ist das ein Fiasko. Fico war 2018 nach insgesamt 16 Jahren an
       der Regierungsspitze nach Massenprotesten zurückgetreten. Der [3][Mord an
       dem Journalisten Ján Kuciak] und seiner Verlobten Martina Kušnírová hatte
       damals die mafiösen Verstrickungen offengelegt, die sich unter Fico wie ein
       Netz über die Tatrarepublik gelegt hatten.
       
       Nach knapp fünf Jahren auf der Oppositionsbank hegt Fico inzwischen wieder
       Hoffnung. Denn die populistisch-konservative Koalitionsregierung, die in
       verschiedener Besetzung seit März 2019 in der Slowakei am Ruder ist, hat
       die Erwartungen ihrer Wählerinnen und Wähler dank ihres chaotischen Stils
       enttäuscht. Umfragen nach würden Neuwahlen für die Parteien der derzeitigen
       Dreierkoalition in einem Debakel enden – und womöglich Fico zum dritten Mal
       an die Macht bringen.
       
       Jetzt wird sich der 58-Jährige allerdings noch ein Jahr gedulden müssen,
       bis die regulären Wahlen anstehen. Dabei hatte seine Partei frischen
       Antrieb bekommen, als es ihr Dank einer Petition gelungen war, ein
       Referendum für eine Verfassungsänderung durchzusetzen, die vorgezogene
       Wahlen ermöglichen sollte. Dieses Prozedere soll den slowakischen Haushalt
       insgesamt 11 Millionen Euro gekostet haben. Ob und wie sich das in den
       Wahlpräferenzen niederschlagen wird, bleibt abzuwarten.
       
       ## Schon siebtes gescheitertes Referendum
       
       Hinter dem Verfassungsreferendum stehe nichts weiter als Ficos Sehnsucht
       nach der Macht, warnte der noch amtierende Ministerpräsident Heger vor der
       Abstimmung. Auch Präsidentin Zuzana Čaputová hielt sich im Vorfeld zurück.
       „Ich betrachte das Referendum als Teil einer Kampagne einer politischen
       Partei, deshalb werde ich die Bürger nicht dazu aufrufen, sich zu
       beteiligen“, erklärte Čaputová, die im Juni 2019 in einer Direktwahl zur
       Präsidentin des Landes gekürt wurde.
       
       Das Scheitern des Verfassungsreferendums war allerdings abzusehen. Schon
       acht Mal zuvor waren die Slowakinnen und Slowaken seit Gründung der
       unabhängigen Slowakei 1993 zu Volksabstimmungen gerufen worden, um über
       entscheidende Fragen abzustimmen. Doch nur eines, über den EU-Beitritt des
       Landes 2004, erreichte die erforderliche Wahlbeteiligung von 50 Prozent.
       Der Rest scheiterte ebenso an der Unlust der Wähler.
       
       22 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Alexandra Mostyn
       
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